Zabeltitz/Radebeul. In den ersten fünf Minuten ist kein Ton zu hören. Die Nixe Rusalka, überbehütete Tochter aus dem Wasserreich, erzählt allein mit Gesten ihre traurige Geschichte. Die Ouvertüre stimmt auf eine in mehrerer Hinsicht außergewöhnliche Mini-Oper ein. In kleiner Besetzung, mit kleinem Kammerorchester, fand die Doppelpremiere im September im Bauernmuseum Zabeltitz viel Anklang. Der Mut, hier erstmals ein solches Projekt umzusetzen, wurde den Landesbühnen Radebeul belohnt.
Es ist die Macht der Bilder und der Handbewegungen, die die Produktion "für alle", also auch für gehörlose Zuschauer, bestimmt. Rusalka wird als Doppelbesetzung von einer Sängerin und einer Gebärdendolmetscherin verkörpert. Sie ist anfangs in ihr großes Bett eingenäht, das sich später zum Luftschloss aufbläst. Ganz in Weiß ist die junge Frau davon überzeugt, "dass eine Menschenseele den schlimmsten Zauber überwinden kann". Der Prinz, in den sich die Nixe - nun mit Beinen - verliebte, trägt einen grellblauen Anzug mit aufgenähten Spiegelscherben. Er ist ein eitler Jäger, nennt Rusalka sein "weißes Reh". Doch wenig später verfällt er der fremden Fürstin in knallrotem Kleid und Lederstiefeln.
In vielen lyrischen Arien besingt Rusalka ihre Liebe und ihren Schmerz. Denn sie kämpft nicht nur um ihren Prinzen, sondern scheinbar auch gegen ihre Tante Jezibaba. Die ist in einen lila Ledermantel mit violettem Kopftuch und lila Hauslatschen gehüllt. Und zeigt mit kaltem Ausdruck mehrfach ihr Messer, mit dem sie nicht nur Rusalka aus ihrem Wasserbett befreite. Mit diesem Messer soll die Stumme auch ihren untreuen Prinzen töten.
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Wer das lyrische Märchen von Antonin Dvorak oder die Arielle-Adaptionen kennt, weiß, dass sie das nicht tun wird. Denn sie liebt wahrhaftig ihren Prinzen, der es anfangs doch ehrlich meinte. "Ganz vergeblich schaue ich dich an, ich löse dieses Rätsel nicht", singt er aber später entmutigt. Entreißt ihr das Brautkleid und schimpft: "Bleibst du doch immer, was du bist ... So kalt wie Mondlicht." Die Tragik dieses ungleichen Paares ist durchaus nicht nur märchenhaft, sondern höchst modern, wie Beziehungstherapeuten zur Genüge berichten können.
Über 40 Konzepte waren am Anfang für die Mini-Oper zu einem Regiewettbewerb der Landesbühnen eingereicht worden. Die Wahl war auf die Inszenierungsidee von Jeffrey Döring (Regie) und Hannah Ebenau (Ausstattung) gefallen. "Es war ein hoher Aufwand, denn auch die Sänger wurden in Gebärdensprache geschult", blickte der Regisseur zur Premiere in Zabeltitz zurück. Für die Aufführung hatte man auch Gäste von Gehörlosenverbänden eingeladen. So wurde nicht nur eine Oper aufs Dorf gebracht. Den Hörenden wird auch die Welt der Gehörlosen ein Stück vertrauter. Die Reaktionen im Gästebuch sprechen für sich: "Danke für diese außergewöhnliche Vorstellung" und "War superschön" steht dort.
- Am 14. Oktober, 18 Uhr, zur Spielzeiteröffnung "Last Call" im Stammhaus der Landesbühnen Radebeul. Außerdem vom 19. bis 22. Oktober. Karten: hier.