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Freie Wähler: Boykott im Königsteiner Rat?

Die Festungsstadt wollte den Haushalt für 2021/22 beschließen. Daraus wurde nichts. Denn eine Fraktion fehlte geschlossen. Die CDU wittert einen Blockade.

Von Katarina Gust
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Straffe Tagesordnung, doch kein Beschluss. Zweimal in Folge fiel die Stadtratssitzung in Königstein aus.
Straffe Tagesordnung, doch kein Beschluss. Zweimal in Folge fiel die Stadtratssitzung in Königstein aus. © SZ/Katarina Gust

Es sollte der Masterplan für die kommenden zwei Jahre werden. Die Stadt Königstein wollte diese Woche den Etat für 2021 und 2022 festzurren. Am Montag stand der Doppelhaushalt auf der Tagesordnung des Stadtrates - zusammen mit 13 weiteren Punkten.

Bis zur Vorstellung des Investitionsplanes kam es jedoch gar nicht. Der Grund: Von den 14 Stadträten plus Bürgermeister Tobias Kummer (CDU) waren lediglich sieben zur Sitzung erschienen, acht Personen nahmen nicht teil. Das Gremium war damit nicht beschlussfähig. Ratschef Kummer hoffte bis zur letzten Minute, dass die Zahl der Anwesenden auf acht wächst. Denn damit hätte der Rat tagen können. Die Stühle blieben jedoch leer.

Acht Stadträte fehlten entschuldigt

Dass ein Stadt- oder Gemeinderat wegen zu wenig Teilnehmern ausfällt, ist kommunalpolitisch eigentlich nicht ungewöhnlich. In Königstein schon. Denn sechs der entschuldigten Räte gehören zur Fraktion der Freien Wähler und der Linken. Diese fehlte damit komplett. Außerdem hatte sich Stadträtin Carmen Steglich (parteilos) entschuldigt.

Dass eine gesamte Fraktion nicht zum Stadtrat erscheint, dieser Umstand sorgte bei der CDU-Fraktion und der Bürgerinitiative Königstein, für heftige Kritik. "Das ist eine absichtliche Strategie der Freien Wähler und der Linken, die nicht hinzunehmen oder zu entschuldigen ist", äußerte CDU-Fraktionsvorsitzende Simone Hartmann. Mit dem Verhalten werde die Arbeit der Stadt blockiert.

Ein Vorwurf, den die Freien Wähler schon mehrfach von der CDU zu hören bekommen haben. Im Königsteiner Stadtrat kommt es zwischen beiden Parteien nicht selten zu Auseinandersetzungen. Die Fraktion der Freien Wähler und der Linken bildet mit sieben Vertretern keine Mehrheit. Die CDU mit Bürgermeister Tobias Kummer und der Bürgerinitiative Königstein, die insgesamt auf ebenfalls sieben Stimmberechtigte kommen, auch nicht. Eine Patt-Situation.

Hartmann wollte vom Bürgermeister zudem wissen, aus welchen Gründen sich die Räte entschuldigt hätten. Zwei der Stadträte befänden sich laut Kummer im Zusammenhang mit Corona in Quarantäne. Andere hätten kurzfristig aus beruflichen Verpflichtungen, gesundheitlichen Gründen oder wegen anderer Terminzusagen die Teilnahme am Stadtrat abgesagt. "Seit letzter Woche Dienstag gab es täglich Abmeldungen", sagte Kummer.

Mehr Probleme verursachen als lösen

Für Königstein sei es ungünstig, dass die Sitzung ausfallen muss. Denn bereits der reguläre Stadtrat Ende März musste abgesagt werden. Damals hätten sich sowohl Tobias Kummer, als auch seine drei Vertreter coronabedingt in Quarantäne befunden. Dass nun auch der Nachholtermin platzt, "ist mehr als ärgerlich", sagte Kummer. Auch er witterte eine Strategie in der geschlossenen Nicht-Teilnahme der Freien Wähler und der anderen beiden Stadträte. "Das hemmt und blockiert gezielt die Arbeit der Verwaltung", kritisierte er. Als Stadtrat müsse man Prioritäten setzen. Es bestehe eine Pflicht an der Teilnahme der Sitzungen. Arbeitgeber seien zum Beispiel verpflichtet, Mitarbeiter für solche Termine freizustellen. Gerade, wenn sie so wichtig wie an diesem Tag seien. "Es ist deshalb schon sehr fragwürdig, wie sich einige Vertreter der Bürgerschaft verhalten", sagte er.

Schärfere Worte fand CDU-Stadtrat Tobias Eibenstein, der das Verhalten als "Mechanismus" bezeichnete. "Wir machen das hier nicht zum Vergnügen", sagte er. Jeder opfere seine Freizeit beziehungsweise einen Teil seines Privatlebens, um sich auf die Termine vorzubereiten. Das sei umsonst gewesen. Mit solch einem Verhalten würde man keine Probleme lösen, sondern mehr Probleme verursachen. Er zeigte auf, welche Folgen die gestrichene Sitzung für Königstein hat. Ohne Haushalt könne die Kommune keine Pflichtaufgaben erfüllen. Eibenstein behielt sich vor, das Fehlen kommunalrechtlich prüfen zu lassen.

Freie Wähler werten Vorwürfe als "Frechheit"

Die Freien Wähler wehren sich auf Nachfrage von Sächsische.de vehement gegen den Vorwurf, mit dem Fehlen eine Strategie zu verfolgen. "Wenn zu einer nicht geplanten Versammlung geladen wird, muss damit gerechnet werden, dass nicht alle Geladenen daran teilnehmen können", sagt Stadtrat Frieder Haase. Es spiele weder Taktik eine Rolle, noch solle die Verwaltung blockiert werden. Drei Räte der Fraktion hätten aus gesundheitlichen Gründen nicht teilnehmen können. Mitglieder könnten sich zudem in Quarantäne befinden. Haase selbst hätte sich entschuldigt, weil ein dienstlicher Termin anstand, an dem er teilnehmen musste. "Die Vorwürfe verweise ich somit ins Reich der Phantasie", äußert er.

Haase, Ex-Bürgermeister von Königstein, spielt den Ball in dem Zusammenhang an die Stadtverwaltung zurück. Die reguläre März-Sitzung, die ausfallen musste, weil Kummer und seine Vertreter in Quarantäne waren, sei auch abgesagt worden - aber ohne die Öffentlichkeit zu informieren. Eine ähnliche Situation wie jetzt. "In diesem Fall wird auch nichts unterstellt", kontert Haase. Für ihn ist der Vorwurf einiger Mitglieder der CDU-Fraktion nicht nachvollziehbar. "Es ist aus meiner Sicht einfach nur eine Frechheit, welche man vielleicht denken kann, aber niemals öffentlich äußern sollte", meint er.

Zu der Nachholsitzung sei zudem am Gründonnerstag eingeladen worden. Frieder Haase habe das Schreiben erst am Ostersonnabend zur Kenntnis genommen. "Die Sitzung wurde weder mit den Stadträten abgestimmt, noch rechtzeitig vorher angekündigt", kritisiert er. Letzteres sei laut Kummer so nicht richtig. "Die Einladung zur letzten Sitzung ist elf Tage vorher raus gegangen, sieben sind Pflicht", entgegnet der Bürgermeister. Richtig ist, dass der Nachholtermin nicht mit jedem Stadtrat abgestimmt wurde. Das sei normal. Laut Kummer soll die ausgefallene Sitzung nächste Woche nachgeholt werden.

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