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Deutschlands bester Fleischer kommt aus Großenhain

Franz Gawalski vertrat Schwarz-Rot-Gold bei den EuroSkills in Graz. "Eine wahnsinnige Erfahrung", sagt der 24-Jährige.

Von Thomas Riemer
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Franz Gawalski war der deutsche Vertreter beim Demonstrationswettbewerb der Fleischer bei den EuroSkills in Graz.
Franz Gawalski war der deutsche Vertreter beim Demonstrationswettbewerb der Fleischer bei den EuroSkills in Graz. © Foto: privat

Großenhain. Franz Gawalski gerät ins Schwärmen. "So etwas vergisst man sein Leben lang nicht", sagt der 24-jährige junge Mann rückblickend auf die EuroSkills. Als einziger Fleischer aus Deutschland durfte der Großenhainer an diesem Event teilnehmen - der sogenannten Europameisterschaft der Berufe.

Franz Gawalski ist Fleischer mit Leib und Seele, stammt aus einem traditionsreichen Familienbetrieb, erhielt 2018 den Meisterbrief. Ein Jahr zuvor war er in die deutsche Nationalmannschaft des Fleischerhandwerks berufen worden. Die EuroSkills im österreichischen Graz waren vorläufiger Höhepunkt nicht nur seines Berufslebens. "Eine wahnsinnige Erfahrung", fasst er die knapp einwöchigen Ereignisse zusammen.

Rund ein halbes Jahr hatte Franz Gawalski Zeit, sich auf die Meisterschaft intensiv vorzubereiten. Im hochmodernen Bundesleistungszentrum der Fleischer, angesiedelt im Berufsbildungs- und Technologiezentrum der Handwerkskammer Frankfurt-Rhein-Main in Weiterstadt, wurde regelmäßig trainiert, um in Graz der überaus starken Konkurrenz Paroli bieten zu können. Dass es am Ende nicht ganz zu einer Medaille gereicht hat, erzeugte bei Franz zwar einen "kleinen Moment von Frust. Aber danach überwog der Stolz auf mich selbst und meine Leistung".

Gawalski gesteht, dass mit der Ankunft am Wettkampfort Anspannung und Puls enorm stiegen. "Dort war alles auf einem wahnsinnig hohen Niveau vorbereitet", beschreibt er den Eindruck, als es langsam ernst wurde. Was handwerklich auf die Teilnehmer aus fünf Nationen zukommt, erfuhren sie tatsächlich erst 24 Stunden vor dem Start. Franz Gawalski zog sich ins Hotelzimmer zurück, ging im Kopf alles durch. "Es war ein unruhiger Abend", erzählt er und schmunzelt.

Die ersten beiden Aufgaben liefen dann ganz nach seinen Vorstellungen ab. Das perfekte Auslösen einer Kalbskeule sowie der ladenfertige Zuschnitt - sozusagen die Veredelung des Fleisches. "Bis dahin hatte ich ein sehr gutes Gefühl", sagt Franz Gawalski. Beim Herstellen einer Grillplatte - bestehend aus jeweils 500 Gramm Hähnchen, Kalb, Rind und Pute "war der Kopf plötzlich zu und mein Plan weg". Weil alles "nicht so schön ausdekoriert war", spürte er, dass die Chance auf die Goldmedaille damit wohl verspielt war.

Besser lief es dann wieder an den beiden Folgetagen. Vor allem in der "Königsdisziplin", der Verarbeitung eines Rostbeefs vom Rind, zeigte der Großenhainer, was in ihm steckt. Und beim abschließenden Herstellen von 60 verschiedenen Fingerfoods in zweieinhalb Stunden staunte er selbst, was er da geschafft hatte.

Längst ist Franz Gawalski wieder in seinem Großenhainer Alltag angekommen - in der Fleischerei seines Vaters Ralf und seines Onkels Holm. Dass die gesamte Familie und die Mitarbeiter ihm den Freiraum von der Vorbereitung bis zum Grazer Event ermöglichten, dafür sei er unendlich dankbar. Die Eindrücke wiegen noch immer schwer. Es sei ein unglaubliches Gefühl gewesen, vor den vielen Zuschauern zu zeigen, "dass der Fleischer nicht nur der ,Grobe' ist", sagt Franz. Zudem habe er viele tolle Leute kennengelernt, mit denen er jetzt regelmäßig online Erfahrungen austauscht.

Er selbst beschreibt sich in einem Steckbrief als ehrgeizig, lebensfroh, lustig, hilfsbereit. Dass er in seinem Beruf so aufgeht, sei natürlich der Familientradition geschuldet. Schon in Kindheitstagen konnte er bestaunen, wie vielseitig der Beruf ist, und mit der Zeit baute er immer mehr Faszination für das Lebensmittel und dessen Veredelung zu besonderen Fleischerzeugnissen und Wurstwaren auf. Der abwechslungsreiche Alltag, die Möglichkeit kreativ zu werden, zum Beispiel bei der Kreation neuer Wurstsorten oder deren Modifikation mit aktuellen Foodtrends - das alles gehöre dazu. Und der junge Fleischermeister gesteht auch, dass nach Feierabend im Sommer die eigene Bratwurst vom Grill immer noch am besten schmeckt.

Mitglied der deutschen Berufe-Nationalmannschaft möchte Franz Gawalski so lange wie möglich bleiben. Auch wenn eine nochmalige Teilnahme an den EuroSkills nicht möglich ist, da das Höchstalter dafür 26 Jahre ist und der nächste Wettbewerb erst in zwei Jahren stattfindet. Doch aus vielerlei Gründen will er hierzulande für seinen Beruf werben. Warum? Arbeitskräfte werden benötigt. Das bringe eine gewisse Jobsicherheit mit sich, wenn man engagiert ist. Freundliche Arbeitszeiten und Aufstiegsmöglichkeiten nennt Franz Gawalski. Er selbst wolle "die Fleischerei erfolgreich voranbringen", sich weiterbilden - zum Fleisch-Sommelier, eventuell auch Betriebswirt. "Mal sehen, was noch kommt", hat er in erwähntem Steckbrief formuliert.

Die EuroSkills in Graz waren ursprünglich im September 2020 geplant, wurden pandemiebedingt aber zwei Mal verschoben. Die rund 400 jungen Berufsleute, die in Graz aus ganz Europa teilnehmen, sind maximal 26-jährig. Insgesamt standen 48 Wettkämpfe im Programm der diesjährigen EuroSkills.