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Die Meißner CDU und der Elefant im Raum

Die Wahl von Bianca Wunderwald zur Kreisvorsitzenden war in Großenhain nur Formsache, ansonsten leckten die Christdemokraten ihre Wunden.

Von Manfred Müller
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Bekannte Gesichter beim 15. CDU-Kreisparteitag in der Remontehalle Großenhain. V.l.n.r.: Landtagspräsident Matthias Rößler, Hirschsteins Bürgermeister Conrad Seifert, die neue Kreis-Chefin Bianca Wunderwald und ihr Vorgänger Sebastian Fischer.
Bekannte Gesichter beim 15. CDU-Kreisparteitag in der Remontehalle Großenhain. V.l.n.r.: Landtagspräsident Matthias Rößler, Hirschsteins Bürgermeister Conrad Seifert, die neue Kreis-Chefin Bianca Wunderwald und ihr Vorgänger Sebastian Fischer. © Norbert Millauer

Großenhain. Eigentlich hatte die Kreis-CDU für ihren Parteitag in der Großenhainer Remontehalle die 3G-Regel angekündigt. Außerdem sollte während der gesamten Veranstaltung ein medizinischer Mund-Nasen-Schutz getragen werden. Am Ende zog nur ein einziger der rund 80 Christdemokraten im Tagungssaal eine Maske vors Gesicht. Und auch die Treue der CDU-Prominenz zu den Corona-Verordnungen hielt sich in Grenzen.

Impfpflicht im Gesundheitswesen? „Da werden wir keine scharfen Zügel anlegen“, so die Landes-Mitgliederbeauftragte und Ärztin Bianca Erdmann-Reusch. Auf die ungeimpften Beschäftigten, in Sachsen immerhin 15 Prozent, zu verzichten, sei ein Unding, assistierte Landtagspräsident Matthias Rößler. Immerhin hatten die Christdemokraten mit ihrem Kreisparteitag bis zur letzten Aprilwoche gewartet. Kreisvorsitzender Sebastian Fischer wollte sich eigentlich schon nach seiner Niederlage bei der Bundestagswahl im September 2021 zurückziehen. Weil aber im Herbst und Winter Präsenzveranstaltungen nicht erlaubt oder zu riskant waren, musste die Partei die fällige Neuwahl immer wieder verschieben.

Die neue Kreisvorsitzende, die Meißnerin Bianca Wunderwald (43), war als einzige Kandidatin für das Amt angetreten. Dass fast 90 Prozent der 72 anwesenden Stimmberechtigten für die Hotelbetriebswirtin votierten, darf man deshalb als Formsache betrachten. Zu Stellvertretern wurden die bisherigen Vorstandsmitglieder Yvonne Olivier (Moritzburg), Sven Eppinger (Radebeul) und Newcomer Dominik Richter (Lampertswalde) gewählt.

Mit dem neuen Vorstand haben sich Machtverhältnisse in der Kreis-CDU eindeutig in Richtung Meißen/Radebeul verschoben. Unter dem alten Vorsitzenden Sebastian Fischer (Priestewitz) hatte noch der Großenhain-Riesaer Flügel dominiert. Fischer warf mit seiner Hausmacht im Jahr 2019 sogar Landrat Arndt Steinbach aus dem Rennen um den Kreisvorsitz. Auch bei der Nominierung des Bundestags-Direktkandidaten setzte sich Fischer durch. Dabei soll es allerdings so heiß hergegangen sein, dass die Spaltung des Kreisverbandes drohte.

72 Stimmberechtigte wählten am Freitag in der Großenhainer Remontehalle die neue Chefin des CDU-Kreisverbands Meißen.
72 Stimmberechtigte wählten am Freitag in der Großenhainer Remontehalle die neue Chefin des CDU-Kreisverbands Meißen. © Norbert Millauer

Bei ihrem Kreisparteitag bemühten sich die Christdemokraten nun krampfhaft um Geschlossenheit. Obwohl Sebastian Fischer sowohl bei der Landtagswahl als auch bei der Bundestagswahl gegen AfD-Direktkandidaten verlor, trat in der Remontehalle niemand nach. Thomas de Maizière fand sogar ausgesprochen tröstliche Worte: Er sei sich nicht sicher, ob er selbst im September 2021 den Wahlkreis geholt hätte, wenn er noch einmal angetreten wäre, erklärte der Ex-Innenminister.

Nach den beiden Wahl-Desastern will die Kreis-CDU nun zumindest an der Basis punkten – so bei den Bürgermeisterwahlen, die im Juni in etlichen Gemeinden anstehen. Hier haben die Christdemokraten noch einen recht guten Stand, und deshalb war immer wieder die Rede von der „kommunalen Familie“, auf die die Partei in Zukunft ihr Augenmerk richten müsse.

Der seit Jahren anhaltende Mitgliederschwund wurde erst auf Nachfrage thematisiert. Die Zahl der Christdemokraten nähert sich im Landkreis mittlerweile der 500er-Marke. Allein im vorigen Jahr büßte der Kreisverband neun Prozent ein. Neben Sterbefällen und Wegzügen spielten dabei auch Parteiaustritte wegen der Merkelschen Corona-Politik eine Rolle. Fast völlig außen vor blieb in den Redebeiträgen die Konkurrenz vom rechten Rand. Niemand sprach die drei Buchstaben „AFD“ auch nur aus. Aber sie war natürlich der Elefant im Raum, und so mancher Parteitagsteilnehmer hätte sich in der Antrittsrede der neuen Kreisvorsitzenden eine kommunalpolitische Kampfansage gewünscht. So aber blieb es beim Wundenlecken und Beschwören der Einigkeit im Kreisverband.

Ex-Kreisvorsitzender Sebastian Fischer wird seine politische Karriere wohl vorerst beenden. Er hätte zwar noch Aussichten, über seinen Listenplatz in den Landtag zu kommen, aber da müssten sich zuvor noch zwei, drei Abgeordnete aus dem Gremium verabschieden. „Es wäre töricht, sich auf so etwas zu verlassen“, sagt der Gävernitzer. Er habe in den vergangenen Monaten seine Französischkenntnisse vertieft und könne sich vorstellen, in seinem Beruf als Küchenmeister auch im Ausland zu arbeiten.