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Wird in Pulsnitz genug für den Hochwasserschutz getan?

Ein Bewohner des Pulsnitzer Ortsteils Friedersdorf befürchtet, dass es bei Starkregen zu Überflutungen kommt. Er wünscht sich bauliche Veränderungen. Das sagen die Verantwortlichen dazu.

Von Heike Garten
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Lienhard Philipp steht an der Zillerbrücke, die im Pulsnitzer Ortsteil Friedersdorf über die Pulsnitz führt. Er macht sich seit vielen Jahren Sorgen, dass es bei Starkregen zu Überflutungen kommt.
Lienhard Philipp steht an der Zillerbrücke, die im Pulsnitzer Ortsteil Friedersdorf über die Pulsnitz führt. Er macht sich seit vielen Jahren Sorgen, dass es bei Starkregen zu Überflutungen kommt. © SZ/Heike Garten

Pulsnitz. An das Jahr 2013 kann sich Lienhard Philipp aus dem Pulsnitzer Ortsteil Friedersdorf noch gut erinnern. Beim damaligen großen Hochwasser stand das Wasser in seinem Grundstück an der Mittelstraße. „Zum Glück kam nichts ins Wohnhaus“, denkt der 88-jährige Rentner an die Zeit zurück. Er hat Sorge, dass sie die Situation wiederholt und schon einiges unternommen, ist aber der Meinung, es habe sich bisher nichts geändert.

Lienhard Philipp macht die baulichen Gegebenheiten der Straße und an der Pulsnitz, dem Fluss der durch Friedersdorf fließt, verantwortlich. Und er blickt auch weit in die Vergangenheit zurück. „1949 wurde die Pulsnitz zwischen der Zillermühle und der Mittelmühle verlegt. Sie nimmt also nicht mehr ihren natürlichen Lauf“, weiß der Rentner. Seiner Meinung nach seien dann beim Abwasserbau in den Jahren 1992/93 große Fehler gemacht worden. „An vorhandene 500er-Rohre wurde 400er-Rohre angebaut. Damit ist der Durchfluss natürlich viel geringer“, so Lienhard Philipp.

Die Pulsnitz ist hinter der Zillerbrücke verengt

Beim Bau der Mittelstraße vor Jahren sei außerdem die Fahrbahn angehoben wurde. Dadurch würde bei starken Regen ein Rückstau entstehen, der freie Ablauf des Wassers sei nicht mehr gegeben. Und Lienhard Philipp weist auf ein aus seiner Sicht weiteres Problem hin: In Höhe der Zillerbrücke sei die Pulsnitz verengt wurden. „Es liegen Dreck und Steine am Ufer, Erdmassen, die mal von der Stadt dorthin gebracht wurden. Zum Teil seien diese wieder weggeräumt worden, aber eben nicht alles. Hier gibt es nur einen schmalen Durchfluss, was bei Hochwasser zu Problemen führen kann“, sagt er. Auch Sträucher müssten in diesem Bereich entfernt werden.

Das Foto stammt aus dem Jahr 2020 und zeigt die Pulsnitz nach der Zillerbrücke, wo sie durch Steine und Gestrüpp verengt ist.
Das Foto stammt aus dem Jahr 2020 und zeigt die Pulsnitz nach der Zillerbrücke, wo sie durch Steine und Gestrüpp verengt ist. © privat/Lienhard Philipp

Mit seinen Bedenken hat sich Lienhard Philipp seit der Überflutung schon mehrfach an die Behörden gewandt: an die Wasserbehörde des Landratsamtes, an die Stadt Pulsnitz, speziell an den ehemaligen und auch jetzigen Bauamtsleiter, an die Bürgermeisterin. Es gab fünf Vor-Ort-Termine, es seien aber auch Termine kurzfristig abgesagt worden. „An der Situation hat sich nichts geändert. Ich weiß nicht, was ich noch unternehmen soll“, so der Rentner.

