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Sechs Beispiele, wie uns generative KI im Alltag hilft

Urlaubsplanung per ChatGPT? Kein Problem, sagt KI-Kenner Stefan Göllner. Wenn wir der KI die richtigen Befehle erteilen – und ihre Grenzen beachten.

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Generative KI will nicht nur bei der Haustierhaltung helfen, sie kann auch süße Katzenbilder generieren. Dieses hier wurde mit der Bezahlversion von ChatGPT erstellt. Der verwendete Text-zu-Bild-Generator heißt DALL∙E.
Generative KI will nicht nur bei der Haustierhaltung helfen, sie kann auch süße Katzenbilder generieren. Dieses hier wurde mit der Bezahlversion von ChatGPT erstellt. Der verwendete Text-zu-Bild-Generator heißt DALL∙E. © ChatGPT/DALL∙E

Von Stefan Göllner

Alle sprechen von Künstlicher Intelligenz (KI). Doch wie verstehen auch Laien ihr Funktionsprinzip? Wie kommen sie mit KI-Unterstützung zu Ergebnissen, die im Alltag nützlich sind? Diese Fragen möchte ich in diesem Text beantworten. Doch bevor ich Beispiele nenne, wie uns ChatGPT und Co. im Alltag helfen können, möchte ich einige Begriffe klären. Zuerst den der „generativen KI“, denn die entwickelt sich gerade besonders spannend. Generative KI heißt: Die Künstliche Intelligenz generiert auf Grundlage vorhandener Inhalte neue, einzigartige Inhalte. Das können Texte und Bilder, aber auch Videos, Musik oder Stimmen sein.

Stefan Göllner (47) ist studierter Designer und seit 2020 Innovationsmanager im Stifterverband für den KI-Campus. Seine Aufgabe besteht unter anderem darin, Vernetzungs- und Bildungsformate zu entwickeln.
Stefan Göllner (47) ist studierter Designer und seit 2020 Innovationsmanager im Stifterverband für den KI-Campus. Seine Aufgabe besteht unter anderem darin, Vernetzungs- und Bildungsformate zu entwickeln. © KI-Campus/Stifterverband

Um das bekannteste, von der US-Firma OpenAI entwickelte System ChatGPT zu verwenden, genügen ein Name und eine Mailadresse. Mit diesen Angaben können Sie sich auf chat.openai.com registrieren. Für das Konkurrenzprodukt Google Bard ist ein Google-Konto notwendig. Wer einen Dienst ohne Anmeldung sucht, kann HuggingChat ausprobieren. Manche dieser Anbieter stellen auch KI-Apps für Mobilgeräte zur Verfügung, doch die Resultate sind identisch.

Grundsätzlich gilt: Jede Firma greift auf andere Modelle zurück, die unterschiedliche Stärken und Schwächen aufweisen, im Wettbewerb miteinander stehen und ständig weiter optimiert werden. In der Anwendung funktionieren alle gleich: Um den Schaffensprozess anzustoßen, genügt es, einen kurzen Befehl in ein Chatfenster einzugeben. Dieser Befehl wird „Prompt“ genannt. Ein guter Prompt gelingt nie mit dem ersten Wurf. Durch gezielte Rückfragen, Ergänzungen und Anweisungen erhält man schrittweise immer bessere Ergebnisse. Bereit für den Vorstoß in die Welt der KI? Hier meine Anregungen für Ihre Erkundungstour. Viel Spaß!

1. KI als Koch- und Einkaufshilfe

„Was kochen wir heute?“ Nicht immer führt diese Frage zu inspirierten Antworten – besonders, wenn der Kühlschrank leer ist. Nutzen Sie die KI als Ideengeber: Listen Sie noch vorhandene Zutaten auf und lassen Sie sich von der KI ein dazu passendes Rezept vorschlagen. Ein möglicher Prompt wäre: „Schlage ein asiatisches Gericht mit Möhren, Kartoffeln, Hackfleisch und Milch vor.“ Oder planen Sie ein Kaffeetrinken im Kreis der Familie, und es fehlt noch ein Kuchen? Geben Sie an, wie viele Personen zu Gast sein werden, und Zutaten und Rezept werden so berechnet sein, dass alle satt werden.

