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Kreis Görlitz: Warum über die Gemeinde-Ehe nicht öffentlich abgestimmt wird

Der Vierkirchener Rat machte am Montag den Weg frei für einen Zusammenschluss mit Waldhufen. Noch ist aber alles offen.

Von Constanze Junghanß
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Vierkirchens Bürgermeisterin Andrea Weise (rechts) und Gemeinderätin Marika Vetter beim Auszählen der Stimmzettel.
Vierkirchens Bürgermeisterin Andrea Weise (rechts) und Gemeinderätin Marika Vetter beim Auszählen der Stimmzettel. © Foto: Constanze Junghanß

In der hölzernen Wahlurne landeten am Montag elf Stimmzettel. Ursprünglich wollte der Gemeinderat Vierkirchen über eine Vorbereitung zum Zusammenschluss mit der Nachbarkommune Waldhufen abstimmen. In der Sitzung entwickelte sich einiges anders, als geplant. Ratsmitglieder wie Carsten Scholz und Sven Koch wollten zuerst wissen, wie sich die Ratsmitglieder überhaupt zur geplanten Gemeinde-Ehe positionieren. Denn das sei unklar. Beide machten deutlich, dass sie in einer Fusion zum aktuellen Zeitpunkt wenig Sinn sehen.

Über einen Entwurf zur Fusion hatten die Ratsmitglieder Ende Februar beraten. Allerdings und im Gegensatz zu Waldhufen nicht öffentlich. Und so drehte sich letztendlich alles darum, den Beschlussvorschlag samt der Stimmenabgabe dahingehend zu ändern, dass eine Entscheidung zur Gemeindefusion fallen und die Eigenständigkeit Vierkirchens aufgegeben wird. Offen darüber abstimmen wollten die Vierkirchener Kommunalpolitiker nicht.

Möglicherweise deshalb, weil ein Zusammenschluss als ländliche Großgemeinde nicht unumstritten ist und sich beide Gemeinden ein zeitlich enges Korsett setzen. Das wurde auch beim Abstimmungsergebnis deutlich. Von den elf Ratsmitgliedern stimmten sieben für die Fusion, vier Räte stimmten mit einem Nein dagegen. Bereits zur Kommunalwahl im Sommer sollen die Bürger entscheiden, was sie von dem Fusionsgedanken halten.

Das Abstimmungsergebnis in Vierkirchen ist jedenfalls nicht das Ende der Fahnenstange. Auch die Waldhufener Gemeinderäte müssen in den eigenen Reihen eine Mehrheit für das Projekt finden. Das soll noch in dieser Woche passieren. Nächster Schritt ist die Bürgerabstimmung. Da die zur Kommunalwahl stattfinden soll, wählen zeitgleich beide Gemeinden insgesamt 26 Ratsmitglieder für die kommenden fünf Jahre. In einer Großgemeinde wären diese für rund 4.000 Einwohner zuständig. Zum Vergleich: Reichenbach hat mit Stand 2022 rund 850 Einwohner mehr, dafür mit 18 Sitzen im Stadtrat acht weniger.

Auch Königshain und Reichenbach müssen zustimmen

Auch wenn sich die Bürger von Waldhufen und Vierkirchen für den Zusammenschluss aussprechen, müssten Königshain und Reichenbach gleichfalls zustimmen. Beide Kommunen bilden derzeit mit Vierkirchen eine Verwaltungsgemeinschaft und würden bei einer Fusion auf einen Schlag rund 1.650 Einwohner im Verband verlieren, da Waldhufen und Vierkirchen eine Zusammenarbeit mit dem Verwaltungsverband Diehsa anstreben.

In Reichenbach wirft das Vorgehen der fusionswilligen Gemeinden derweil Fragen auf. Die meisten Informationen zu dem ganzen Thema habe die Verwaltung bisher aus der Zeitung erfahren, wie Hauptamtsleiterin Elisabeth Krohe sagt. Die Kommunikation klemmt offenbar, was auch für einen gewissen Unmut sorgt. Denn die Reichenbacher haben bei einer möglichen Fusion ein entscheidendes Wörtchen mitzureden, ebenso die Königshainer. Ohne deren Stadt- und Gemeinderatszustimmung käme Vierkirchen aus dem Verbund nicht raus. Mit einem Austritt von Vierkirchen wäre keinerlei Vorteil für Reichenbach und Königshain verbunden, sondern eine Schwächung der Verwaltungsgemeinschaft, sagt Elisabeth Krohe. Am Mittwoch wird sich der Stadtrat damit beschäftigen.

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Auch Gemeinderat Sven Koch aus Melaune ist skeptisch. Er geht nicht davon aus, dass die beiden Partner auf die dritte Kommune im Bunde verzichten. Optimistisch dagegen zeigt sich Marika Vetter, gleichfalls aus Vierkirchen: „Wir brauchen den Bürgerentscheid als starkes Argument“, sagt sie. Warum eine Fusion überhaupt angestrebt wird, begründet Vierkirchens stellvertretender Bürgermeister Thomas Scholz so: „Jetzt ist ein guter Zeitpunkt dafür, wenn wir das behalten wollen, was wir an Strukturen haben.“ Die Sorge bei einigen Ratsmitgliedern in Vierkirchen ist groß, dass in einigen Jahren eine „Zwangsfusion“ mit Reichenbach anstehen könnte. Derzeitige Strukturen wie Bauhof, Kirchgemeinde und Grundschule sind mit Waldhufen fest verzahnt. Dass sich dazu etwas ändert, stand in der Vergangenheit nicht zur Debatte.