Kamenz. Die Pulsnitzer Straße in Kamenz ist Reibungspunkt für Anlieger und Nutzer. Nicht nur, dass sie streckenweise sanierungsbedürftig ist, sie gehört zu den am meisten befahrenen Straßen durch die Altstadt. Weiträumige Umgehungstrassen wurden jahrelang diskutiert. Doch nichts passiert. Hausbesitzer und -bewohner sind genervt. Denn der Verkehr nimmt eher zu statt ab. In der Woche nutzen Tausende Lkw und Transporter die Straße.
Oft staut es sich stadteinwärts - vor allem auf der unteren Pulsnitzer. Dann hängen die Lkw auf dem Pflaster am Berg fest. Häufig müssen sie wegen Gegenverkehr auf der engen Straße anhalten und kommen dann nicht gut vom Fleck. Oft reicht schon ein intensiver Regenguss. Staus vor der Haustür sind vorprogrammiert.
Testphase zeigte: Lkw können auch woanders lang
Viele Familien wohnen hier, die die baufälligen Häuser in den letzten Jahrzehnten saniert haben. Wer hier ein Haus erwarb, hat das bewusst getan und muss nicht schimpfen. Das hören die Anwohner oft. Doch viele kauften ihre Häuser vor über 20 Jahren. Da ahnte niemand, dass der Lieferverkehr durch das Nadelöhr extrem zunehmen würde. Navis weisen die Pulsnitzer Straße noch immer als kürzeste Strecke zwischen Autobahnabfahrt Pulsnitz und Gewerbegebieten jenseits der Stadt aus.
Als im Oktober 2019 zwei Häuser an der Pulsnitzer abbrannten, war die Straße wochenlang wegen Abriss und Sicherungsarbeiten gesperrt. Das sorgte für Verdruss bei den Autofahrern. Doch es zeigte ganz deutlich: Der Schwerlastverkehr muss nicht durch die Pulsnitzer Straße. Die war nach dem Brand nämlich für den Schwerlastverkehr über zwölf Tonnen gesperrt. "Das lief ohne Probleme", sagte Oberbürgermeister Roland Dantz (parteilos) damals.
Aus der Testphase eine Dauerlösung zu machen, wäre nun die Aufgabe. Dazu wollte die Stadt Gespräche mit Freistaat und Polizei führen, kündigte OB Dantz an. Das war vor genau einem Jahr...
Erste Gespräche zwischen Landesamt und Stadt
Mitte Dezember 2020 kam endlich Bewegung in die Sache. Da gab es ein Treffen zwischen dem Landesamt für Straßenbau und Verkehr (Lasuv) und dem Oberbürgermeister zur Staatsstraße 95. Das kritisierte Pflaster-Stück der unteren Pulsnitzer ist Teil der S 95. Und es stand - neben anderen angedachten Veränderungen - zur Diskussion. Auch im Bauausschuss des Stadtrates kam das Thema vor Tagen auf die Tagesordnung. Aber es gibt unterschiedliche Sichtweisen und Wünsche der Anwohner.
Bürgerinitiative möchte Asphalt und Zebrastreifen
Die Bürgerinitiative Pulsnitzer Straße/Vorstadt gründete sich vor zehn Jahren. Die Anwohner um Jens Krüger, Siegfried Lade und Andreas Köckritz positionieren sich für eine Asphaltierung des Streckenabschnittes vor ihrer Haustür. Und hoffen, dass sich dadurch die Lebensbedingungen und die Verkehrssicherheit deutlich verbessern. Zumindest das Tempolimit von 30 km/h kam bereits. "Viele Fahrzeuge fahren dennoch immer noch zu schnell, und eine Geschwindigkeitsmessung erfolgt in der Regel an anderer Stelle", sagt Krüger. "
Sanierte Häuser zeigen deutliche Rissbildungen, den Feinstaub könne man nicht nur messen, sondern sehen. Und der Lärm führe zu einer Beeinträchtigung der Lebens- und Wohnqualität. Zudem würden Fußgänger, Radfahrer und Schüler gefährdet. "Die Grundschüler vom Gickelsberg müssen an gefährlicher Stelle die Straße queren. Das geht am Morgen nur mit einem Schülerlotsen."
Deshalb kämpft die Initiative um einen Zebrastreifen in Höhe Stiftgässchen. "Um an die Einhaltung der Höchstgeschwindigkeit zu erinnern, wünschen wir uns ein Smiley- oder Dialog-Display", sagt Jens Krüger. Hauptwunsch ist die Asphaltierung der Straße. "Ein Austausch des Belags führt nicht nur zur Lärmminderung, sondern sorgt auch für Verkehrssicherheit", so die Bürgerinitiative. Zumindest kurzfristig wären dies Lösungen.
Eine Umverteilung des Lkw-Verkehrs zulasten der umliegenden Ortschaften kommt für die Initiative nicht in Frage. "Wenn, dann nur über eine richtige Umgehungsstraße. Doch Praxis und Theorie gehen hier stark auseinander", so Krüger.
Andere Anlieger fordern Lkw-Verbot und Leitsystem
Ein paar hundert Meter weiter beginnt die obere Pulsnitzer. Diese zeichnet sich durch vorhandenen Asphaltbelag aus. Erst am Roten Turm wechselt der zu Pflaster. Auch hier kämpfen Anwohner mit Tücken. Zum Beispiel Anne Hasselbach und Jan Eickhoff.
Doch sie haben eine etwas andere Sicht auf die Dinge als die Bürgerinitiative. "Was nutzen uns Schnellschüsse?", fragt Anne Hasselbach. "Lädt eine komplett asphaltierte Pulsnitzer nicht erst recht zum Rasen ein?" Sie könnten den Wunsch nach einer schnellen Lösung der anderen Hausbesitzer gut verstehen. Ihnen wäre aber eine zusätzliche Tonnage-Begrenzung wichtig.
"Hier müssen langfristige Maßnahmen her, ein kluges Leitsystem", findet Anne Hasselbach. Die Stadt solle umsichtig entscheiden und sich auch für ein Lkw-Verbot einsetzen. Pulsnitz habe dies vorgemacht - mit Erfolg. "Doch davon ist aktuell keine Rede mehr. Warum?", will Anne Hasselbach wissen. "Die bloße Asphaltierung sehen wir ehrlich gesagt etwas skeptisch."
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