Hoyerswerda
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Kalte Küche und köstliche Tropfen

Noch sind die Gaststätten zu. Neustarts werden ersehnt. Zum Serienschluss: Westphalenhof Zeißig (Alexander Westphal).

Von Uwe Jordan
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Alexander Westphal, der in badischen Spitzenrestaurants gelernt hat, leitet heute die Küche im elterlichen Zeißiger Westphalenhof.
Er hofft, dass das Haus noch in der Spargelsaison wieder eröffnen kann.
Alexander Westphal, der in badischen Spitzenrestaurants gelernt hat, leitet heute die Küche im elterlichen Zeißiger Westphalenhof. Er hofft, dass das Haus noch in der Spargelsaison wieder eröffnen kann. © Archivfoto: Daniel Reiche

Zeißig. Köche sind die am härtesten kritisierten Künstler“, findet Oliver Westphal: „Wenn du in eine Galerie gehst und ein Bild kaufst, sagst du nicht zum Maler: «Ja, aber an der Stelle hätt‘ ich gern bisschen mehr Grün, dafür da hinten weniger Gelb ...», aber ein Koch muss mit solchen Ansprüchen bis ins allerletzte Detail leben.“ Das sagte der Sommelier und Gastgeber des Westphalenhofes, als das Zeißiger Restaurant in den Spitzen-Gastronomie-Atlas Gault & Millau 2016 aufgenommen wurde und seither dort eine feste Größe ist. Für diesen wiederholten Ritterschlag ist Olivers Bruder Alexander verantwortlich – der Küchenchef.

Jetzt aber bleibt die Küche kalt. Denn einen Abhol- und Lieferservice hat der Westphalenhof nicht eingerichtet. Was hier auf den Tisch kommt, muss auf die Minute serviert werden, lebt neben dem Geschmack von der Präsentation, also von der Optik, und von der Atmosphäre des Hauses; nicht zuletzt von der kundigen Weinbegleitung.

Um es an einem Beispiel zu verdeutlichen: Der Gault & Millau 2017 schwärmt zum Westphalenhof von Alexanders „Paprika-Aprikosensüppchen mit undefinierbarer Schärfe wegen der beruhigenden Basilikumtropfen und des sanft darin schmelzenden geeisten Chorizo-Parfaits ...“ – das in eine Assiette oder Schaumstoffbox zwingen? Unmöglich! Das würde alles ruinieren; das wäre so wie ein Rembrandt im schief gezogenen, von der Zeit fleckig gewordenen Weichplaste-Rahmen.

Also warten, bis das Restaurant wieder öffnet. Bis dahin bleibt der Internet-Blick in die Karte, die dem Motto von Alexander Westphal entspricht: „Es muss geschmacklich «knallen». Säure und Finesse, kross Zubereitetes, unterschiedliche Texturen und Konsistenzen; Abwechslung und raffinierte Saucen und Suppen – das ist es.“ Und wird es wieder werden.

Mit Saisonalem, mit Extravagantem und mit „signature dishes“, Gerichten, die typisch für das Haus sind. Beim Westphalenhof wären das etwa Ravioli in diversen Variationen, „Leipziger Allerlei“ oder das in Panko (extra feinem Paniermehl) „Gebackene Zeißiger Ei“ mit grünem Gemüse.

Derzeit aber steht der Meister nicht am Herd oder an der Arbeitsplatte wie oben im Bild zu sehen, sondern hilft ganz profan beim Renovieren: der Eingangsbereich mit der opulent bestückten Bar (Spirituosen aus aller Welt; vor allem seltene Marken, die es sonst nur in Metropolen gibt) und dem Stammtisch bekommt ein völlig neues Aussehen – man muss die Zeit nutzen. 

Ganz verzichten auf Köstliches aus dem Westphalenhof muss man dennoch nicht, denn Oliver öffnet auf Anruf unter 03571 913944 hin sein fabulöses Weinkontor, das zum Haus an der Dorfaue 43 gehört. Und er hat zwei Tipps parat:

Sauce Hollandaise

Im kleinen Topf ca. 8 angedrückte Pfefferkörner, 1-2 Lorbeerblätter, pro Person eine Schalotte (fein gewürfelt), ca. 150 ml Wasser und soviel Weinessig, dass alles würzig-säuerlich schmeckt, leicht einkochen. Gewürzreduktion zum Abkühlen beiseite stellen.Jetzt die Eigelb (pro Person eines) in eine Rührschüssel geben, die Schüssel in einen passenden Untertopf stellen, der mit Wasser gefüllt ist. Das ganze auf den Herd und bei niedriger Stufe erhitzen. Nun pro Person einen Esslöffel von der Gewürzreduktion zu den Eigelben geben, alles mit dem Schneebesen zu einer schaumigen Créme schlagen. Derweil die Butter (100 Gramm pro Person) verflüssigen (60°C reichen völlig). Wenn die Eimasse warm wird, in einem dünnen Strahl die Butter dazu geben; immer weiter rühren, bis eine homogene Masse von gewünschter Sämigkeit entstanden ist. Mit Salz abschmecken;über den Spargel geben. Dazu genießen Sie nicht nur den Anblick der halb verwüsteten Küche, sondern einen trocken ausgebauten gelben Muskateller. Mein Favorit ist momentan ein Österreicher vom Weingut Rockabilly: Leichte, florale Noten, genau die richtige Menge Säure für die mineralische Note des Spargels und leichte, würzige Noten von Muskat und Birne. Herrlich! 

Kleiner Profi-Tipp: Lieber ein bis zwei Flaschen mehr Muskateller einkaufen, falls die Sauce nicht gelingt! Dann ist das und die eingedreckte Küche egal.