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Großenhain: Wie weiter mit den Garagen-Standorten?

Der Stadtrat am 23. März soll über die Zukunft der Gebäude auch an der Villastraße befinden. Laut Verwaltung ist sie gesichert.

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Die Garagen in der Villastraße sind jetzt im städtischen Besitz. Die Wohnungsgesellschaft soll sie übernehmen.
Die Garagen in der Villastraße sind jetzt im städtischen Besitz. Die Wohnungsgesellschaft soll sie übernehmen. © Kristin Richter

Großenhain. Jüngere können es sich heutzutage gar nicht mehr vorstellen, aber es ist noch nicht allzu lange her, da musste man auf sein neues Auto zehn Jahre und länger warten. Und wie nutzte man diese Zeit? Man baute eine Garage. Viele Gemeinden unterstützten damals den Bau eines solchen „Wohnzimmers mit Trabi“, denn neben den Kleingärten waren Garagen nicht nur Treffpunkte, sondern auch wichtige Tausch- und Materiallager, insbesondere für die diversen Reparaturen, die ein DDR-Pkw so brauchte.

Großenhainer Autoliebhaber bildeten dabei keine Ausnahme, und so war auch hier der Bedarf an Garagen hoch. Die Nachfrage konnte nicht annähernd befriedigt werden. Die Stadt stellte damals die Standorte zur Verfügung, das Bauen übernahmen die neu gegründeten Garagengemeinschaften. Wichtig war natürlich die Baustoffbeschaffung. Hierbei wurden die Garagengemeinschaften über sogenannte Bilanzen unterstützt, die den Bezug der Baustoffe erst ermöglichten. Auf diese Weise entstanden in den 1970er- und 80er-Jahren die Standorte an der Villastraße oder an der Dresdner Straße.

Rechtlich nicht so einfach

Nach der politischen Wende 1989/1990 gab es auch Änderungen für die DDR-Garagenkomplexe. Einige Standorte wurden von den Garagengemeinschaften gekauft, andere blieben mit ihrem Grund und Boden städtisch. Für diese Standorte änderte sich zunächst nichts. Die Garagen wurden weitergenutzt, und auch der Wechsel zwischen den einzelnen Nutzern ging reibungslos vonstatten. Großenhain verwaltete die Liegenschaften und die Verträge mit den Garagennutzern. Da die Grundstücke der Stadt gehörten, zahlten die Garagennutzer eine geringe Pacht. Wechselten die Nutzer, kam es teilweise zu Vertragsanpassungen, da einige Verträge noch aus den 1970er-Jahren stammten.

Rechtlich war die Sache jedoch nicht so einfach. Denn wenn Bürger vor dem 3. Oktober 1990 Garagen auf Grundstücken bauten, die ihnen nicht gehörten, wurde das Gebäude kraft Gesetz wesentlicher Bestandteil eines Grundstückes. Der Bodeneigentümer wurde somit Eigentümer der baulichen Anlage, auch wenn er diese nicht selbst errichtet hatte.

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Da eine übergangslose Anwendung des BGB zu einer vollständigen Enteignung der Erbauer der Garagen geführt hätte, wurde bestimmt, dass das selbstständige Eigentum an den Baulichkeiten zunächst Fortbestand haben soll. Um zukünftig jedoch eine einheitliche Rechtsordnung wiederherzustellen, trat mit Wirkung zum 1. Januar 1995 das Schuldrechtsanpassungsgesetz in Kraft. Für Garagengrundstücke aus DDR-Zeiten endete damit nicht nur der Kündigungsschutz zum 31. Dezember 2002, sondern daraus resultierte für die Stadt auch ein möglicher Anspruch an den Garagen, den sie bislang jedoch nicht umgesetzt hat.

Pläne für 333 Garagen

Großenhain möchte diesen Anspruch auch künftig nicht ausüben, teilt das Rathaus mit. Deswegen hat es bereits für zwei kleine Standorte einen Verkauf geplant. Für die übrigen acht städtischen Standorte mit insgesamt 333 Garagen ist folgendes Vorgehen beabsichtigt: Für die Albertstraße, Öhringer Straße und den Bornweg sollen Gespräche mit den Garagennutzern geführt werden, um ihnen den Grund und Boden zum Kauf anzubieten. Bei den großen Standorten Am Schacht, Dresdner Straße, Weßnitzer Straße, Villastraße und Mittelgasse sollten die Verwaltungsaufgaben in Zukunft von der städtischen Wohnungsverwaltungs- und Baugesellschaft (GWVB) übernommen werden.

Die Stadt kann so auch weiterhin bei den großen Standorten maßgeblich auf die strategischen Entscheidungen Einfluss nehmen. Für Garagennutzer ändert sich damit zunächst nur der Ansprechpartner. Wie die GWVB die Verträge und Investitionen künftig gestaltet, steht derzeit noch nicht fest. Aber eines ist sicher: Es wird Veränderungen geben müssen. Die möglichen Alternativen zu diesem Vorgehen wären ein kompletter Verkauf an einen oder mehrere Investoren oder gar der Abriss der Garagenstandorte. Aus Sicht der Stadt wären dies jedoch die denkbar schlechteren Optionen für alle Beteiligten.

Alle Garagennutzer wurden Mitte Januar über die rechtliche Situation und das geplante Vorgehen der Stadt informiert. Ihren Verfahrensvorschlag wird die Verwaltung in der Stadtratssitzung am 23. März erneut als Beschlussvorlage einbringen. Auf diese Weise sollen die Garagenstandorte erhalten bleiben und durch die Übertragung an die GWVB zukunftssicher gemacht werden. (SZ)