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Silbermond: „Wir können doch alle etwas positive Energie vertragen“

Silbermond hat ein erfolgreiches Jahr hinter und zwei große Konzerte in Dresden vor sich. Doch auch die Krisen der Gegenwart haben die vier im Blick.

Von Andy Dallmann
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Bassist Johannes Stolle, Sängerin Stefanie Kloß, Gitarrist Thomas Stolle und Drummer Andreas Nowak (v.l.) sind Silbermond und schon jetzt heiß auf die beiden Dresden-Konzerte im nächsten Sommer.
Bassist Johannes Stolle, Sängerin Stefanie Kloß, Gitarrist Thomas Stolle und Drummer Andreas Nowak (v.l.) sind Silbermond und schon jetzt heiß auf die beiden Dresden-Konzerte im nächsten Sommer. © dpa-Zentralbild

Die Ende der 90er-Jahre in Bautzen gegründete, später nach Berlin gezogene Band Silbermond spielte in diesem Sommer drei Konzerte in Dresden. 2024 sind zwei Shows bei den Filmnächten am Elbufer angekündigt. Bis dahin wird altes Material sortiert und an neuem gearbeitet. Wie sie mit den Krisen der Gegenwart umgehen, erklären Sängerin Stefanie Kloß, Drummer Andreas Nowak, Bassist Johannes Stolle und Gitarrist Thomas Stolle.

Sehen Sie sich überhaupt noch Nachrichten an?
Stefanie Kloß: Auf jeden Fall!

Schaffen Sie es dabei, all die Schrecken irgendwie zu kompensieren?
Stefanie Kloß: Ich glaube, es tut immer gut, ein Umfeld zu haben, in dem man sich geborgen, sicher und aufgehoben fühlt. Dazu gehören Menschen, denen man vertraut, mit denen man sich austauscht und die Gedanken teilt. Aber auch Musik ist für uns ein Ort, zu dem man mit seinen Ängsten, Fragen und Gedanken gehen kann.

Was überwiegt: Hoffnung oder Hoffnungslosigkeit?
Stefanie Kloß: Das ist der Refrain eines Songs, den wir gerade geschrieben haben: „Is grade hart, es leicht zu nehmen / Nich alles schwarz zu sehen / Bei all der Scheiße, die passiert / Ich will die Hoffnung nich verlieren.“ Ob wir ihn irgendwann fertig schreiben? Keine Ahnung. Aber er ist die passende Antwort auf diese Frage.

Silbermond beim Konzert im vergangenen Sommer im Dresdner Beatpoi.
Silbermond beim Konzert im vergangenen Sommer im Dresdner Beatpoi. © Kristin Hofmann

Gibt es etwas, woraus Sie kontinuierlich Hoffnung schöpfen können?
Stefanie Kloß: Hoffnung ist ein Zustand, den wir uns selbst erschaffen, um den Kopf über Wasser zu halten. Sie ist ein Ort, an dem wir daran glauben können, dass wir noch die Kurve kriegen. Als Gemeinschaft. Als Demokratie. Als gemeinsamer Teil dieser Erde. Und die Augen eines jeden Kindes füllen meinen Vorrat an Kraft stetig auf.

Sind die Krisen der Gegenwart eher förderlich oder bremsend für Kreativität?
Stefanie Kloß: In allererster Linie sind sie fordernd. Auf allen Ebenen. Ich frage mich in diesen Zeiten oft, in was für einer Gesellschaft ich leben will. Was für einen Planeten wollen wir der nächsten und übernächsten Generation hinterlassen? Und was kann ich dafür tun? Ja, ich denke mehr darüber nach, wie wir als Menschen in solchen Krisenzeiten reagieren, und auch, warum wir dabei eher auseinanderdriften, als zusammenzurücken. Das macht mich traurig. Die Krisen bremsen und fördern die Kreativität wohl in gleichem Maße.

