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„Vom Wolf verursachter Schaden ist irreversibel“

Landkreis Bautzen fordert eine Absenkung des Schutzstatus. Sächsische Landräte unterstützen das Anliegen.

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Wölfe sind beeindruckend, aber nicht nur in der Lausitz ein Reizthema.
Wölfe sind beeindruckend, aber nicht nur in der Lausitz ein Reizthema. © Foto: pixabay.com

Bautzen. Der Wolf soll künftig einen geringeren Schutzstatus genießen. Mit dieser Forderung will sich der Bautzener Landrat Michael Harig jetzt gemeinsam mit seinen sächsischen Amtskollegen an die sächsische Staatsregierung und Bundesregierung wenden. Wie es in einer Mitteilung des Landratsamtes heißt, setzt Landrat Harig damit einen Beschluss des Bautzener Kreistages um. Dieser hatte mit großer Mehrheit den Landrat beauftragt, über den Sächsischen Landkreistag auf eine dringliche Befassung von Staats- und Bundesregierung mit der Wolfsproblematik hinzuwirken.

Landrat Harig: „Unser Anliegen ist nicht die Ausrottung der Spezies Wolf in unseren Breiten. Es geht vielmehr um die Schaffung eines verbesserten Regulierungs- und Schutzniveaus im Sinne eines Interessenausgleiches zwischen Artenschutz und Weidewirtschaft.“ Eine Koexistenz von Wolf, Nutztier- und Wildbestand sei dauerhaft nur mit einer breiten Akzeptanz in der Bevölkerung möglich.

Laut Mitteilung des Landratsamtes sei es das Ziel des Vorstoßes, einer Statusänderung des Schutzniveaus der Spezies Wolf von Anhang IV - streng geschützt - auf Anhang V - bedingt geschützt - der FFH-Richtlinie zu erreichen. Eingeschlossen ist eine Anpassung des sächsischen Jagdrechts im Sinne einer selektiven und kontrollierbaren Entnahme von Einzeltieren zur Bestandsregulierung.

Das Anliegen wurde am Mittwoch, dem 19. Mai 2021, im Rahmen der regulär geplanten Landrätekonferenz vorgetragen und erhielt die Unterstützung der sächsischen Landräte. In der Beratung verwies Landrat Harig auf die gewachsene Wolfspopulation insbesondere in der Lausitz. „Die Population ist in ihrem Bestand weder örtlich noch global bedroht“, so lautet seine Feststellung. Ausgehend von der Lausitz in der sächsisch-polnischen Grenzregion hätten sich Wölfe nach einer zunächst eher zögerlichen Vermehrung sprunghaft lokal und überregional ausgebreitet.„Mit Blick auf die Unzulänglichkeit und zunehmende Unzumutbarkeit von Schutzmaßnahmen zugunsten der heimischen Nutztiere gibt es zu einer Regulation der Wolfsbestände keine zufriedenstellenden Alternativen mehr“, so Landrat Harig. Die bereits realisierte, alleinige Aufnahme der Spezies Wolf in das Jagdrecht sei ohne die Überführung des Wolfs in den Anhang V der FFH- Richtlinie in der Praxis wirkungslos. Michael Harig: „Eine wirksame Entnahme von Wölfen, welche sich Viehweiden, Tiergehegen und menschlichen Ansiedlungen nähern, ist in der gelebten Wirklichkeit unmöglich.“

Die Zahl der Übergriffe und der geschädigten Nutztiere habe auch deshalb mit anwachsender Wolfspopulation stetig und deutlich zugenommen. „Der bereits bis jetzt durch den Wolf verursachte Schaden an unserer Kulturlandschaft ist irreversibel“, schätzt der Landrat ein.

So haben nach Daten des Landratsamtes im Landkreis Bautzen bei den für den ländlichen Raum typischen und die Kulturlandschaft prägenden Schafhaltungsbetrieben mittlerer Größe mit zwischen 20 und 49 Tieren seit 2011 mehr als 80 Prozent der Betriebsinhaber ihren Betrieb eingestellt. Hier sei der Verlust besonders schmerzlich, da dies insbesondere Zuchtbetriebe waren. Neben den Verlusten in Zahlen, der ländlichen Tradition etc. sei ebenfalls auf die Genreserven der Nutztiere im negativen Sinne abzustellen, heißt es weiter.

Auch im Bereich des Wildbestandes wirkt der Wolf nach Ansicht des Bautzener Landrates nicht in der mit seiner Einwanderung erhofften und unterstellten regulierenden Nützlichkeit. „Der Wildbestand und dessen Verhalten haben sich durch den Wolf deutlich verändert“, so Harig, der hier auf eine entsprechende Stellungnahme des Kreisjagdverbandes Bautzen e. V. an das Landratsamt verweist.

Demnach wurde das Muffelwild im Landkreis Bautzen vollständig ausgerottet. Der Rehwildbestand ist in zahlreichen Gebieten zurückgegangen. Die früher in den Wintermonaten vorherrschenden pseudosozialen Sprünge seien kaum noch vorhanden. Rot- und Schwarzwild bildeten bis zu fünffach größere Rudel und Rotten – mit massiven wirtschaftlichen Schäden auf landwirtschaftlichen Flächen. Es sei zu befürchten, dass in Zukunft auch das Damwild durch den Wolf massiv beeinträchtigt wird. Ebenfalls sei das Niederwild, hier besonders die Feldhasen, in seinem Fortbestand stark gefährdet. (pm/rgr)