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Waldbrand in der Sächsischen Schweiz: Forstleute schlagen vorsorglich Schneisen

Das Feuer ist nur noch etwa 800 Meter Luftlinie entfernt. Deshalb greift man auf der deutschen Seite des Nationalparks jetzt zu härteren Maßnahmen.

Von Anja Weber
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Im Nationalpark Sächsische Schweiz werden Schneisen in den Wald geschlagen. Das geht nur mit schwerer Technik, alles andere wäre zu gefährlich.
Im Nationalpark Sächsische Schweiz werden Schneisen in den Wald geschlagen. Das geht nur mit schwerer Technik, alles andere wäre zu gefährlich. © Karl-Ludwig Oberthür

Dröhnend frisst sich der Harvester durch die dürren Fichten, es knackt und schon hängt der Baum am Haken und wird erst einmal etwas weiter weg abgelegt. Baum für Baum arbeitet sich Bertram Seidel in seinem schweren Gerät vorwärts. Gegenüber auf tschechischer Seite fliegen über dem Donnerberg die Hubschrauber mit ihren Wassersäcken, einer nach dem anderen.

"Das sind etwa 800 Meter Luftlinie. Und dahinter löschen die tschechischen Kameraden den Waldbrand", sagt Matthias Protze, langjähriger Leiter im Hinterhermsdorfer Forstrevier. Hier oben stehen massenhaft abgestorbene Fichten, das Gras ist prasseldürr. Bei jedem Schritt knacken trockene Zweige unter den Füßen. Und es wirkt schon fast gespenstisch, wenn man zu dem nahen Hügel und den Hubschraubern schaut. Jeder Windhauch wird hier sorgenvoll registriert. Deshalb müssen jetzt breite Schneisen geschlagen werde, damit die Feuerwehrfahrzeuge auch durchkommen.


Am Sonntag hatte die Einsatzleitung in Bad Schandau entschieden, auch hier mehrere Rettungswege freizuschneiden. Seit Freitag erfolgt das bereits in anderen ebenfalls betroffenen Gebieten. "Das ist eine Vorsorgemaßnahme. Sollte der Wind drehen und es kommt zum Funkenflug, brauchen wir hier eine neue Rettungsgasse für die Feuerwehrfahrzeuge", sagt Nationalparksprecher Hanspeter Mayr.

Die gefällten Fichten wurden erst einmal abgelegt. Sie nun noch abzutransportieren, würde zu viel Zeit kosten.
Die gefällten Fichten wurden erst einmal abgelegt. Sie nun noch abzutransportieren, würde zu viel Zeit kosten. © Karl-Ludwig Oberthür

Etwa 2.000 Hektar des Nationalparks ziehen sich an der Grenze zu Tschechien entlang. Das Waldgebiet um den Raumberg ist das zweitgrößte. Und der Rettungsweg der jetzt freigeschnitten wird, ist die einzige Zuwegung. Jetzt müsse Platz geschaffen werden, dass etwa zehn Feuerwehrfahrzeuge untergebracht werden können. Diese brauchen eine Stellfläche. Dazu braucht es Möglichkeiten, wo mobile Wassertanks stationiert werden können. Funken können, so weiß Matthias Protze über 800 Meter weit fliegen. In dieser Entfernung liegt der Donnerberg und dahinter gibt es viele kleinere Brände und versteckte Glutnester. Und schon ein Funke reicht aus. Deshalb macht man sich jetzt Sorgen. Dazu kommt, dass im Brandfall auch noch Nachsorge zu betreiben wäre. Auch dafür braucht man Platz.

Technik soll die Menschen schützen

Harvester und Forwarder kommen aus der Maschinenstation Königstein. Leiter Dirk Schneider hat extra für diesen Einsatz seinen Urlaub abgebrochen. "In zwei Tagen haben wir hier viel geschafft. Das Holz wird aber nicht abgefahren, sondern erst einmal im Wald abgelegt. Der Abtransport jetzt würde zu viel Zeit kosten", sagt er. Im Vordergrund stehe jetzt erst einmal die Rettungsgasse. Etwa zehn Meter nach links und zehn Meter nach rechts arbeitet sich der Harvester in den Wald. Letztlich entsteht so eine zwischen 20 und 30 Metern breite Fläche. Auch die bereits abgebrochenen Bäume müssen bis auf die Stümpfe beseitigt werden, sonst könnten die Fahrzeuge der Feuerwehren nicht durch. Der Brückengrund wurde ebenfalls freigeschnitten.

