SZ + Kamenz
Merken

Nach Tod der Besitzerin: Happy End für Tiffi

Als eine Kamenzerin plötzlich stirbt, hinterlässt sie einen Hund. Weil viele helfen, hat er nun ein neues Zuhause.

Von Ina Förster
 5 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Veronika Schäfer aus Ohorn hat Hündin Tiffi aufgenommen, nachdem ihre frühere Besitzerin im Dezember nach einem Hirnschlag gestorben war.
Veronika Schäfer aus Ohorn hat Hündin Tiffi aufgenommen, nachdem ihre frühere Besitzerin im Dezember nach einem Hirnschlag gestorben war. © Matthias Schumann

Kamenz/Ohorn. Die kleine Tiffi ist glücklich. Noch vor ein paar Wochen zog sie den Schwanz ein, knurrte jeden ängstlich an und verzog sich lieber unter den Wohnzimmertisch von Familie Schäfer aus Ohorn. Sie "adoptierte" die scheue Mischlingshündin Mitte Dezember Hals über Kopf. Sechs Tage, nachdem ihr Frauchen plötzlich gestorben war.

Ina Hennersdorf aus Kamenz, die in einer lesbischen Beziehung lebte, erlag am 6. Dezember einem schweren Hirnschlag. Sie hinterließ zwei Kinder, um die sich ihre Ehefrau Ramona nicht allein kümmern kann, da sie eine geistige Behinderung hat.

Eine Hilfswelle der Solidarität rollte in Kamenz an. Durch das gemeinsame Wirken von Jugendamt, eingesetztem Betreuer, Patentante Kerstin Herzog und dem Kinderschutzbund verläuft das Leben der kleinen Familie mittlerweile wieder in ruhigen Bahnen. Hunderte Menschen spendeten obendrein Geld, um die Zukunft der Kinder abzusichern.

Aufruf bei Facebook 550 Mal geteilt

Doch Ina Hennersdorf hinterließ neben ihren Kindern Ben-Luka und Anjali-Nina auch besagte Hündin. Wohin mit Tiffi? Diese Frage stellte sich schnell. Während die Hilfsaktion für die Kinder anlief, wurde drei Tage später eine parallele Aktion für die Hündin angeschoben.

Thomas Träber, der mit Patentante Kerstin Herzog befreundet ist, kam ins Spiel. "Sie wusste, dass ich mich um Tiere kümmere, wenn Not am Mann ist", erzählt er. Der Kamenzer Event-Manager hat ein großes Herz - insbesondere für Hunde. "Ich wollte einfach etwas tun, damit Tiffi nicht ins Tierheim muss", sagt er. Ein Aufruf in den Sozialen Medien war schnell verfasst. Und die Resonanz überwältigend.

Ganze 550-mal wurde der Aufruf allein auf Facebook geteilt. Unzählige Interessenten meldeten sich bei Thomas Träber. Er führte viele Telefonate, beantwortete Fragen. Viele seien grundsätzlich hilfsbereit, wüssten aber nicht, was es bedeutet, einen Hund zu haben. Doch dann meldete sich Veronika Schäfer aus Ohorn. "Wir waren schon länger auf der Suche nach einem neuen Hund", erzählt die 63-Jährige. Sie und Träber kennen sich. "Veronika war schnell erste Wahl, denn ich wusste, dass sie Erfahrung mitbringt", sagt Träber.

Die ersten Wochen waren nicht einfach

Tiffi hätte in den ersten Tagen nach dem Tod ihres Frauchens Dutzende Male vermittelt werden können. Doch Veronika Schäfer machte das Rennen. "Sie hat sie gleich nach der ersten Begegnung mit nach Hause genommen", erzählt Thomas Träber.

Die Ohornerin hatte früher bereits große Hunde, zuletzt einen Rottweiler. "Für mich gehörten sie seit der Kindheit dazu. Nun wollten wir eine kleinere Rasse haben, da wir mittlerweile in einer Wohnung leben", erzählt die Fleischfachverkäuferin.

Mit der zweieinhalb Jahre alten Tiffi sei es die ersten Wochen erwartungsgemäß nicht so einfach gewesen. "Sie war scheu und knurrte jeden an, den sie nicht kannte", berichtet Veronika Schäfer. Die Situation mit dem Tod ihrer früheren Besitzerin hatte ihr merklich zugesetzt. Doch Schäfers hatten Geduld.

So lebte sich die Hündin in den zurückliegenden fünf Wochen gut ein. "Wir bekommen das alles langsam hin", sagt ihr neues Frauchen. Hinterm Haus gibt es einen Wald. Da geht es täglich zur Gassi-Runde. Bewegung ist etwas, das Tiffi gefehlt hatte. "Wir sind seit Kurzem auf Diät", sagt Veronika Schäfer und schmunzelt. Der letzte Tierarztbesuch brachte vor allem eines zu Tage: Der Mischling ist zu schwer. "Aber das bekommen wir in den Griff!"

Großer Dank an alle, die mitgeholfen haben

Thomas Träber ist froh, dass es mit Tiffi so gut geklappt hat. "Die Tierheime sind heillos überfüllt, auch durch Corona. Und nach Weihnachten bringen viele verschenkte Tiere zurück. Wer sich ernsthaft für einen Hund interessiert, sollte sich ans Tierheim wenden", rät Träber. Dort gebe es Möglichkeiten, das Tier kennenzulernen, es auszuführen, seinen Charakter zu entdecken. Er selbst habe das mit seiner "Micky" so gehandhabt.

Bei ihren neuen Besitzern machte Tiffi kürzlich einen Sprung nach vorn. "Sie kam erstmals ohne Angst in die anderen Räume der Wohnung", berichtet Veronika Schäfer. Sie hat extra ihren Tagesablauf umgestellt und macht nur noch Spätschichten, damit immer jemand zu Hause ist. "Ein großes Dankeschön an alle, die uns geholfen haben, Tiffi zu vermitteln", sagt Thomas Träber. Auch wenn es "nur" um ein Tier ging, mache so eine Solidarität Hoffnung.

Die Kamenzerin Ina Hennersdorf starb am 6. Dezember an den Folgen eines Hirnschlages, hier mit ihren Kindern Ben-Luka und Anjali-Nina und Oma Marina.
Die Kamenzerin Ina Hennersdorf starb am 6. Dezember an den Folgen eines Hirnschlages, hier mit ihren Kindern Ben-Luka und Anjali-Nina und Oma Marina. © privat

Derweil hat auch die Spendenaktion für die Kinder noch einmal Fahrt aufgenommen. Über 11.000 Euro sind mittlerweile auf dem Konto des Kamenzer Kinderschutzbundes für Ben-Luka und Anjali-Nina eingegangen. Das Geld soll später vor allem für die Ausbildung der Beiden genutzt werden. "Die Spendenbereitschaft war riesig, aber auch die vielen Fragen und Anrufe, die eingingen, berührten uns sehr. Jederzeit gebe ich weiterhin Infos zum Thema", sagt Marita Lehmann vom Kinderschutzbund.