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Zappenduster? Stadtrat von Kamenz streitet über die nächtliche Beleuchtung

Im Kamenzer Stadtrat ist ein kurioser Streit über die Straßenbeleuchtung entbrannt. Es geht um Geld, moderne Technik und wohl auch Rechthaberei.

Von Torsten Hilscher
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Kamenz muss sparen, auch bei der Stadtbeleuchtung. Noch immer kämpft der Stadtrat um ein ausgewogenes Konzept.
Kamenz muss sparen, auch bei der Stadtbeleuchtung. Noch immer kämpft der Stadtrat um ein ausgewogenes Konzept. © Archivfoto: Anne Hasselbach

Kamenz. Alles nochmal auf Anfang? Eigentlich wollte die Stadt Kamenz schon festgezurrt haben, wie es künftig um die Beleuchtung für die Ortschaften und für die Innenstadt bestellt sein soll. Schließlich hängt davon eine Menge Lebensqualität ab. Dem steht gegenüber: Bald muss Klarheit herrschen, wie das Stadtsäckel dauerhaft bei diesem Posten entlastet werden kann. Denn die Zeiten sind hart, selbst für Pflichtausgaben steht immer weniger Geld zur Verfügung, keine Kommune kommt um Kassenstürze, strenge Selbstbefragung und enger geschnallte Gürtel herum.

Kein Posten wird ausgespart, mag er - bei Lichte betrachtet - noch so marginal erscheinen. Also auch die Straßenbeleuchtung. Oberbürgermeister Roland Dantz (parteilos) begründet den Zwang: "Die gestiegenen Energiekosten belasten in zunehmender Weise auch den Haushalt der Stadt Kamenz." Für 2023 rechnet das Rathaus mit Mehrkosten von rund 80.000 Euro und Gesamtkosten von über 291.000 Euro.

Am Sparkonzept fürs Licht führt kein Weg vorbei, betont OB Roland Dantz (parteilos). Er verweist auf enorm gestiegene Energiekosten.
Am Sparkonzept fürs Licht führt kein Weg vorbei, betont OB Roland Dantz (parteilos). Er verweist auf enorm gestiegene Energiekosten. © Kristin Richter

Darum war bislang das geplant: Abschaltung der Straßenlampen in Wohngebieten zwischen 0.30 und 4.30 Uhr. Berechnungen zufolge würden damit 67.000 Euro eingespart. Plan B sah sogar eine Abschaltung bereits ab 23 Uhr vor. Zudem sollen alle Hauptstraßen auf LED umgestellt werden, lautete ein weiterer Plan. Knackpunkt blieb vor allem der Umgang mit den Ortschaften: Licht an oder nicht?, lautete nach wie vor die Frage.

Es gab dazu eine Bürgerversammlung und ausgearbeitete Vorlagen der Verwaltung. Ein Bürgerbeteiligungsportal wurde freigeschaltet. Doch bei der Stadtratssitzung am 8. November 2023 geriet wieder einiges anders, wie nun peu à peu durchsickerte.

Schlagabtausch zwischen Linken und der AfD

"Die AfD hat alles durcheinandergebracht", schimpft Stadtrat Alex Theile (Linke) und spricht von Populismus. Völlig überraschend sei ein Antrag eingebracht worden, der inhaltlich nach seinem Dafürhalten so gravierende Auswirkungen mit sich bringen würde, dass darüber nochmal in Ruhe beraten werden sollte. Ein Antrag pro nächtliche Beleuchtung für die Ortschaften, bestätigen die AfD-Stadträte Marcus Weber und Cordula Gneuß auf Anfrage. Denn die Abschaltung dort würde lediglich eine Ersparnis von 1.750 Euro bringen.

"Wenn im Stadtgebiet der Abschaltung Sicherheitsbedenken entgegenstehen, warum werden die Ortsteile ungleich behandelt? Im ländlichen Raum sind die Sicherheitsrisiken noch größer, auch erfolgt größtenteils keine gleichmäßig moderate Ausleuchtung, wobei die einzelnen Ortsteile schlechte Straßenverhältnisse wie geringe Fahrbahnbreite und keine Fußwege aufweisen", argumentieren Gneuß und Weber. Letztlich sei die AfD nach Gesprächen mit Bürgern zu dem Entschluss für den Antrag gekommen. Der Ortschaftsrat Biehla habe diesen Antrag schon befürwortet.

Doch die Linken-Fraktion stellte am 8. November im Stadtrat einen Antrag zur Rücküberweisung der AfD-Idee in die Ausschüsse, dem auch die Mehrheit folgte. Gneuß und Weber sind darüber sauer und betonen, gerade jene Stadträte, welche nicht in den Ortsteilen wohnen, hätten dafür gestimmt. "Die Linke komplett und über die Hälfte der Freien Wähler", berichten Gneuß und Weber weiter.

Thomas Lieberwirth, Stadtrat der Linken, verteidigt dieses Abstimmungsverhalten und schießt zurück: Nie, in keinem Ausschuss oder anderswo, habe die AfD bislang pro nächtliches Licht in den Ortschaften votiert, sei dann aber im Rat ohne Ankündigung damit angekommen. Ohne schriftliche Vorlage. Er wolle das Thema nochmals im Ausschuss haben, weil: "Wenn wir Steuermittel ausgeben, dann müssen wir wissen, was passiert." Seine Fraktion wolle solide Berechnungen über die Effekte sehen, und das bitte möglichst schnell.

Im Übrigen wünsche er sich auch eine klarere Haltung von OB Dantz zum Thema Ortschaften. "Wäre so ein Antrag von uns gekommen, hätte er sofort nach einem Deckungsvorschlag gefragt. Bei der AfD-Idee sei das aber nicht der Fall gewesen", beklagt Lieberwirth.

400 Leuchtpunkte werden modernisiert

So weit der Zank ums Nachtlicht in den Ortschaften. Allerdings einigten sich die Räte inzwischen auch auf erste Punkte des künftigen Beleuchtungskonzeptes. In einem ersten Schritt sollen über 400 Leuchtpunkte ausgetauscht und modernisiert werden. Das bringt Einsparungen von genau 30.831,92 Euro. Zudem wird es wahrscheinlich intelligente Lichtschaltungen geben, die passgenau je nach Himmelslicht an- und ausgehen oder/und Bewegungsmelder haben. Das ist in anderen, auch kleineren Kommunen bereits der Fall und für Großbesteller nicht mehr wirklich teuer. Kamenz will intelligente Lampen zunächst testen.

Fix ist auch: Das Licht soll doch nicht pauschal zwischen 0.30 und 4.30 Uhr in allen Stadtteilen abgeschaltet werden. An bleibt es zum Beispiel in Jesau und Elsteraue, war von der AfD zu erfahren. Zu den anderen Vierteln gibt es noch keine bestätigte Information. Das Thema Ortschaften hingegen wird erst wieder zu Beginn des Jahres 2024 behandelt.