Görlitz
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Tipp: Uraufführung mit Kammerchor

Einst wurde ein Lied jedes Jahr in Lauban gesungen. Dann wurde es vergessen. Görlitzer entdeckten es jetzt neu.

Von Peter Chemnitz
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Die Frauenkirche in Lauban.
Die Frauenkirche in Lauban. © Peter Chemnitz

Und dann fasst sich Pfarrer Cezary Królewicz doch noch ein Herz. Da ist das letzte Lied längst verklungen, sind die Dankesworte ausgetauscht, die langstieligen "Rosen des Mutes" an die deutschen Gäste verteilt. Das Publikum schickt sich an, aufzustehen und die Laubaner Frauenkirche zu verlassen. Und da sagt dieser Pfarrer, schüchtern wie ein kleiner Schuljunge, aber mit der Stimme eines Predigers, ob denn der sehr geehrte Herr Kirchenmusikdirektor Seeliger und sein geschätzter Görlitzer Kammerchor für ihn, den Hirten der wenigen im Umkreis von Lauban, Reichenau, Bunzlau und Zgorzelec lebenden evangelischen Schafe, einige alte deutsche sogar darunter, noch einmal dieses wunderbare Lied "Mein Lauban! Wach auf aus sündlichen Schlafe" singen könnte. Er wolle es so gern mit seinem Handy aufnehmen.

Und natürlich nickt Reinhard Seeliger freudig, der das Lied vertont hat, weil ihn die Görlitzerin Margrit Kempgen darum gebeten hat. Und die hat den Text wiederum in einem uralten Gesangsbuch neu entdeckt. Und in dieses ist es gekommen, weil die Laubaner seit dem verhängnisvollen Stadtbrand vom 14. Juli 1760 alljährlich dieses Ereignis in einem Brandfest gedachten und dabei auch Lieder sangen. Und da diese alle Bürger kannten, hatte es niemand als nötig erachtet, dem Gesangsbuch Noten beizufügen.

Görlitzer vertont 260 Jahre altes Lied neu

Jenes 260 Jahre alte Lied, von Seeliger vertont, ist am gestrigen Sonnabend in der Laubaner Frauenkirche vom Görlitzer Kammerchor uraufgeführt worden. Und es hat das Herz von Pfarrer Królewicz entflammt und nun will dieser mit seinem Videomitschnitt die Laubaner Christen mitreißen: "In Hoffnung recht stark/wirf dich in die Arme von Gottes Erbarmen!/Gott, der sich verbarg, der baut dich auch neu./Mein Lauban, drum sei in Hoffnung nur stark!"

"Damit mache ich eine kleine Revolution in der Stadt", versichert nach der eigens für ihn gesungenen Zugabe Pfarrer Królewicz und schwenkt sein Handy. Die Gäste, die meisten sind aus Görlitz angereist, marschieren da schon brav in Reihe und die Mundtücher aufgesetzt – Obowiazkowa maseczka ochronna – in Richtung Ausgang, werfen Geldstücke und vor allem Scheine in die Spendenbox und eilen zu ihrem wartenden Bus und den Privatfahrzeugen.

Benefizkonzert für Orgel in Lauban

Die Görlitzer waren in das nahe Lauban gereist, um die dortigen evangelischen Christen mit einem Benefizkonzert zugunsten der Eichler-Orgel zu unterstützen. Nach den heißen Sommerwochen befindet sich das einst in Görlitz gebaute Instrument in einem unspielbaren Zustand. KMD Seeliger führte dem Publikum vor, welche Misstöne die Königin der Instrumente von sich gibt, wenn sie nicht einmal auf dem letzten Loch mehr pfeift beziehungsweise wenn durch das trockene Holz die Luft entweicht.

Mehr als neunzig Minuten erfreuten der Kammerchor und die Flötistin Angela Ladewig unter Leitung von Reinhard Seeliger ihr Publikum mit Werken des Laubaners Johann Knöfel (1525 bis 1617), Antonio Vivaldi, Georg Philipp Telemann, Carl Philipp Emanuel Bach und dessen Vater, Johann Sebastian Bach. Und am fröhlichsten stimmte alle das "Neue teutsche Liedlein" von Knöfel, das so schöne Zeilen enthält wie "Wenn der mund sprichst: Gott grüß dich, so sagt das hertz: hüte dich" oder "Frölich zu sein in ehren beim wein, kan uns niemand nicht wehren".

Das schönste aber ist, dass das Benefizkonzert heute wiederholt wird. Mit einer funktionierenden Orgel. Und dafür muss man nicht einmal nach Lauban fahren, sondern es reicht, sich vor 18.30 Uhr in der Görlitzer Peterskirche eingefunden zu haben.

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