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Schulbesuch in Zgorzelec: Görlitzer OB verhandelt über Vertrag von Sachsen mit Polen

Kinder aus Familien in Görlitz können nicht so ohne weiteres eine Schule in Zgorzelec besuchen. Um das zu erleichtern, gibt es am 15. Mai ein entscheidendes Treffen.

Von Sebastian Beutler
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Würden sich freuen, wenn es leichter wird für Görlitzer Kinder, in Zgorzelec zur Schule zu gehen (v. l.): Katarzyna Hübner, Geschäftsführerin der DPFA-Gruppe in Zgorzelec, Toni Rittmannsperger mit ihrer Mutter Sabine Euler.
Würden sich freuen, wenn es leichter wird für Görlitzer Kinder, in Zgorzelec zur Schule zu gehen (v. l.): Katarzyna Hübner, Geschäftsführerin der DPFA-Gruppe in Zgorzelec, Toni Rittmannsperger mit ihrer Mutter Sabine Euler. © Paul Glaser/glaserfotografie.de

Mit einer zwischenstaatlichen Vereinbarung will die Stadt Görlitz erreichen, dass Kinder mit Wohnsitz in Görlitz auch auf polnischen Schulen in Zgorzelec ihrer Schulpflicht nachkommen können. Bislang ist das nur auf Antrag möglich, was einen großen bürokratischen Aufwand nach sich zieht.

Ursu ist seit fast zwei Jahren an dem Thema dran

Wie Oberbürgermeister Octavian Ursu (CDU) vor dem Görlitzer Stadtrat erklärte, sei er bereits seit fast zwei Jahren an dem Thema dran. Auslöser war im Juli 2022 die Absicht der Görlitzer Familie Rittmannsperger/Euler ihre Tochter Toni auf die DPFA-Schule in Zgorzelec zu schicken. Die Tochter hatte bereits eine polnische Kindertagesstätte besucht. Im Herbst 2022 erhielt die Familie die Ausnahmegenehmigung für ihr Kind.

Ursu suchte aber weiter das Gespräch mit der sächsischen Kultusverwaltung. Im Dezember 2022 verfassten er und sein Zgorzelecer Amtskollege Rafal Gronicz ein Schreiben an Sachsens Kultusminister Christian Piwarz (CDU). Nach dessen Antwort gab es im Laufe des vergangenen Jahres weitere Gespräche auf Arbeitsebene. Am 15. Mai treffen sich nun Vertreter der sächsischen Staatskanzlei, des Kultusministeriums, des Landesamtes für Schule und Bildung und des Landratsamtes mit den Rathauschefs von Görlitz und Zgorzelec, um das Thema weiter zu beraten.

Was ist der Vorteil einer zwischenstaatlichen Vereinbarung?

Der Vorteil einer zwischenstaatlichen Vereinbarung wäre, dass dann alle Bedingungen ein für alle Mal geklärt und der Schulbesuch einfach möglich wäre. Die Alternative wäre eben der individuelle Antrag wie jetzt schon. Das Landesamt für Schule und Bildung erklärte gegenüber der SZ, es prüfe solche Anträge wohlwollend, Eltern aber haben mitunter einen anderen Eindruck. Die meisten Interessenten sind Kinder aus polnischen Familien, die in Görlitz wohnen und leben, oder aus deutsch-polnischen Ehen. Ursu hofft, dass für eine zwischenstaatliche Vereinbarung nicht auch noch die deutsch-polnische Regierungskommission herangezogen werden muss. Das würde alles noch weiter verkomplizieren.

Zugleich warb Ursu auch für Verständnis für das Verhalten der sächsischen Schulbehörden. Ein Schulbesuch in Polen sei mit verschiedenen offenen Fragen verbunden. Das reicht von der Vereinbarkeit der Schulbesuche - in Polen gehen die Kinder zunächst acht Jahre alle auf dieselbe Schule, ehe sich der Werdegang ausdifferenziert -, über die Einhaltung der Schulpflicht, Versicherungsfragen, den Schülerverkehr bis hin zu Lernmittelfreiheit.

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Motor/Grüne mussten ihren Antrag abändern

Das Thema in den Stadtrat hatte die Fraktion Motor Görlitz/Grüne getragen. Deren Fraktionsvorsitzender Mike Altmann hatte eine Vorlage eingereicht, mit der Oberbürgermeister Ursu beauftragt werden sollte, "Gespräche mit den zuständigen Stellen in Sachsen aufzunehmen, um rechtssichere Regelungen für Kinder und Eltern zu finden, die ihrer Schulpflicht in Zgorzelec nachkommen wollen" - also das, was Ursu seit fast zwei Jahren macht, worüber er bislang aber nicht berichtet hatte. Die Ausführungen von Ursu machten diesen Antrag hinfällig. So beschloss der Stadtrat am Ende lediglich, Ursu und Gronicz in ihren Bemühungen zu unterstützen. "Ich lasse mich gern unterstützen", erklärte daraufhin der Görlitzer Rathauschef.

Unumstritten war der Beschlussantrag Altmanns im Stadtrat aber nicht. AfD-Stadträte sorgten sich um die Schulpflicht von Kindern in Polen, sahen auch die Gefahr, dass polnische Familien sich in Görlitz ansiedeln, um hier das hohe deutsche Kindergeld zu kassieren, ihre Kinder aber in Zgorzelec auf die Schule gehen lassen. CDU-Stadtrat und Lehrer Clemens Kuche unterstützt das gemeinsame Lernen, empfahl aber auch bilinguale Schulen über alle Schulformen voranzutreiben, bislang gibt es das nur am Augustum-Anne-Gymnasium. Schließlich fanden viele CDU-Stadträte den Antrag von Altmann nach dem Ursu-Vortrag als überholt. So fand er nur 15 Ja-Stimmen, bei acht Ablehnungen und zehn Enthaltungen.