Der "Spiegel" veröffentlichte am Wochenende eine Titelgeschichte über die AfD. In einem der Beiträge stellt der Reporter des Hamburger Nachrichtenmagazins ein Ehepaar aus Görlitz vor, beide Rentner, die regelmäßig an den Montagsdemonstrationen in Görlitz teilnehmen. Früher einmal Wähler der Linken, würden sie im Moment das Kreuz bei der AfD setzen. Sie haben Angst vor Zuständen in Görlitz wie in Westdeutschland. "Sie glauben, dort gebe es zahllose kriminelle Zugewanderte, die Sozialleistungen empfingen und nicht arbeiteten", schreibt das Magazin. Außerdem treibt sie die Angst um, dass Putins Krieg nach Deutschland komme und dass die Inflation noch stärker werde. "Es geht um das bisschen Wohlstand, das wir uns nach der Wende erarbeitet haben", zitiert der Reporter die frühere Krankenschwester und den ehemaligen Maurer.
Seit die Montagsdemonstrationen nicht abreißen und die AfD bei bundesweiten Umfragen um die 20 Prozent landet, fragen sich Politiker, Journalisten und viele Menschen, wer eigentlich jene sind, die die in Teilen rechtsextreme Partei wählen oder wenigstens die Absicht haben. Es ist nicht so ganz einfach, das herauszubekommen. Misstrauen gegenüber Journalisten von etablierten Medien spielt eine Rolle und führt dazu, dass viele sich nicht öffentlich äußern.
Ein Team um den Görlitzer Politikwissenschaftler Julian Nejkow, zusammen mit der Volkshochschule und der Hochschule Zittau-Görlitz, hat jetzt einen anderen Ansatz gewählt und Menschen in Görlitz gefragt: über ihre Lage, ihre Ansichten und ihre Einstellungen. Und zwar dort, wo Menschen am ehesten frei von der Leber weg reden: in Kneipen.