Das könnte mit diesem Prompt funktionieren: „Schlage mir Varianten eines Apfelkuchens vor. Frag mich dann, für wie viele Personen der Kuchen reichen soll, und antworte mit einem Rezeptvorschlag und einer Einkaufsliste.“

Antworten auf diese Fragen werden eine höhere Qualität haben als Fragen nach aktuelleren Ereignissen. Das liegt daran, dass eine generative KI keine tagesaktuellen Informationen verarbeitet, sondern Texte auf Basis von Daten erstellt, mit denen sie trainiert wurde. Wer ChatGPT zum Beispiel nach dem geplanten Lebensmittelwerbegesetz fragt, mit dem Kinder vor zu viel Salz, Zucker oder Fett im Essen geschützt werden sollen, bekommt diese Antwort: „Zum Zeitpunkt meines letzten Wissensstandes im Januar 2022 gibt es in Deutschland kein spezifisches Kinderlebensmittelwerbegesetz.“

2. KI in der Haustierhaltung

Um neue Inhalte zu erstellen, greifen die selbstlernenden Systeme auf gewaltige Datenmengen zurück, in denen sie Muster und Ähnlichkeiten erkennen und daraus neue Inhalte ableiten. So wird die KI selbst bei Themen wie Haustierhaltung zu einem Sparringspartner. Etwa so: „Warum schwimmt mein Fisch im Aquarium schräg?“ Antwort von ChatGPT: „Ein Fisch, der schräg schwimmt, kann auf verschiedene gesundheitliche Probleme oder Umweltfaktoren hinweisen.“

Als Nächstes folgt eine Liste mit fünf Punkten: Schwimmblasenprobleme, Infektionen, Verletzungen, Ernährung und Wasserqualität. Gar nicht schlecht, oder? Bevor ich also einen Tierarzt konsultiere, kann ich erst einmal kontrollieren, ob das Wasser im Aquarium zu hohe Ammoniak- oder Nitritwerte aufweist.

Dass die KI mit solchen Tipps auch danebenliegen kann, dessen sollten Sie sich bewusst sein. Nicht umsonst findet sich auf der Startseite von HuggingChat folgende Warnung: „Verwenden Sie diese Anwendung nicht für Entscheidungen oder Ratschläge mit hohem Risiko.“ Tatsächlich sind wir hier in einem Grenzbereich unterwegs. Immerhin geht es um lebendige Wesen. Versuchen Sie also lieber, Antworten auf Fragen zu erhalten, bei denen es nicht um Leben und Tod geht.

Warnhinweis auf der Startseite von HuggingChat.
Warnhinweis auf der Startseite von HuggingChat. © Screenshot: rnw

Apportiert Ihr Hund nicht? Versuchen Sie es mit folgendem Prompt: „Wie bringe ich dem Hund bei, auf meine Aufforderung hin einen Ball zu holen? Entwickle einen Trainingsplan für drei Tage pro Woche.“ Übrigens geben die meisten KI-Chatbots bessere Antworten, wenn Sie ihnen in einem ersten Schritt eine Rolle zuweisen. Das geht zum Beispiel so: „Antworte als erfahrener Tiertrainer.“

3. KI als Reiseplaner und -begleiter

Die Kinder wollen ans Meer, die Eltern lieber in die Berge? Dann kann man es der KI übertragen, Ziele vorzuschlagen, die alle Präferenzen unter einen Hut bringen. Wenn Sie eine Reisezeit und das verfügbare Budget definieren, hilft das dabei, die Zahl der Destinationen sinnvoll einzuschränken. Umso mehr Sie von diesem Kontext, also bereits vorliegenden Infos zum Thema mitgeben, desto besser das Ergebnis.