Wie schwer fällt es angesichts von Kriegen, ein Liebeslied zu schreiben?
Andreas Nowak: Der Ursprung aller Lieder, aller Musik ist und bleibt ein Geheimnis. Doch die allseits reine und vollkommene Schwingung des Universums, die durch uns Menschen hindurch zu Klang und Sprache wird, folgt nur einem Prinzip: nämlich dem der Liebe.

Funktioniert so etwas auch als eine Art Seelenhygiene?
Andreas Nowak: Es kann durchaus reinigend sein. Doch ein übertriebener Putzfimmel kann auch schnell zu Übermüdung führen.

Sie haben in der Vergangenheit mit Songs wie „Mein Osten“ gesellschaftliche Verwerfungen thematisiert. Gab es dafür mehr Lob oder mehr Kritik, weil man das von Ihnen nicht erwartet hat?
Andreas Nowak: Wie man bei der Komplexität der Thematik erwarten kann, gab es diverses Feedback. Dies gehört zum Diskurs dazu, da es um diesen Kontext herum sehr verschiedene Graustufen gibt. Im Großen und Ganzen haben wir positive Rückmeldungen bekommen.

Legen Sie demnächst, auch mit Blick auf die in Sachsen anstehenden Wahlen, mit klarer Positionierung nach?
Andreas Nowak: In erster Linie machen wir Musik und bekehren niemanden. Aber trotzdem werden wir die Wahlen mit Spannung verfolgen.

Stefanie Kloß: Wer uns lange kennt, der weiß, wo wir stehen! Und ich würde mir für unsere Region wünschen, dass wir nicht aus Protest wählen, sondern aus Überzeugung.

Im Sommer 2024 spielen Sie zwei Shows bei den Filmnächten am Elbufer und damit vor insgesamt rund 25.000 Menschen. Vor ein paar Jahren wäre das Party pur gewesen. Und heute?
Thomas Stolle: Wir hoffen sehr, dass die Menschen auch im nächsten Sommer wieder mit ähnlichen Gefühlen nach Hause gehen wie bei unseren Konzerten in diesem Sommer, denn so turbulent die Zeiten auch gerade sind, so können wir doch alle etwas positive Energie vertragen. Wenn unsere Konzerte dazu einen Beitrag leisten können, würde uns das sehr freuen.

Steht das Live-Programm für 2024 bereits oder unterliegt es einem noch länger währenden Prozess?
Thomas Stolle: Nein, noch steht es nicht, aber wir arbeiten mit Hochdruck daran und ja, es ist ein länger währender Prozess. Wir wollen auch im nächsten Sommer wieder überraschen, Unerwartetes tun.

Was unterscheidet Konzerte in Dresden von allen anderen?
Johannes Stolle: Immer, wenn wir in unserer Heimatregion spielen, ist es für uns etwas ganz Besonderes. Hier sind wir aufgewachsen, hier haben wir uns kennengelernt, unsere Familien und Freunde kommen vorbei. Mittlerweile auch Fans aus allen Ecken von Deutschland, die teilweise Hunderte Kilometer zurücklegen und uns schon lange begleiten. So unglaublich schön das Elbufer als Konzertlocation auch ist, es sind vor allem die Menschen und die besondere Energie, die die Dresden-Konzerte zu absoluten Highlights für uns im Jahr machen.

In diesem Jahr haben Sie im Beatpol, im Alten Schlachthof und am Elbufer gespielt; welche Show war die beste?

Johannes Stolle: Wir lieben Kontraste. Deshalb haben wir uns auch für diese kleine Spezial-Tour durch Dresden entscheiden. Jede Show hatte am Ende ihren eigenen Vibe, den man auch nicht miteinander vergleichen kann. Wir wollen keines dieser drei Konzerte missen, so viel ist sicher.

Planen Sie, wieder in einem kleineren Club zu spielen, vielleicht in Bautzen?
Johannes Stolle: Sag niemals nie.

Die nächsten Silbermond-Konzerte in der Region: 30./31.8., Filmnächte am Elbufer, Dresden; Tickets gibt’s in allen DDV-Lokalen und hier.