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Kolumne "Wortbruch": Labern, lügen, leiden

Unsere Sprache verändert sich gerade rasant. Viele neue Vokabeln kommen hinzu, und alte Worte verschwinden. Was ist mit trumpen?

Von Peter Ufer
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© Yuki Iwamura/AP/dpa; Montage: Sächsische.de

Der Stoffwechsel der Sprache wird mit Neologismen gespeist. Das lernte ich im Studium, wo die Germanistiklehrkraft dozierte, dass Lingua sich organisch entwickle. Das stimmt bis heute, denn gerade wird der Sprache ein neuer Begriff zum Fraß vorgeworfen: trumpen.

Der Anglizismus ruft allerdings Verdauungsstörungen hervor, denn im gegenwärtigen politischen Kontext ist der Namensgeber des Verbs Donald Trump. Erst kürzlich nahm das Merriam-Webster Onlinewörterbuch ein weiteres neues Wort auf, das sich dem Haarschmuck des US-Politikers widmet: Trumpadour. Es ist die Beschreibung der Frisur des 77-Jährigen, der nicht nur das Färbemittel seiner Haare, sondern ebenso seine kranke Immobilienblase gern verschweigt.

Direkt aus dem Englischen übersetzt heißt Trump auf deutsch Trumpf. Folglich heißt trumpen trumpfen, besser gesagt auftrumpfen, herausstechen, überlegen sein. Ganz aktuell meint trumpen allerdings, was bei www.sprachnudel.de drastisch so beschrieben wird: „Scheiße labern, Leute beleidigen, Lügen erzählen“.

Unnützer Lärm

Allerdings wurde der Name Trump gar nicht ins Deutsche importiert, sondern ursprünglich von hier nach Amerika exportiert. Die Vorfahren des Republikaners stammen bekanntlich aus Europa. Der Nachname Trump hat seinen Ursprung in Deutschland und ist schon seit dem 16. Jahrhundert dokumentiert. Er lässt sich aus dem althochdeutschen Drum herleiten, was so viel wie Lärm oder Wellen bedeutet. Im Deutschen Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm gibt es einen weiteren etymologischen Hinweis auf das Trumpen. Dort ist zu lesen, es stehe im Zusammenhang mit trumpeln, trümpeln, ähnlich wie etwa trendeln und trödeln als verächtliche Bezeichnung für etwas Wertloses, Geringes oder Unnützes. Trumpen bedeute zudem Trompete blasen, ein Zupfinstrument spielen oder mit den Füßen trampeln. Da kommt einem schnell der Trampel in den Sinn.

Namen von Prominenten in ein Tätigkeitswort zu wandeln, gehört zum Nährwert der Sprache. Man konnte schon fuggern, kneippen, morsen, lynchen oder röntgen. In den vergangenen Jahren kamen gaucken oder guttenbergen hinzu, Schröder hat mal gestoibert, Stoiber geschrödert und Deutschland sah ausgemerkelt aus. Nach dem Rücktritt des Bundespräsidenten Wulff wurde wulffen kurzzeitig zum Politikum, was an das Trumpen erinnert. Da bleibt keine Frage offen.

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