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Klinikclown in Bautzen: "Ich tröste Familien in schweren Stunden!"

Im Landkreis Bautzen gibt es viele Alltagshelden - Menschen, die sich uneigennützig für andere engagieren. Sächsische.de stellt einige vor. Heute: Carmen Schiller aus Gersdorf.

Von Ina Förster
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Carmen Schiller aus Gersdorf bei Kamenz ist seit vielen Jahren als Klinikclown im Bautzener Krankenhaus unterwegs. 14-tägig besucht sie mit einer anderen Ehrenamtlerin die Kinderstation und  bringt Freude in oft schweren Zeiten.
Carmen Schiller aus Gersdorf bei Kamenz ist seit vielen Jahren als Klinikclown im Bautzener Krankenhaus unterwegs. 14-tägig besucht sie mit einer anderen Ehrenamtlerin die Kinderstation und bringt Freude in oft schweren Zeiten. © René Plaul

Haselbachtal/Bautzen. Lange Krankenhauskorridore, Zimmertüren links und rechts. Dahinter Schicksale, so unterschiedlich wie das Leben selbst. Gebrochene Arme und Beine, Gehirnerschütterungen, hartnäckige Viren, fiebrige Lungenentzündungen, schwere Diabetesdiagnosen. Ab und zu ist ein Weinen zu hören. Mütter und Väter stehen angespannt auf dem Flur. Wer auf der Kinderstation des Bautzener Krankenhauses liegt, hat nicht nur einen Schnupfen. Den hat es schlimmer getroffen.

Manche Kinder sind nur ein, zwei Tage da. Andere viele Wochen. Und wenn es nichts mehr zu lachen gibt, dann schlägt Carmen Schillers große Stunde. Einmal im Monat mindestens besucht sie mit einer zweiten Ehrenamtlerin die Kinder auf der Station. Mit buntem Kostüm, lustigem Hut und einer großen Tasche voller Überraschungen. Carmen Schiller ist ein Klinikclown.

Spielt bei Bühnenwerkstatt der Pädagogen seit 2014

Wie sie dazu kam, weiß sie noch genau. "Ich schloss mich 2014 der Bühnenwerkstatt für Pädagogen an, einem Projekt des Bautzener Theaters", erzählt die heute 67-Jährige. Damals arbeitete sie als Leiterin der Kita "Am Haselwäldchen" in Gersdorf bei Kamenz. Seit 1977 war sie Erzieherin, liebte ihren Beruf, der mehr Berufung gewesen sei, meint sie. Und das Theaterspielen, das Verkleiden, in Rollen schlüpfen - das lag ihr schon immer.

Bei einer Fortbildung im Theater leckte sie quasi Blut, spielte fortan in Stücken mit: 2015 gab's "Der kleine Prinz", anschließend "Die schöne Helena" von Peter Hacks, gefolgt von "Frau Luna", einer Operette. "Eine super Zeit war das", schwärmt Carmen Schiller. Den Spielklub gibt es immer noch, seit April 2023 proben zwölf Leute an einem neuen Stück. "Sehnsucht & Glück" heißt es. Und Carmen Schiller ist mittendrin.

2016 zum ersten Mal mit den Clowns ins Krankenhaus

Ganz nebenbei entdeckte die Pädagogin vor Jahren ihre Liebe zur Clownerie. In einem Workshop kam sie zum ersten Mal mit dieser bunten Welt in Berührung. "Ich fand es von Anfang an faszinierend", sagt sie. Die Gersdorferin schloss sich einer losen Gruppe Bautzener Klinikclowns an. "Wir sind kein Verein, das liegt uns fern, aber Menschen mit Herz und Freude daran", erzählt sie.

Ihr habe sofort gefallen, was die Frauen taten. Zur Probe sei sie dann 2016 ein erstes Mal mitgegangen. Sie wollte schauen, ob es auch etwas für sie wäre. Krankenhäuser sind speziell, nicht für jeden sei diese Atmosphäre etwas. Auch Berührungsängste sollte man nicht haben. Manchmal gingen die Schicksale einem schon unter die Haut, sagt sie.

Corona-Pandemie war schwierig für die Clowns

Mittlerweile sind sieben Jahre vergangen. Und Carmen Schiller ist immer noch dabei. Auch die schwierigen Corona-Jahre mit vielen Auflagen hat sie überstanden. Da sei sie als Clown trotzdem mit der Maske zu Kindern ins Krankenhaus gegangen oder habe nur mal durch die Zimmertür geschaut. "Die kleinen Patienten sind so dankbar, das wiegt alles auf", meint sie.