Statt der kurzen Anweisung „Ich fahre bald nach Prag. Was gibt es dort zu besichtigen?“ wäre der bessere Prompt: „Ich fahre mit meinen Freunden vom 23. bis 26. Februar nach Prag. Wir wollen die wichtigsten Sehenswürdigkeiten besichtigen und landestypisch essen gehen. Kannst du uns einen Plan für jeden Tag erstellen und urige Restaurants empfehlen?“ ChatGPT liefert den Reiseplan binnen weniger Sekunden. Doch existieren alle Restaurants auch tatsächlich in der genannten Form und sind sie am Reisetag auch geöffnet? Ohne nachträgliche Überprüfung sollten Sie die Reise nicht antreten.

Denn wenn Informationen fehlen, „halluziniert“ die KI sie hinzu. Das bedeutet, sie ergänzt Fakten möglichst plausibel, ohne dass sie diese Erfindungen kenntlich macht. Wer blind vertraut, ist also schlecht beraten. Zum Gegencheck, etwa per Google-Recherche, ist also immer zu raten. Das gilt für alle genannten Anwendungsfälle.

4. KI als Bilderlieferant

Momentan noch nicht von größtem Alltagsnutzen, aber mit hohem Unterhaltungswert sind Text-zu-Bild-Generatoren. Bekannt geworden sind Midjourney und Stable Diffusion, das vom Team des Münchner Informatikprofessors Björn Ommer entwickelt wurde. Die Modelle solcher KIs werden mit großen Mengen an Bildern trainiert. Dabei wertet das System Ähnlichkeiten zwischen den Abbildungen aus und identifiziert mit statistischen Methoden typische Merkmale.

Stellt die KI eine bestimmte Pixelstruktur fest, sagt sie: „Das ist wahrscheinlich eine Katze.“ Schreiben Sie also den Prompt „Erzeuge mir bitte das Bild einer zufrieden aussehenden Katze“, spuckt der Generator binnen Sekunden ein entsprechendes Motiv aus. Wer für 20 Dollar im Monat ChatGPT Plus abonniert, kann den Bildgenerator DALL∙E 3 von OpenAI mit nutzen, der ebenfalls sehr gute Erlebnisse liefert.

Während all diese Tools schon beeindruckende Ergebnisse erzielen, stecken KI-Werkzeuge zur Erzeugung und Bearbeitung von Videos noch in den Kinderschuhen. Sie entwickeln sich aber mit rasantem Tempo weiter. Vor Kurzem hat Google ein Tool namens Lumiere vorgestellt, das Text-Prompt-Sequenzen mit einer maximalen Länge von fünf Sekunden und einer Auflösung von 1.024 mal 1.024 Pixeln erstellen kann.

Mit anderen Werkzeugen lassen sich Videos bereits künstlich verlängern, vertonen oder untertiteln. Es ist sogar möglich, Personen in Videos hineinzuschneiden. Bis all das im Endanwenderbereich ankommt, wird es allerdings noch eine Weile dauern. Das liegt nicht zuletzt daran, dass solche Anwendungen enorme Rechenkapazitäten erfordern. Leistungsstarke KI gibt es bisher nur zum Preis eines immensen Energieverbrauchs. Auch das sollten Benutzer wissen.

Wie generative KI als Bildlieferant heute schon missbraucht werden kann, zeigen sogenannte Deepfakes. Das sind KI-generierte, sehr realistisch wirkende Bilder, die von echten Fotos nur schwer zu unterscheiden sind. Manche dieser Deepfakes sind berühmt geworden, etwa jenes von Papst Franziskus im üppigen weißen Daunenmantel oder Donald Trump, wie er vermeintlich von Polizisten verhaftet wird.

