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Der Garten als Galerie

Spät kam Gudrun Schäfer zum Malen. Nun lud die 71-Jährige sogar zum Ausstellungs-Event ein - etwas Außergewöhnliches in ihrem Dorf.

Von Kathrin Krüger
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Gudrun Schäfer in ihrem grünen Grundstück in Ponickau. Mit einer Ausstellung zeigte sie jetzt die Vielfalt ihrer Mal-Arbeiten.
Gudrun Schäfer in ihrem grünen Grundstück in Ponickau. Mit einer Ausstellung zeigte sie jetzt die Vielfalt ihrer Mal-Arbeiten. © Kristin Richter

Ponickau. Verträumt und idyllisch liegt der kleine Ort an der Grenze zum Brandenburgischen. Der Handyempfang ist hier schlecht. Doch das Grün der Gärten schafft eine Ruhe, die ungeheuer erholsam ist. Als besonders romantisch gilt das große Grundstück der Schäfers: ein ehemaliger Vierseithof mit abwechslungsreicher Gestaltung und einem Grünbereich, der an sich schon ein Kunstwerk ist. 

Kürzlich wurde dieses schöne Fleckchen Erde noch durch weitere Kunst aufgewertet: Gemälde und Zeichnungen von Gudrun Schäfer waren überall ausgestellt: im Atelier, in den Garagen, im Hof und im großen Garten sowieso. "Blickfänge - Inspiration zum Malen" hatte die 71-Jährige ihre erste große Präsentation genannt. Obwohl sie wegen Corona kaum Werbung machte, kamen 150 Gäste: ehemalige Kollegen, Freunde, Bekannte, frühere Schüler der Lehrerin und Ponickauer Einwohner. Alle waren sich einig: das sei eine ganz außergewöhnliche, beeindruckende Aktion. 

Gudrun Schäfer ist eine schüchterne, schlanke Frau mit kurzem, weißem Haar. "Ich habe früher nie gemalt, aber Sport getrieben und Akkordeon gespielt", erzählt die Hobbykünstlerin. Sie unterrichtete an der Grundschule Ponickau und an der 1. Grundschule Großenhain bis 2006. Eine Krebserkrankung trieb sie vorzeitig aus dem Beruf.  

Eine Psychologin in der Kurklinik empfahl Gudrun Schäfer das Malen. "Ich war immer kopflastig, Perfektionist, hätte nie gedacht, dass ich mich öffnen kann, denn meine Gefühle habe ich immer versteckt", erzählt die Ponickauerin. Doch ihr Talent zum Zeichnen wurde dann schnell geweckt. Im Großenhainer Alberttreff nahm sie Cornelia Fischer in ihrem Malkurs unter ihre Fittiche. Vor allem Aquarelle entstanden. "Ich habe es gern, wenn die Farben auf dem Zeichenkarton verlaufen", so Gudrun Schäfer. 

Nicht weit ist es von Ponickau auch zum Schloss Großkmehlen. Hier unterhält Martin Fellmann eine Malschule. Auch er wurde der Lehrerin zum Lehrer, bei ihm malt sie Ölgemälde. In Tagesseminaren auch mal Akt oder abstrakt. "Ich dachte nicht, dass ich das kann", schmunzelt die Hobbykünstlerin. Doch die Gäste ihrer Ausstellung zeigten ihr, wie beeindruckt sie von ihrer technischen und künstlerischen Vielfalt sind. Etwa 140 Arbeiten hatte sie mit fachlicher Anleitung ausgewählt.   

Ein Traum ist in Erfüllung gegangen

"Beim Zeichnen kann ich abschalten, meine eigenen Ideen verwirklichen", ist Gudrun Schäfer überzeugt. Die Gemeinschaft der Freizeitkünstler tut ihr gut, nachdem sie ihren Kollegenkreis einige Jahre zu früh aufgeben musste. Montags fährt sie nun nach Großenhain zum Malen, mittwochs singt sie - wenn nicht grad Corona ist - im Ponickauer Frauenchor. Und donnerstags ist Malkurs im Schloss Großkmehlen. Diese feste Struktur hilft ihr sehr, besonders seit auch ihr Mann schwer erkrankt ist. 

Bei der Vorbereitung der Ausstellung hat aber auch er geholfen und den Hof gefegt. Die Kinder mit ihren Familien brachten sich ein, Schäfers Sohn stellte sogar sein Boot zur Verfügung, damit hier maritime Arbeiten gezeigt werden konnten. Der Schwiegersohn baute 40 Stellagen für Bilder, ein Stall wurde so abgehangen, dass er zu einem schönen Teil des Besucherrundgangs wurde. "So eine Ausstellung war mein Traum, und er ist in Erfüllung gegangen", blickt Gudrun Schäfer freudig zurück. Einige Werke hat sie sogar verkauft, andere verschenkt. 

Schäfers Nichte hat das "Wutbild" bekommen. "Hau drauf die Farbe mit rot und blau", hatte Martin Fellmann seine Schülerin aufgefordert, ihre Seele während der Corona-Beschränkungen zu öffnen. Der impulsiven Nichte gefiel das expressive Bild sofort. Auch Ponickauer Ansichten und Garten-Stillleben fanden großen Anklang. "Ich liebe meinen Garten, und ich liebe mein Dorf", sagt Gudrun Schäfer. Das sieht man ihren Ölgemälden und Zeichnungen an. Seit die Ponickauerin auch fotografiert, ist ihr Blick geübter. Auch der Blick nach innen.

"Wenn ich mich beim Malen selbst überwinde, tut es mir hinterher immer gut", sagt die zurückhaltende Seniorin. Sie ist froh und stolz, dass sie es mit der Ausstellung schaffte, einen deutlichen Schritt in die Öffentlichkeit zu treten. Auch wenn es eine Familienaktion war. "Meine Bilder sind meine Kinder", sagt die Ponickauerin. Doch Kinder werden groß und wollen hinaus in die Welt. Irgendwann werden die Schäfers ganz sicher erneut zu einer Ausstellung einladen. Denn, dass nichts Neues mehr entsteht, ist ganz und gar nicht zu erwarten.

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