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TV-Star Jörg Hartmann ist jetzt auch Buch-Autor

Er ist „Tatort“-Kommissar und legt jetzt mit „Der Lärm des Lebens“ sein Prosadebüt vor, in dem er auf sein Leben zurückblickt.

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So kennen ihn Millionen Fernsehzuschauer: Jörg Hartmann, der im Dortmunder „Tatort“ Kommissar Peter Faber spielt.
So kennen ihn Millionen Fernsehzuschauer: Jörg Hartmann, der im Dortmunder „Tatort“ Kommissar Peter Faber spielt. © dpa/Bernd Thissen

Hubert Hartmann ist ein populärer Schauspieler, gern beschäftigter Hörspielsprecher und erfolgreicher Drehbuchautor. Bekannt wurde er unter anderem durch seine Rollen als Stasi-Offizier Kupfer in der ARD-Serie „Weissensee“ und als Dortmunder „Tatort“-Kommissar Peter Faber, den er seit 2012 verkörpert. Ein Gespräch mit ihm über alte Grenzerfahrungen beim Spielen und neue beim Schreiben, das Glück der Einheit und seine Ängste vor den Wahlen im Land.

Herr Hartmann, wann ist der Schauspieler Hartmann dem Autoren Hartmann zum ersten Mal begegnet?

Das war schon kurz nach dem Mauerfall. Da hatte ich das Bedürfnis, ein Theaterstück zu schreiben. Ich konnte aus meiner westdeutschen Sicht nicht so recht nachvollziehen, was passiert war. Ich dachte damals: Mensch, warum nutzt ihr jetzt nicht die Chance, euer Land so zu gestalten, wie ihr es euch längst gewünscht habt? Damals habe ich drei Stücke geschrieben, die aber nie aufgeführt wurden.

Bei der „Tatort“-Folge „Du bleibst hier“ traten Sie 2023 erstmals als Autor auf. In der Folge geht es, wie auch in Ihrem Prosadebüt, um Ihren Vater.

Vor seinem Tod hatte ich ihn mehrfach besucht und wusste, dass ich diese so wertvollen, berührenden Momente festhalten wollte. Ich wusste, seine Krankheit, die Demenz, würde bald seine Erinnerung auffressen. Das war für mich schwer erträglich. Ich habe daraufhin Erinnerungen gesammelt und im ersten Lockdown, zwei Jahre nach seinem Tod, angefangen, das als Prosa aufzuschreiben.

Jüngst im "Tatort". Peter Faber (Jörg Hartmann) überreicht seiner Kollegin Rosa Herzog (Stefanie Reinsperger) seinen Baseballschläger, damit sie mal richtig Wut ablassen kann.
Jüngst im "Tatort". Peter Faber (Jörg Hartmann) überreicht seiner Kollegin Rosa Herzog (Stefanie Reinsperger) seinen Baseballschläger, damit sie mal richtig Wut ablassen kann. © WDR/Bavaria Fiction GmbH/Thomas

„Der Lärm des Lebens“ beschreibt verschiedenste Stationen in Ihrem Leben. Aber los geht’s mit Andrea Breth und Ihrer ersten Begegnung mit der Schaubühne. Ein Schlüsselmoment?

Ich hätte auch damit beginnen können, wie ich den Berg hochmarschiere zum Heim, in dem mein Vater in seiner Demenz sitzt. Das sind die zwei Ebenen des Buches. Die Zeitebene meines persönlichen Aufbruchs in der Zeit nach dem Mauerfall und die zweite Ebene, die 2018 beginnt, als man zum ersten Mal dachte: Okay, jetzt ist der Klimawandel wirklich angekommen. Und das deckt sich mit meiner sehr persönlichen Krise der Trauer, des Zweifels. Aber anfangen wollte ich eher mit etwas Leichterem, denn an dieser Naivität der Jugend können vielleicht auch viele andocken, die mit Theater nichts zu tun haben.

Diese große Hoffnung!

Alles war noch möglich. Heute denkt man: Oh Gott, wo ist dieses Gefühl hin?

Sie schreiben über Ihre Hassliebe zum Theater. Ist das der Grund, warum man Sie so selten auf der Bühne sieht?

Als ich die ersten zehn Jahre fest an der Schaubühne war, hatte ich jedes Jahr viele Premieren. Das ging bis 2009. Aber seitdem will und muss ich sehr genau gucken: Was kann ich machen? Bei der Schaubühne weiß man auch immer, da hängen ganz viele Gastspiele dran. Ich kann und möchte das nicht mehr so wie früher.

Was möchten Sie dann?

Unter anderem möchte ich mehr drehen, und jetzt kommt noch das Schreiben hinzu. Und familienkompatibel ist am Theater ja sowieso gar nichts. Das ist es, was einen oft zerreißt. Das habe ich oft verflucht: diesen langen Arm des Theaters, der einen immer wieder einholt und manchmal zwingt, nicht an dem Ort sein zu dürfen, wo man eigentlich sein müsste.

Sie schreiben vom Besuch bei Ihrer kranken Tochter und wie Sie dann zu einer Probe gehetzt sind, um gescholten zu werden, Minuten zu spät zu sein.

Gleichzeitig habe ich immer das Gefühl: Ich darf ja auch mich selbst verwirklichen. Es ist ein großes Privileg, diesen Beruf ausführen zu dürfen. Aber das fordert auch der Partnerin einiges ab, und das habe ich versucht, immer mehr zu reduzieren.

Wie nahe ist Ihr Buch an Ihrem Leben?

Gegen den Begriff Autobiografie habe ich mich immer gewehrt. Zum einen klingt das für mich wahnsinnig eitel: Da schreibt einer im Alter von 50 Jahren über sein Leben, hält sich für so wichtig. Und es ist auch immer am spannendsten, wenn ich über andere erzähle. Gleichzeitig kann ich mich da nicht ganz rausnehmen. Also habe ich eine Form gefunden, die zu einer eigenen Realität wird. Aber rein erfunden ist nichts. Erinnerungsprosa vielleicht.

Wie muss man sich das Nebeneinander von Schauspieler und Autor vorstellen?

Wenn der Schauspieler Hartmann oder der Privatmensch Hartmann in irgendwelchen Situationen ist, die er für erzählenswert hält, kommt auch der Autor durch. Der macht sich dann Notizen. Am schönsten ist es aber natürlich, wenn ich Zeit habe und regelmäßig schreiben kann.