5. KI als Gärtner

„Einen Garten zu pflanzen bedeutet, an morgen zu glauben“, soll Audrey Hepburn gesagt haben. Folgen Sie diesem Credo – und lassen sich dabei von einer KI unterstützen. Auch hier gilt: Je genauer die Ausgangsbedingungen geschildert werden, desto besser die Ergebnisse. Ist der Boden lehmig oder sandig? Welchen pH-Wert hat er? Wie sonnig oder schattig ist es im Hinterhof oder auf dem Balkon? All diese Infos sind hilfreich.

Wenn Sie nicht weiter wissen, fordern Sie das Wissen an: „Schreibe eine Anleitung zur Ermittlung von Textur und Feuchtigkeit eines Bodens.“ Berücksichtigen sollten Sie, dass die KI nicht sonderlich präzise mit Flächenmaßen umgehen kann. Das liegt daran, dass sie ja nicht mathematisch rechnet, sondern nur Muster wiederholt, die aus den Trainingsdaten abgeleitet wurden.

6. KI als Finanzberater

Zugegeben: Beim Geld hört der Spaß auf. Wer gibt schon gern derart sensible Infos preis, ohne zu wissen, wer später Zugriff darauf erhält? Was ich für eher unproblematisch halte, ist eine Anfrage wie „Erstelle einen Ausgabenplan für eine Familie mit zwei Kindern und Hund, die über 2.500 Euro Haushaltsnettoeinkommen verfügt.“ Die KI kann auch Tipps zum Führen eines Haushaltsbuches geben und Methoden zur Überprüfung und Anpassung des Budgets im Laufe der Zeit vorschlagen.

Gut zu wissen: Eingaben in kostenlose KIs werden zum Teil dafür verwendet, die Modelle weiter zu trainieren. Das heißt, indem wir die KI nutzen, tragen wir indirekt zu ihrer Optimierung bei. Auch wenn andere Benutzer grundsätzlich keinen direkten Zugriff auf Trainingsdaten erhalten, entstehen Sicherheitsrisiken. Wer sie ausschließen möchte, sollte auf Bezahlmodelle ausweichen.

Fazit

Generative KI hat das Potenzial, uns im Alltag nützlich zu sein. Die Dienste sind aber nicht unfehlbar. Sie überzeugen besonders dann, wenn wir ihnen kreativ begegnen, sie auf unsere Ziele ausrichten und beim Verwenden einige Grundregeln einhalten.

Mitarbeit: Andreas Rentsch

Kostenlose Online-Kurse auf dem KI-Campus und Workshop für Sächsische.de-Leser

  • Der KI-Campus hat es sich zur Aufgabe gemacht, das Thema Künstliche Intelligenz (KI) zu vermitteln und KI-Kompetenzen in der gesamten Gesellschaft zu stärken. Dafür stellt die digitale Lernplattform Online-Kurse, Videos und Podcasts zu unterschiedlichen KI-Themen kostenlos zur Verfügung. Illustrationen, Quizfragen und interaktive Aufgaben werden gezielt eingesetzt, um die Inhalte ohne technologische Komplexität zu vermitteln. Für viele Kurse werden keine Vorkenntnisse benötigt. Deswegen eignet sich der KI-Campus für alle, die mehr über KI-Technologien im privaten und beruflichen Alltag erfahren möchten.
  • Mehr als 45.000 registrierte Menschen haben die Bildungsangebote des KI-Campus bereits genutzt. Die Online-Kurse „Einführung in die KI“ und „Stadt | Land | DatenFluss“ sowie kurze Erklärfilme wie „Generative KI in zwei Minuten erklärt“ ermöglichen einen niedrigschwelligen Einstieg. Für unterwegs bieten sich Podcasts an. Im Podcast „Dr. med. KI“ gibt eine Expertin der Charité einen Einblick in die Einsatzmöglichkeiten von Künstlicher Intelligenz in der Medizin.
  • Der KI-Campus wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert und vom Stifterverband, dem Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI), der Charité, der Humboldt-Universität zu Berlin und weiteren Partnern entwickelt.