Hanspeter Mayr, Matthias Protze und Dirk Schneider legen fest, wo die Schneisen entstehen.
Hanspeter Mayr, Matthias Protze und Dirk Schneider legen fest, wo die Schneisen entstehen. © Karl-Ludwig Oberthür

Die noch stehenden Borkenkäferbäume hier oben seien sehr instabil. "Es ist wichtig, dass wir die Leute vor Ort schützen. Deshalb arbeiten wir hier mit Maschinen. In diesen sitzt man relativ sicher", sagt Hanspeter Mayr. Aus der jetzt schon gesammelten Erfahrung gehe man nicht von einer Feuerwalze aus. Da gebe es keine Chance. Bei einzelnen Glutnestern hat man die aber auf jeden Fall. Das hätten die letzten Tage auch gezeigt. Und sicherlich werde man in Auswertung der jetzigen Brände einiges für die Zukunft mitnehmen müssen.

Ein weiteres Problem ist die Wasserversorgung in diesem Bereich. Umso weiter nördlich wir hier kommen, haben wir kein Wasser mehr. An der Niederen Schleuse wird jetzt aktuell Wasser angestaut und aus der Oberen Schleuse kann man auch Wasser entnommen werden. Aber Richtung Weißbachtal ist fast nichts mehr. Deshalb müssten im Notfall auch große Wasserbehälter aufgestellt werden, aus denen die Hubschrauber befüllt werden könnten. Man ist da offenbar schon mit umliegenden Agrargenossenschaften in Verhandlung. Mehr, als sich vorbereiten, könne man nicht tun.

Aber die Männer sind sich wohl auch im Klaren darüber, dass man hier aus den Erfahrungen lernen müsste. "Wir wissen, dass das schnelle Freischneiden sicherlich eine Ausnahme ist. Aber wir müssen in Zukunft darauf achten, dass die Rettungswege tatsächlich frei sind. Wie wir ja jetzt sehen, muss das Ganze gepflegt werden", sagt Matthias Protze mit Blick auf den nun fast freigeräumten Weg. Die Wiese am Ende ist ebenfalls frei, sodass dort genügend Feuerwehrfahrzeuge und auch die Wassertanks hin könnten. Doch hoffentlich kommt es nicht so weit, denken alle hier oben im dürren Borkenkäferwald nur 800 Meter von größeren Brandherden entfernt.

Kriechende Feuer mit Spezialmittel auskühlen

Am Großen Winterberg und im Zschand-Gebiet sind derzeit viele Feuerwehrleute dabei, einen Schaumteppich auszubringen. Damit solle verhindert werden, dass sich das Feuer weiter unterirdisch ausbreiten könne. Dass dies in einigen Bereichen schon mit einer Tiefe von etwa einem halben Meter geschehen ist, hatten am Wochenende Aufnahmen aus der Wärmebildkamera eines Helikopters gezeigt. Mit dem speziellen Löschmittel soll der Waldboden ausgekühlt werden.

Wieder weit über 500 Einsatzkräfte täglich vor Ort

Perspektivisch sei eine Entspannung der Lage vor allem von der Witterung abhängig, sagte Thomas Kunz, Pressesprecher im Landratsamt. Ein ergiebiger Landregen über mehrere Tage könne das Brandgeschehen deutlich abmildern und die Arbeit der Einsatzkräfte wirkungsvoll unterstützen. Der allerdings ist laut Deutschem Wetterdienst für dieses Gebiet noch nicht in Sicht. Vielmehr soll in den nächsten Tagen die Temperaturen wieder die 30-Grad-Marke überspringen.

Auch am Montag waren wieder um die 550 Einsatzkräfte vor Ort. Eine Drohne hatte Sonntagabend einen weiteren Brandherd aufgespürt. Dieser wurde am Montag hauptsächlich bekämpft. Und dann gab es eben auch die anderen verschiedenen immer wieder aufflammenden Glutnester.

Mittlerweile 1.100 Feuerwehrleute bekämpfen den Waldbrand in der Böhmischen Schweiz. Hauptaufgabe der Einsatzkräfte auch auf tschechischer Seite sei es ebenfalls, eine unterirdische Ausbreitung des Brandes im Waldboden zu verhindern. Im Einsatz sind dort 250 Feuerlöschfahrzeuge sowie 18 Hubschrauber und fünf Löschflugzeuge. Zwölf der Hubschrauber kommen aus Deutschland und helfen im Nachbarland. Im Böhmischen Nationalpark sind 1.060 Hektar betroffen auf sächsischer Seite 150 Hektar.