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Volksbank Görlitz: Inflation frisst Vermögen ärmerer Menschen auf

Die Volksbank/Raiffeisenbank Niederschlesien legte jetzt ihre voraussichtlich letzte Bilanz vor der Fusion mit der Cottbuser Volksbank vor. Es sind besonders gute Zahlen. Aber die Banker sehen auch, wie schwierig die Zeiten für eine bestimmte Gruppe sind.

Von Sebastian Beutler
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Die Inflation machte es im vergangenen Jahr nicht so wohlhabenden Menschen auch im Kreis Görlitz schwer, mit ihrem Geld auszukommen oder sogar noch Vermögen aufzubauen.
Die Inflation machte es im vergangenen Jahr nicht so wohlhabenden Menschen auch im Kreis Görlitz schwer, mit ihrem Geld auszukommen oder sogar noch Vermögen aufzubauen. © Julian Stratenschulte, dpa

Es ist eine Bilanz wie gemalt. Die Bilanzsumme der Volksbank/Raiffeisenbank Niederschlesien ist leicht gestiegen, die Kunden haben mehr Geld zur Bank gebracht, vor allem aber höhere Summen in Wertpapieren angelegt, sie haben mehr Kredite nachgefragt, und der Gewinn ist ebenso gestiegen. "Wir sind sehr zufrieden", sagt daher unumwunden auch Sven Fiedler, Vorstand der Görlitzer Genossenschaftsbank, als er die Zahlen diese Woche vor Journalisten präsentierte.

Zwölf Prozent mehr Kredite trotz hoher Zinsen

Es sind besondere Zahlen. Nicht nur, weil sie besonders gut sind, sondern weil es voraussichtlich auch die letzten für das Görlitzer Kreditinstitut vor der Fusion mit der VR Bank Lausitz in Cottbus sind. Am 18. und 19. Juni entscheiden die Vertreterversammlungen endgültig über das Zusammengehen. Fiedler und sein Görlitzer Vorstandskollege René Ziemianski sind nach Gesprächen mit den Vertretern in der vergangenen Woche zuversichtlich, dass sie ihren Plänen zustimmen. So könnte Ende des Jahres die neue Volksbank Lausitz entstehen, mit einer Bilanzsumme von rund 1,4 Milliarden Euro. Der Sitz der Bank wird zwar in Cottbus, der größten Stadt der Lausitz, sein. Aber die Bank in Görlitz, zweitgrößte Stadt der Lausitz, wird die Cottbuser Bank formal beim Zusammengehen übernehmen.

Freuen sich schon auf die Fusion, die vier designierten Vorstände der neuen Volksbank Lausitz (v.l.): Jörg Schlipp, Sven Fiedler, René Ziemianski, Uwe Kapfenberger.
Freuen sich schon auf die Fusion, die vier designierten Vorstände der neuen Volksbank Lausitz (v.l.): Jörg Schlipp, Sven Fiedler, René Ziemianski, Uwe Kapfenberger. © Volksbank/Raiffeisenbank Niederschlesien

Wehmut über das Aufgehen der Görlitzer Bank in einem größeren Institut klang bei Fiedler und Ziemianski nicht an, dafür ist das Erreichte zu gut in Görlitz. Da überwiegt im Moment die Freude, die Vorteile der beiden Häuser künftig auch für den gesamten Geschäftsbetrieb zu nutzen. Vor allem auf die Kundenkredite, die allein im vergangenen Jahr um zwölf Prozent stiegen, sind die beiden Banken stolz. Und das obwohl die Zinsen schnell auf ein hohes Niveau stiegen.

50 Prozent der Kredite gehen in die Wohnungswirtschaft, sagt Sven Fiedler, vor allem in den klassischen Einfamilienhausbau, aber auch in die Sanierung von Mehrfamilienhäusern. Auch Handwerk und Mittelstand fragen Kredite nach. Und das hält auch in den ersten Monaten dieses Jahres an. "Wir haben ein weiterhin stabiles Wachstum", sagt Fiedler.

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Davon profitieren auch die rund 12.400 Mitglieder der Volksbank. Alle Vorteile durch Hausbankmodell, Dividende sowie Versicherungsboni zusammen erbrachten 737.500 Euro für sie - doppelt so viel wie der Gewinn der Bank selbst. Für jedes einzelne Mitglied hat sich seine Einlage im Schnitt mit 8,46 Prozent rentiert. Und in diesem Jahr erhöht die Volksbank angesichts der guten Zahlen auch ihre Dividende von zwei auf drei Prozent.

Vermögen: Wer nicht so viel hat, hatte ein schweres Jahr

Trotzdem sieht die Volksbank/Raiffeisenbank Niederschlesien aber auch, wie hart das vergangene Jahr für einen Teil ihrer 22.000 Kunden war. Von den höheren Zinsen bei Wertpapieren und Anlagen profitierten überproportional bereits wohlhabende Kunden. Wer nicht so viel auf der hohen Kante hat, der hatte Mühe sein Vermögen überhaupt zu halten, weil die Inflation zuschlug - vor allem durch höhere laufende Ausgaben für Energie und Lebensmittel. "Diese Menschen leben nicht über ihre Verhältnisse", sagt Vorstand René Ziemianski, "aber ihr Vermögen schmilzt ab". Dadurch werden auch die Vermögen ungleicher verteilt. Platt gesagt: Die Wohlhabenderen werden reicher, die ohnehin nicht so Gutbetuchten ärmer. "Das macht uns Kummer", erklärt Ziemianski.

Volksbank: Wir haben die höheren Zinsen an die Kunden weitergegeben

Diese Entwicklung liegt nicht daran, dass die Volksbank die höheren Anlagenzinsen nicht oder nur zögerlich an die Kunden mit besseren Zinsangeboten weitergegeben habe. Die deutlich besseren Bilanzen von Sparkassen und Volksbanken haben landesweit zu Diskussionen darüber geführt. Sven Fiedler kann für die Görlitzer Genossenschaftsbank klar den Grund für das bessere Ergebnis benennen. "Wir sind gewachsen sowohl bei den Kundeneinlagen, den Wertpapieranlagen, aber vor allem auch bei den Krediten", sagt er. Daraus hat die Bank mit ihren 91 Mitarbeitern, darunter zehn Auszubildenden, ihr gutes Ergebnis gewonnen. Und selbst die Wiedereröffnung der sanierten Filiale in Weißwasser im November vergangenen Jahres hatte so selten erlebte Folgen: Mehr als 100 neue Kunden hat die Bank in den vergangenen Monaten begrüßen können.

Die Bilanz der Volksbank/Raiffeisenbank Niederschlesien für 2023 in Zahlen:

  • Bilanzsumme 551 Millionen Euro (+ 2,2 Prozent zu 2023)
  • Kundeneinlagen 436 Millionen Euro (+ 1,5 Prozent)
  • Kundenvolumen insg.: 760 Millionen Euro (+ 2,9 Prozent)
  • Bilanzgewinn: 351.000 Euro (+ 7 Prozent)