Nun, da sie seit ein paar Jahren in Rente ist, sei es eine wunderbare Abwechslung in ihrem Alltag, auch wenn der kreativen Frau sicherlich nie Langeweile ins Haus steht. Aller zwei Wochen ist Clownszeit in der Klinik, die Frauen wechseln sich ab. "Wir arbeiten da nach einem festen Plan, anders geht es nicht. Das Team vom Bautzener Krankenhaus muss ja wissen, wer wann kommt", sagt sie.

Eltern der Patienten sind oft zu Tränen gerührt

Die Klinikclowns besuchen dabei immer die Kinderstation. Manchmal sind es ganz junge Patienten, die noch auf Mamas Schoß sitzen. Manchmal wollen aber auch die Größeren im Teenie-Alter noch Besuch haben. Mit denen mache sie ein cooles Quiz oder zaubere ein bisschen. "Wir fragen ja vorher, und wer uns absolut nicht sehen will, wird nicht überfahren", sagt sie. "Wir selbst wissen vorher nie, was uns im Zimmer erwartet!" Sie wüssten nur den Vornamen, das Alter des Kindes und ob eine Begleitung dabei ist. Da brauche es Improvisationstalent. Die Krankheit stehe aber nicht im Mittelpunkt.

Die meisten Besuchten freuen sich. Manchmal gebe es sogar Tränen. Tränen der Freude. Eltern und Angehörige seien dankbar, und dann kämen die Emotionen hoch. Es sei ja eine schwierige Ausnahmesituation, in der sich die Familien befinden. "Wenn sie ihre Kinder dann lachen sehen, erwärmt das die Herzen. Ich schenke Lachen, wo es oft nichts zu lachen gibt", sagt Carmen Schiller.

Auch Senioren in der Klinik freuen sich über die Clowns

Manchmal arbeiten die Klinikclowns zehn Zimmer ab, manchmal nur drei. Je nachdem, wie die Belegung ist. "Wenn wenig los ist, schauen wir eben noch auf der HNO-Station vorbei, da liegen auch oft Kinder", erzählt die Gersdorferin. Und auf der Inneren Station seien sie ebenso gern gesehen - dort vor allem bei den Senioren. "Dann singen wir zusammen Volkslieder und reden ein bisschen."

Von 15 bis 17.30 Uhr ist jeweils Clowns-Zeit. Das werde immer in Aushängen angekündigt. "Viele warten schon gespannt auf uns, manche sind traurig, wenn sie gerade an dem Tag entlassen werden", sagt Carmen Schiller. Gegen 18 Uhr gibt es Abendbrot, da müssen die Frauen durch sein. Bis dahin haben sie gut zu tun.

Auf rote Nasen verzichten die Klinikclowns mit Absicht

In Carmen Schillers Zaubertasche verbergen sich die herrlichsten Dinge für Kinderaugen und -ohren. Das "Neinhorn" ist immer dabei, eine Handpuppe, die ganz schön kess sein kann. Auch Seifenblasen dürfen nie fehlen. Mit einem ausziehbaren Staubwedel werden lustige Interviews geführt und mit dem Zauber-Stethoskop Gedanken gelesen. Wenn Kinder frisch operiert sind, werde natürlich etwas Ruhiges gemacht.

"Ich habe mir auch einige Zaubertricks zugelegt im Lauf der Zeit und modelliere Luftballons. Oder wir denken uns Fortsetzungsgeschichten aus, singen viel zusammen", erzählt Carmen Schiller. Ziel sei es, dass Freude aufkommt. "Wir sind aber keine Kasperclowns mit roter Nase - auf die verzichten wir von Anfang an, die machen mehr Angst", weiß sie.

Die jüngste Clownin ist 41 Jahre, der Rest älter. Jede hat einen Namen - von Lesbett bis Trötele, von Alma bis Molly. Aller drei Monate gibt es eine Teambesprechung. "Aktuell sind wir nur noch zu fünft, es könnte gern jemand zu uns stoßen, dann würde es besser aufgehen mit dem Plan", wünscht sich Carmen Schiller. Mitbringen muss man nur Fantasie. Und einen großen Batzen Empathie!