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Urteil nach versuchtem Mord an Dresdner Döner-Imbiss

Auf ein freundliches "Hallo" antwortet ein 37-Jähriger mit einem Messerstich. Für die Attacke in der Dresdner Friedrichstadt ist der Täter nun verurteilt worden.

Von Alexander Schneider
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Ein 41-jähriger Dresdner ist im Mai dieses vor einem Döner-Imbiss in der Friedrichstadt niedergestochen worden. Der Täter ist nun verurteilt worden.
Ein 41-jähriger Dresdner ist im Mai dieses vor einem Döner-Imbiss in der Friedrichstadt niedergestochen worden. Der Täter ist nun verurteilt worden. © Symbolfoto: Sebastian Schultz

Dresden. Der Angeklagte macht drei lange Sitzungstage keine Angaben zur Tat und zu dem, was ihm am Abend des 4. Mai dieses Jahres möglicherweise durch den Kopf gegangen ist. Am Ende hat das Schwurgericht keine Zweifel mehr. Franz L. muss wegen versuchten Mordes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung für sechs Jahre und zehn Monate ins Gefängnis.

Als der Vorsitzende Richter Herbert Pröls am späten Donnerstagnachmittag im Landgericht Dresden das Strafmaß verkündet, schüttelt L. kurz den Kopf. Es ist eine der wenigen Reaktionen des 37-Jährigen. Das Gericht ist überzeugt, dass der Angeklagte sehr spontan und unerwartet auf sein Opfer eingestochen hat.

Täter brach Verfolgung erst ab, als Passanten auftauchten

Das Opfer ist der 41-jährige Requisiteur Martin R. aus der Friedrichstadt, der sich an jenem Abend noch schnell einen Döner holen wollte. Vor dem Imbiss in der Wachsbleichstraße sah er einen Mann, den er nicht kannte, und grüßte ihn mit "Hallo". Doch der Mann, Franz L., beleidigte den 41-Jährigen derb mit "Fotze" und Ähnlichem. Als R. sein Rad anschloss, spürte er einen heftigen Schlag in seinen Rücken. Doch der vermeintliche Schlag war ein Stich mit einem Messer, das L. in seiner Hand hielt.

R. rannte weg, L. folgte ihm. Als zwei Fußgänger auftauchten, drehte L. ab und R. stellte nun fest, dass er stark blutete. Das Paar rief Polizei und Rettungsdienst und versorgte R.s stark blutende Wunde. Ohne diese Hilfe hätte er den Abend nicht überlebt – auch davon ist das Gericht überzeugt. R. war nach seiner Notoperation zwei Wochen in der Klinik und drei Monate krankgeschrieben.

Franz L. wurde noch in der Nähe gefasst. Er hatte sich sofort ergeben. Auch wenn der Angeklagte nun keine Angaben zum Geschehen mache, so spreche auch diese Reaktion doch für sich, sagt Pröls.

Alkoholiker seit der Jugend

Gern hätte das Gericht mehr erfahren, wie es zu der Tat gekommen war. Der Geschädigte habe keinen Fehler gemacht, als er auf L. getroffen war, betont Pröls. Und doch sei es ein Fehler gewesen. Denn Franz L. brauchte nicht viel, um seine Aggression herauszulassen. Schon dass ihm der Rücken zugewandt wurde, nachdem er den Radfahrer beleidigt hatte, müsse für den Angeklagten "zu viel Provokation" gewesen sein. Und er stach zu.

Das Gericht erkannte in dem Angriff das Mordmerkmal Heimtücke, R. habe nicht mit einem Angriff rechnen können. Der Mordvorwurf kam erst in der Beweisaufnahme auf, zunächst hatte die Staatsanwaltschaft L. wegen versuchten Totschlags angeklagt.

Franz L. ist Alkoholiker seit seiner Jugend. Auch zum Tatzeitpunkt hatte er etwa 2,6 Promille Alkohol im Blut. Das Gericht wertet das als Enthemmung – doch weil L. Alkohol und Drogen gewohnt sei, sei seine Steuerungsfähigkeit nicht eingeschränkt gewesen. Er habe gewusst, was er tat. Kurz zuvor hatte L. in einem Spätshop eine Getränkedose gekauft. Weil er nicht genug Geld hatte, war er auch schon in diesem Laden plötzlich ausgerastet, hatte die Verkäuferin beleidigt und einen Kühlschrank demoliert. Diese Vorwürfe stellte das Gericht im Hinblick auf die schwereren Vorwürfe ein.

Franz L. hat als Jugendlicher eine Einzelhandelslehre abgebrochen und seit dem nicht mehr Fuß gefasst. Er ist ungelernt, wohnungslos, vielfach vorbestraft, hafterfahren. Mehrere Therapien hatten keinen Erfolg gebracht. In seinem letzten Wort sagte L., er bedauere R.s Verletzungen. Die Staatsanwaltschaft hatte sogar neun Jahre Haft gefordert. Verteidiger Hansjörg Elbs dagegen war von dem Mord-Vorwurf nicht überzeugt. Er forderte eine Verurteilung von viereinhalb Jahren wegen gefährlicher Körperverletzung.