Kurz nach 7 Uhr am Donnerstagmorgen schaltet der Einsatzwagen des Zuführungsteams das rote LED-Display in der Heckscheibe ein. „Polizei – Bitte folgen!“, ist für den Fahrer des blauen Kastenwagens nun zu lesen, der gerade auf der A 4 die Grenze nach Polen überqueren will. Stattdessen geht es rechts ab auf den großen Lkw-Parkplatz an der Neiße, wo ein Großaufgebot von etwa 50 Polizei- und Zollbeamten wartet. Der blaue Wagen wird auf einen leeren Platz gewunken. Der ihm vorausfahrende Streifenwagen hält nicht erst an, die Beamten winken ihren Kollegen kurz zu, beschleunigen und fahren zurück zur Autobahnauffahrt Görlitz, um das nächste verdächtige Auto herauszunehmen.
51 Autos innerhalb von 3 Stunden
Als die Beamten auf dem Parkplatz sich dem Auto nähern und durch das Seitenfenster ins Wageninnere blicken, bietet sich ihnen ein Anblick, der das Herz eines jeden Fahnders höherschlagen lässt: Mehrere rechteckige Päckchen mit weißem Pulver liegen aufgestapelt im Fußraum des Beifahrersitzes.
Seit 3 Uhr früh am Donnerstag findet auf dem Autobahnparkplatz eine großangelegte Kontrolle statt. Sie ist Teil des ersten sachsenweiten Fahndungstages. Neben den Beamten an der Autobahn bei Görlitz sind in allen Teilen des Landes stationäre Kontrollpunkte aufgebaut, daneben sind Fahrzeuge in zivil auf den Straßen unterwegs. Die Schwerpunkte der Kontrollen sind laut Landespolizeipräsident Jörg Kubiessa gesuchte Personen, gestohlene Fahrzeuge und Drogen im Straßenverkehr.
Im Kreis Görlitz verlief die Nacht für die Beamten bis zum frühen Morgen noch wenig spektakulär. Lediglich einer Zivilstreife war in der Nacht ein Treffer geglückt: Ein in der Nähe von Weißwasser kontrolliertes Fahrzeug hatte frisch gestohlene Teile eines Motorrads im Kofferraum. Doch die Beamten interessieren sich auch für Ordnungswidrigkeiten – und davon gibt es schon einige mehr. „Vor allem Fahrzeuge mit zu schwerer Beladung haben wir bisher mehrere festgestellt“, sagt Polizeisprecher Marcel Malchow. Auf dem Parkplatz steht bereits seit einer Stunde ein großer, weißer Mercedes-Sprinter mit polnischem Kennzeichen, auf dem Asphalt daneben diverse Kanister, Koffer, Leitern und ein Ventilator. Drei verdrießlich dreinschauende Männer stehen daneben in der kalten Morgenluft. Für sie ist die Fahrt bis auf Weiteres zu Ende: Die Beamten hatten beim Wiegen des Autos eine deutliche Überladung festgestellt. Die Männer warten nun auf einen Kollegen, um einen Teil der Fracht umzuladen.
Übergewicht durch zu viel Zucker?
Der Fahrer des blauen Kastenwagens musste inzwischen aussteigen. Der Inhalt der weißen Päckchen im Fußraum stellt sich als Zucker raus – ebenso wie der von sechs prallgefüllten, blauen Müllsäcken im hinteren Teil des Autos. Kein großer Schlag gegen ein Drogenkartell also, aber vielleicht eine weitere Ordnungswidrigkeit wegen Übergewichts? Das Auto rollt auf die mobile Waage, die Beamten lesen die Werte ab und tragen sie in den Computer der mobilen Einsatzzentrale ein, die ihrerseits in einem großen Kastenwagen liegt.
Nach zwei Minuten gibt es Entwarnung: Das Auto ist zwar 100 kg schwerer, als es laut Fahrzeugpapier sein darf, allerdings liegt das noch unter einem Grenzwert von 10 Prozent. In diesem Fall gibt es zwar eine Verwarnung, der Fahrer darf jedoch weiter.