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Waldbesetzer: Wir bleiben auch den Winter über

Die Heidebogen-Umweltaktivisten luden am Montag zum Runden Tisch – das Ottendorfer Kieswerk und Sachsenforst blieben dem Treffen aber fern.

Von Manfred Müller
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Protest an der Grube des Anstosses: Heibo-Waldbesetzer am Rande der Kiesgrube Würschnitz 1.
Protest an der Grube des Anstosses: Heibo-Waldbesetzer am Rande der Kiesgrube Würschnitz 1. © Kristin Richter

Würschnitz. Sie nennen sich „Birke“, „Erle“, „Tanne“, „Buche“ oder „Esche“, und sie haben zu einer Diskussionsrunde in die Laußnitzer Heide nahe dem Dörfchen Würschnitz eingeladen. Der „Runde Tisch“ findet auf einem Waldweg im Waldbesetzer-Camp im Stehen statt. Es wird eher die Deklaration von einander ähnlichen Standpunkten, denn Akteure der Gegenseite nehmen an der Veranstaltung nicht teil. Man erachte einen Termin für wenig sinnvoll, so das Kieswerk später auf SZ-Anfrage. Es sei nicht kommuniziert worden, wer daran teilnimmt, weder der genaue Ablauf noch die Anzahl der Teilnehmer. Sachsenforst als Flächeneigentümer sieht sich gar nicht als Adressat der Proteste. „Eine Einladung zu dem gestrigen Treffen haben wir im Übrigen nicht erhalten“, erklärt Sprecher Renke Coordes. Gekommen sind mit Elisabeth Lesche eine Vertreterin der Bürgerinitiative „Contra Kiesabbau“ und als Nabu-Vertreter Holger Oertel von der Nabu-Fachgruppe Ornithologie Großdittmannsdorf sowie etliche Vertreter der schreibenden Zunft.

Die Heidebogen-Aktivisten machen zunächst klar, dass sie praktisch auf unbegrenzte Zeit in der Laußnitzer Heide bleiben wollen, auch den Winter über. Hier liegt der derzeit etwa zehn Hektar große Kiestagebau „Würschnitz 1“. Dieser soll in den nächsten Jahren erweitert werden – insgesamt 132 Hektar sind möglich und behördlich genehmigt. Dazu müssten in der gleichen Größenordnung Bäume abgeholzt werden. Die Waldbesetzer wollen das verhindern und haben ihre Baumhäuser deshalb auf den Erweiterungsflächen neben der Grube errichtet. „Wir fordern, dass der Kiesabbau generell gestoppt wird“, sagt eine junge Frau, die sich „Tanne“ nennt. Die Klimagerechtigkeitsbewegung trete ja nicht nur für eine Energiewende, sondern auch für eine Verkehrs- und Bauwende ein. Es gehe nicht an, Wälder abzuholzen, um neue Autobahnen zu bauen. Es gebe bereits genug versiegelte Flächen, ergänzt „Birke“, man müsse nicht immer nur neu bauen. Die bisherigen Proteste von Bürgerinitiativen hätten nicht genug gebracht, finden die Aktivisten.

Elisabeth Lesche von der Bürgerinitiative „Contra Kiesabbau“ zählt sich zu den Sympathisanten der Waldbesetzung. Das Kieswerk Ottendorf-Okrilla und Sachsenforst hätten immer wieder gegen Absprachen mit der BI und dem Naturschutzbund verstoßen. Erst vergangenes Jahr sollte mitten in der Brutzeit der Vögel Wald abgeholzt werden. Das hätten die Umweltschützer gerade noch verhindern können. Deshalb lehne es die Bürgerinitiative ab, hinter verschlossenen Türen mit dem Unternehmen zu sprechen. Das Kieswerk hatte im Vorfeld sowohl den Waldbesetzern als auch der Bürgerinitiative Gespräche angeboten – getrennt und unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Elisabeth Lesche sieht in der Errichtung des „Heibo-Camps“ keinen Rechtsverstoß. Das Verwaltungsgericht Köln habe doch gerade geurteilt, dass die Räumung des Hambacher Forsts unter Berufung auf den Brandschutz rechtswidrig war.

Langer Atem: Die Umweltaktivisten wollen ihr Camp auch den Winter über besetzt halten.
Langer Atem: Die Umweltaktivisten wollen ihr Camp auch den Winter über besetzt halten. © Kristin Richter

„Das sind nicht unsere Methoden“, sagt hingegen Holger Oertel, der dem Nabu-Landesvorstand angehört. Kiesgruben seien ja nicht grundsätzlich schlecht. Wenn sie zum Beispiel auf früheren Ackerflächen betrieben werden, könnten sie nach der Rekultivierung sogar eine Bereicherung für die Natur sein. Die großflächige Abholzung von etwa 230 Hektar, die die Tagebaue „Würschnitz 1“ und „Würschnitz-West“ mit sich bringen, lehnt Oertel aber ab. Wobei sich der Nabu mit der Erweiterung von „Würschnitz 1“ offenbar schon abgefunden hat und seine ganze Kraft auf die Verhinderung von „Würschnitz-West“ konzentriert. Es geht hier um die Erhaltung der ökologisch wertvollen Niedermoore bei Großdittmannsdorf. Deshalb wird gegen den Neuaufschluss sogar vor der EU-Gerichtsbarkeit geklagt. Auf das Ergebnis von solchen auf Jahre angelegten Prozessen wollen die Umweltaktivisten nicht warten. Es brauche schnelleren und mehr öffentlichen Druck, damit die Forderungen gehört werden. „Wenn wir jetzt nichts tun“, sagt „Birke“, „killt der Klimawandel uns alle“.