Das sehen die Verantworten von Landkreis und Stadt ganz anders. Schon im Sommer 2022 hatte das Umweltamt in Bautzen Lienhard Philipp mitgeteilt, dass eine Überflutung von Teilen der Mittelstraße und des Keulenbergweges aufgrund der vorhandenen tiefen Lage nicht verhindert werden könne, eine Gefährdung der Grundstücke aber nicht erkennbar sei. Das betont jetzt auch noch einmal Anne Kretschmar von der Pressestelle des Landratsamtes gegenüber Sächsische.de. In einem Risikomanagementplan für die Pulsnitz sei deutlich zu erkennen, dass bei einem Jahrhunderthochwasser „weder das Grundstück von Herrn Philipp, aber auch sonst kaum Wohnbebauungen in diesem Bereich der Mittelstraße überflutet werden“.

Jeder muss Grundstück selbst vor Hochwasser schützen

Das Landratsamt führt in diesem Zusammenhang die Maßnahmen auf, die kreislicher wie auch städtischer Seite in den vergangenen Jahren zum Hochwasserschutz in Friedersdorf geleistet wurden. So habe die Stadt ein Flurstück an der Zillerbrücke beräumt, um eine Entlastung herbeizuführen. „Überdies wurde im Zuge des Ausbaues der Staatsstraße für eine Entlastung des Kanales gesorgt. Dadurch können überschüssige Wassermengen direkt nach Westen in die Pulsnitz fließen“, heißt es von der Behörde.

Vom Umweltamt wurde dem Friedersdorfer schon vor Jahren empfohlen, eine Aufkantung an seinem Grundstück vorzunehmen. Das lehnte er aber ab. Die Behörde verweist in diesem Zusammenhang auch auf die Rechtslage im Bezug auf den Hochwasserschutz. „Grundsätzlich hat jedermann, der durch Hochwasser betroffen sein kann, zuerst selbst Eigenvorsorge zu treffen, insbesondere die Grundstücksnutzung an bestehende Gefahren anzupassen“, heißt es aus der Pressestelle des Landratsamtes.

Auch dieses Foto entstand 2020. An manchen Stellen war durch den Pflanzenbewuchs der Fluss kaum noch zu erkennen.
Auch dieses Foto entstand 2020. An manchen Stellen war durch den Pflanzenbewuchs der Fluss kaum noch zu erkennen. © privat/Lienhard Philipp

Auch der Pulsnitzer Bauamtleiter Kay Kühne betont auf Anfrage, dass sich Verantwortliche der Stadt mehrfach die Situation in Friedersdorf und speziell an der Pulsnitz angesehen und auch Maßnahmen ergriffen haben. So wurde zum Beispiel ein sogenannter Abschlag an einem Teich geschaffen, damit bei zu viel Wasser der Ablaufgraben nicht mehr überlaufen kann.

Auf das Problem der Verengung der Pulsnitz in Höhe der Zillerbrücke angesprochen sagt Kay Kühne: „Die Verengung ist durch das Brückenbauwerk bedingt. Die von Herrn Philipp genannten Dreck- und Steinablagerungen befinden sich dahinter, sind also nicht der Grund, wenn die Pulsnitz an dieser Stelle enger ist.“ Er sieht aktuell keinen Handlungsbedarf im Ortsteil Friedersdorf was mögliche Hochwasser und starke Regenfälle angeht.

Flusslauf der Pulsnitz wurde gesäubert

Inzwischen wurde erst kürzlich zwar der Flusslauf der Pulsnitz in diesem Bereich gesäubert, aber nach Ansicht von Lienhard Philipp müsste an den Uferbereichen noch eine Menge passieren. „Die aufgeschütteten Erdmassen und Steine müssen weg“, sagt er.

Übrigens: Beim jüngsten Hochwasser zu Weihnachten 2023, bei dem auch Straßen und Wiesen an der Pulsnitz aufgrund eines verstopften Wehres überflutet wurden, war der Ortsteil Friedersdorf nicht betroffen. Kein Wasser auf Wiesen, Straßen oder in Grundstücken. Und die Pulsnitz selbst führte zwar etwas mehr Wasser als normal, war aber von einem Überlaufen noch weit entfernt.