Crostwitz. Der Schulaufstand in Crostwitz sorgte vor 20 Jahren bundesweit für Aufsehen. Daran soll jetzt erinnert werden. Aber nicht nur. "Wir wollen am Montag nicht nur in die Vergangenheit schauen, sondern auch gemeinsam nachdenken über die Schlussfolgerungen für die Gegenwart und Zukunft", so Dawid Statnik, heute Vorsitzender der Domowina, damals als Jugendlicher an Protest-Aktionen beteiligt: Als ein breites Bündnis von Sorben, Deutschen, Vertretern von Kirchen, Parteien und Vereinen, ja sogar mit Unterschützern aus dem Ausland für die Crostwitzer Mittelschule kämpfte.
Sie traten gleichzeitig auch für den Erhalt ihrer sorbischen Kultur ein. Den Aufstand begannen Schüler und Eltern der 5. Klasse am 9. August 2001. Am ersten Schultag des neuen Schuljahres zogen die Kinder gegen den Willen von Kultusministerium und Schulbehörde nach dem Gottesdienst gemeinsam in ihre alte Schule. Eigentlich sollten sie von diesem Zeitpunkt an in Räckelwitz unterrichtet werden. Doch sie besetzten ein Klassenzimmer. Dort wurden sie von pensionierten Lehrern unterrichtet.
Ihr Protest richtete sich gegen die vom sächsischen Kultusministerium beschlossene Schließung der Schule. Ab dem Schuljahr 2001 sollte es in Crostwitz wegen einer zu geringen Schülerzahl keine 5. Klasse mehr geben.
26 Tage hielten die Proteste an, wehrten sich Eltern und Schüler, sammelten 40.000 Unterschriften gegen das Aus. Unterdessen wuchs der Behörden-Druck, ist Berichten von damals zu entnehmen. Den Eltern wurden sogar hohe Bußgelder angedroht. In Verhandlungen sei kein Kompromiss in Sicht gewesen und wohl auch keine Aussicht auf Erfolg. So hätten die Eltern den Aufstand schweren Herzens beendet, heißt es.
Auf einer Protestkundgebung wurde schließlich verkündet, dass die 17 Kinder nun in der sorbischsprachigen Mitteschule Ralbitz lernen sollen. Immerhin sei eine gemeinsame, eigenen Klasse erreicht worden. 2003 wurde die Crostwitzer Schule komplett geschlossen.
„Damals haben wir verloren ", sagt Dawid Statnik. "Gewonnen haben wir aber wachsendes Selbstbewusstsein gerade beim Umgang mit unserer Sprache." Was damals gefordert worden sei - der Erhalt und die Entwicklung lokaler und regionaler sorbischer Sprachräume - stehe heute im Mittelpunkt aller Förderstrategien. Deshalb sei die Erinnerung zwiespältig.
Für das aus diesem Protest gewonnene Selbstbewusstsein spricht auch das Motto für eine öffentliche Veranstaltung am kommenden Montag: „Wir waren – wir sind – wir werden sein“.
Am 6. September gegen 18 Uhr wollen sich Menschen zum 20. Jahrestag des Crostwitzer Schulaufstandes auf dem Schulhof versammeln. Der Domowina-Regionalverband „Michał Hórnik” Kamenz, der Domowina-Dachverband und der Sorbische Schulverein laden zu diesem Gedenken ein - bei schlechtem Wetter in die Mehrzweckhalle. Dann wird in Worten und Bildern an den Aufstand erinnert. So werden auch Zeitzeugen berichten, wie sie diese Tage erlebt haben.
In dem Crostwitzer Gebäude befindet sich heute nach wie vor die Sorbische Grundschule. Der Bereich, den die Mittelschule einst nutzte, wurde inzwischen umgebaut. Hier befinden sich jetzt das Gemeindeamt und der Hort. Mit Werkräumen und Platz für den Sorbischen Schulverein ist auch noch ein Schulbezug vorhanden.
Entstanden ist ein Gemeindezentrum. In dem haben auch der Domowina-Regionalverband Kamenz, die Stiftung für das sorbische Volk mit dem Regionalbüro Crostwitz und das Witaj-Sprachzentrum Platz gefunden.
Die Veranstaltung beginnt am 6. September um 17.55 Uhr mit einer musikalischen Einstimmung durch Kinder der sorbischen Grundschule Crostwitz. Die Veranstaltung findet in sorbischer Sprache statt. Der Veranstalter bietet eine Simultanübersetzung an und bittet um Anmeldung des Bedarfs per E-Mail ([email protected]).