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Trotz Protest: Kamenzer Stadtrat stimmt für neues Gewerbegebiet

Am Kamenzer Flugplatz soll ein Gewerbepark entstehen. Eine Bürgerinitiative ist mit ihrem Einspruch gescheitert - will aber noch Änderungen erreichen.

Von Reiner Hanke
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So könnte der Gewerbepark am Kamenzer Flugplatz einmal aussehen.
So könnte der Gewerbepark am Kamenzer Flugplatz einmal aussehen. © Kottmayr Architekten

Kamenz. Es ist beschlossen: Auf einem Areal von rund 20 Hektar wird zwischen Kamenz und dem Ortsteil Zschornau ein neues Gewerbegebiet entstehen. Der Stadtrat hat für das Areal neben dem Flugplatz den Bebauungsplan auf den Weg gebracht. Erste Visualisierungen zeigen, wie der Gewerbepark einmal aussehen soll.

Bereits als es bekannt wurde, stieß das Vorhaben auf Kritik. Anwohner initiierten eine Petition, um die Pläne zu verhindern. Man habe sich verständigt, sagte Oberbürgermeister Roland Dantz (parteilos) im Stadtrat. Anwohner Dr. Steffen Tomschke bestätigt Gespräche. Das Ergebnis sei aus Sicht der Bürgerinitiative aber eher ernüchternd. Im Wesentlichen laufe dann doch alles so wie geplant.

„Aber wir werden weiter versuchen, uns einzubringen und auf die Gestaltung Einfluss zu nehmen“, kündigt Steffen Tomschke an. „Wir hoffen, noch ein paar Änderungen erreichen zu können.“ Dazu gehöre die Gestaltung der Hallen, sie sollten nicht ganz so wuchtig werden.

Stadtrat steht hinter den Plänen fürs Gewerbegebiet

Grundsätzlich bleibe aber der Wunsch, dass dieses Gewerbegebiet gar nicht entsteht, so Tomschke. „Ich denke nach wie vor, dass es eine falsche Entscheidung ist, das Gewerbegebiet dort zu entwickeln.“ Auch wegen des zu erwartenden Verkehrs. Die Initiative rechnet mit 250 Lkws pro Tag. Was da auf Kamenz zukommt, fürchtet Tomschke, werde vom Stadtrat möglicherweise unterschätzt.

Der steht jedoch weitgehend geschlossen hinter dem Projekt und votierte ohne Gegenstimmen bei zwei Enthaltungen für die Pläne. Die industrielle Entwicklung „sollte nicht hinten anstehen“, formulierte einer der Stadträte. Auch der OB betont immer wieder die Wichtigkeit von Industrie und Wirtschaft für die Region. Außerdem sehen es viele Stadträte positiv, dass mit der geplanten Investition eine Militärbrache beseitigt wird. Das räumt auch die Bürgerinitiative ein.

Investor will 100 Millionen Euro ausgeben

Für um die 100 Millionen Euro wollen Berliner Investoren den Gewerbepark entwickeln. Sie kündigen mehrere Hundert Jobs an, die dort entstehen sollen. Drei Hallen von bis zu 14 Metern Höhe seien vorgesehen. Die sollen für die Nutzer nach deren Vorstellungen hergerichtet werden.

Über die gibt es immer noch keine Aussagen - ein weiterer Kritikpunkt der Anwohner. „Wir sind zurzeit in Gesprächen mit einigen Unternehmen, die als Mieter infrage kommen. Da die Verhandlungen noch nicht abgeschlossen sind, möchten wir hier noch keine Namen nennen“, sagt Dr. Jochen Ehlers, Geschäftsführer beim Investor Dr. Aldinger und Fischer.

Anwohner wünschen sich Manufakturpark

Laut Steffen Thomschke wolle die Bürgerinitiative darauf drängen, dass kein Großinvestor auf das Areal am Stadtrand von Kamenz zieht, sondern kleinere Firmen aus der Region mit eingebunden werden, es solle ein Manufakturpark entwickelt werden. Außerdem fordern die Anwohner, das Gebiet unbedingt im Einklang mit der Natur zu entwickeln und mehr zu begrünen. „Damit nicht am Ende 20 Hektar versiegelt sind“, so Tomschke.

Der Investor hat inzwischen zugesagt, die Bepflanzung mit den Anwohnern noch einmal abzustimmen. Auch zu einer Querung, um die Sicherheit für Fahrradfahrer zu erhöhen, und zur Fassadengestaltung zeigt sich der Investor gesprächsbereit.

Stadtrat lehnt Petition der Bürger ab

Eine Petition der Bürger, die sich einerseits gegen den Bau aussprach, zugleich aber auch Verbesserungen forderte, hat der Stadtrat indes geschlossen abgelehnt. Im Übrigen habe die Stadt Einwände im Bebauungsplanverfahren berücksichtigt und die Vorgaben für den Lärmschutz verschärft, heißt es. Auch beim Hochwasserschutz sei nachgebessert worden. Doch Anwohner haben nach wie vor Zweifel, ob das reicht.

Der Investor verweist auf Experten. Das Entwässerungskonzept sei immerhin von einem Fachbüro geplant worden, so Dr. Jochen Ehlers. Einige Stadträte mahnen aber an, den Schallschutz noch zu verbessern.

Linke fordern Überarbeitung des Verkehrskonzeptes

Von Linken und Grünen kommen Zweifel, ob die Stadt Kamenz das Gewerbegebiet tatsächlich „verkehrstechnisch“ abfangen könne. Die Verkehrssituation sei angespannt, das Verkehrskonzept müsse noch einmal überarbeitet werden, fordern die Linken.

Der OB sieht dagegen die Verkehrsbelastung weniger kritisch. Er würde die Einwände verstehen, wenn das Gewerbegebiet im Kamenzer Süden entstehen sollte, sagt er. Dann wäre die Altstadt stark belastet. Am Flugplatz werde aber nahe der Ortsumgehung S94 gebaut, die zu den Autobahnanschlüssen in Burkau und Ruhland führt. Die Stadt sei an den Freistaat herangetreten, um einen Ausbau der S94 anzuschieben.

Die Stadt verweist außerdem auf die geplante Nord-West-Umfahrung, die Kamenz künftig vom Verkehr entlasten soll. Aktuell haben diese Pläne allerdings einen heftigen Dämpfer bekommen, denn das Landesamt für Straßenbau und Verkehr hat sie "auf ruhend gestellt", wie es heißt.

Den Petenten in Sachen Gewerbegebiet sichert die Stadt aber zu, bei Themen wie Lärm, Verkehrsführung und Gestaltung zusammenzuarbeiten. „Wir wollen mit konstruktiven Vorschlägen das Projekt positiv beeinflussen und hoffen auf die Unterstützung der Investoren und der Stadt“, sagt Anwohner Steffen Tomschke.