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Kreis Görlitz: Warum eine gefällte Eiche eine Feier überschattet

Der neue Sportplatz in Reichenbach wird ab Mai gebaut. Das wurde jetzt gefeiert. Aber die Freude war getrübt.

Von Constanze Junghanß
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Erinnerung an die symbolische Grundsteinlegung für den neuen Sportplatz in Reichenbach: Ein Fußball mit Autogrammen des Ministerpräsidenten und Teilnehmern der Auftaktveranstaltung für die Schule.
Erinnerung an die symbolische Grundsteinlegung für den neuen Sportplatz in Reichenbach: Ein Fußball mit Autogrammen des Ministerpräsidenten und Teilnehmern der Auftaktveranstaltung für die Schule. © Fotos: Constanze Junghanß

Reichenbach bekommt einen neuen, millionenschweren Sportplatz. „Es gibt ganz wenige Schulen, die so ein tolles Sportareal erschließen können“, sagte der sächsische CDU-Ministerpräsident Michael Kretschmer zur symbolischen Grundsteinlegung am Freitag. Ein wichtiges Projekt, von dem nicht nur Grund- und Oberschule, sondern auch die Vereine profitierten, hieß es. Von 3,3 Millionen Euro Baukosten war die Rede, wenige Wochen zuvor von 3,4 Millionen Euro, von denen Bund und Land 90 Prozent tragen.

Beide Schulen und Sportbegeisterte sollen bereits im nächsten Jahr den modernen Campus mit barrierefreien Umkleide- und Sanitäranlagen, die mit Solarpaneelen ausgestattete Tribüne und das neue Sportfeld nutzen. Gleichzeitig entsteht vor der Tribüne für die Hortkinder eine Freifläche unter anderem mit Nestschaukel, Tischtennisplatten und Bücherwurm. Der Solarstrom soll für Grundschule und Sportplatz sein, das Vereinshaus wird mit einer Wärmepumpe beheizt. Bürgermeisterin Carina Dittrich sprach am Freitag davon, dass es für die Turnhalle an der Oberschule eine Zusage für eine Dach-Fotovoltaikanlage gibt, deren überschüssiger Strom der Oberschule zugute komme. Mit den erneuerbaren Energien könnten laufende Kosten gesenkt werden.

Solarpaneele auf der Tribüne

Vor allem die insgesamt derzeit 501 Schüler beider Schulen werden den Sportplatz nutzen, ebenso ist die Anlage für Freizeitsportler gedacht. Eine gute Infrastruktur von Sportstätten fördere gleichfalls die Sportvereine, machte Marko Weber-Schönherr, Geschäftsführer des Oberlausitzer Kreissportbundes in seiner Rede deutlich. Was auf der einen Seite für Freude sorgt, weil damit Verbesserungen für den Schulsport verbunden sind, ist auf der anderen Seite aber umstritten, wie ein stiller Protest am Rande und in etwa 100 Meter Entfernung vom Geschehen zeigte.

Kinder der Grundschule führten einen Tanz auf, bei dem es um einen Baum ging.
Kinder der Grundschule führten einen Tanz auf, bei dem es um einen Baum ging. © Fotos: Constanze Junghanß

Drei Frauen hatten Plakate am Standort der für den Sportplatzbau gefällten Eiche mitgebracht, Gesicht zeigen wollten sie nicht. „Wir brauchen Bäume zum Leben, keinen Fußballplatz“, war auf einem der Schilder zu lesen. Und weiter: „Nein zu Flutlicht, Flächenversiegelung, Lärm nach Schulschluss, Neuverschuldung, hohen Folgekosten, fehlenden Parkflächen, Wertminderung der Grundstücke und Teilung der Gesellschaft.“ Das sind vor allem Kritikpunkte, die Anwohner 2022 in einer Petition geäußert hatten. 209 Unterzeichner gab es. Reichenbach hatte zu diesem Zeitpunkt 4.844 Einwohner.

Protest am Rande der symbolischen Grundsteinlegung am Freitag in Reichenbach.
Protest am Rande der symbolischen Grundsteinlegung am Freitag in Reichenbach. © Fotos: Constanze Junghanß

Um die gefällte Eiche jedenfalls kam die Auftaktveranstaltung nicht drumherum. Schüler hatten sich zuvor für deren Erhalt der etwa 100-jährigen Eiche eingesetzt, ein Plakat an das Rathaus übergeben lassen, am Baum waren Zettel gegen die Fällung angebracht. Zur symbolischen Grundsteinlegung tanzten Grundschüler zu einem Lied, bei dem ein Baum eine Rolle spielt. Unter der an die Wand projizierten Vorstellung des Sportplatzes klebte ein Plakat auf dem stand „Stop“ und dass die alte Eiche am Leben gelassen werden sollte.

Mahnung ist verstanden

Die Botschaft sei verstanden worden, auch als „Mahnung an uns Erwachsene“, sagte Bürgermeisterin Carina Dittrich. Die Eiche fiel wegen einer notwendigen Stützmauer, sie wird auf der Kulturinsel in Zentendorf verarbeitet. Für alle Schulklassen der Grundschule überreichte Kulturinselmitarbeiter Peter Idziaschek Freikarten. Auch andere Bäume sind weg. Für sie wird es Ersatzpflanzungen geben, wie Carina Dittrich sagte. Einen Baum im Topf bekamen die Kinder der Schule. Noch ein Symbol neben der Grundsteinlegung ohne Grundstein und ohne Spatenstich. Das Bäumchen soll von den Kindern gepflegt und im kommenden Jahr zur Eröffnung ausgepflanzt werden. Baustart ist im Mai 2024.

Dass ein neuer Sportplatz entsteht, hat mehrere Gründe. Einerseits entsprach das Areal hinter der Grundschule nicht mehr den Anforderungen an den Schulsport. Dazu kommt, dass der Vereins-Sportplatz an der Paulsdorfer Straße mit einem längeren Weg durch die Kleingartenanlagen über die Bahnschienen verbunden ist, sodass vor allem für die jüngeren Schüler kaum Zeit für den eigentlichen Sportunterricht bleibt. Diesen Sportplatz nutzen vor allem die Fußballer des Sportvereins, wollen den behalten und erhoffen sich dort Verbesserungen. Dazu soll eine gemeinsame Lösung gefunden werden, „die Hand ist ausgestreckt“, sagte Michael Kretschmer.