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Leipziger Mörder unter Antidepressiva?

Im April wurde eine junge Mutter brutal ermordet. Ihr verdächtiger Exfreund schweigt. Die Verteidigung sucht die Schuld bei Substanzen.

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Im April 2020 wurde im Leipziger Auwald eine junge Frau getötet. Ihr Baby überlebte - nun der steht der mutmaßliche Täter vor gericht.
Im April 2020 wurde im Leipziger Auwald eine junge Frau getötet. Ihr Baby überlebte - nun der steht der mutmaßliche Täter vor gericht. © Sebastian Willnow/dpa

Von Sven Heitkampf, Leipzig

Leipzig. Im Prozess um den brutalen Mord an der 37-jährigen Mutter Myriam Z. argumentieren die Verteidiger nun mit dem Einfluss von Medikamenten und Drogen. Ihr Mandant, der mutmaßliche Täter Eris Z., habe sich zwei Wochen vor der Tat zwei unterschiedliche Antidepressiva verschreiben lassen, sie wurden zusammen mit Marihuana in seiner Wohnung gefunden. „Die starken Nebenwirkungen könnten die plötzlichen Gewalttaten erklärten“, argumentierte Verteidigerin Petra Costabel am Mittwoch vor dem Leipziger Landgericht. Sie räumte damit indirekt die Tat ihres Mandanten ein.

Geplante Hammerschläge

Antidepressiva könnten die Aggressionsbereitschaft erhöhen, Gewaltsteuerung mindern und sexuelle Dysfunktionen auslösen, lautete die Argumentation. Auch andere Tötungsdelikte und Amokläufe seien schon damit erklärt worden. Experten der Stiftung Deutsche Depressionshilfe widersprechen solchen Angaben aber entschieden. Costabel forderte indes, einen weiteren Fachmann zum Prozess hinzuzuziehen.

Ursprünglich hatte die Verteidigerin auch eine Erklärung ihres Mandanten angekündigt, diese blieb aber auf Anraten der Anwälte aus. Der 31-jährige Eris Z. soll laut Anklage am Vormittag des 8. April von hinten auf seine arglose Ex-Freundin zugegangen sein und sie geplant mit Hammerschlägen auf den Kopf getötet haben. 

Die Sozialarbeiterin konnte nur ihr zwei Monate altes Baby im Tragetuch vor dem Bauch schützen. Zwei Tage später starb sie im Krankenhaus. „Der Angeklagte wollte sein Opfer töten, um sie dafür zu bestrafen und sich dafür zu rächen, dass sie bei der Polizei gegen ihn ausgesagt hat“, sagt Staatsanwalt Ulrich Jakob.

Bereits in ein anderen glücklichen Beziehung

Der Mann auf der Anklagebank kam mit den Eltern als Sechsjähriger aus Afghanistan nach Deutschland, studierte Philosophie in Leipzig und lernte 2015 in der Flüchtlingshilfe Myriam Z. kennen. Als es zu schweren Konflikten kam, weil Eris Z. seine Ex-Freundin verfolgt und bedroht haben soll, setzte sie ein Näherungsverbot durch. 

Die Darstellung des „extrem eifersüchtigen und stalkenden Ex-Freundes“ sei nach Meinung seines Anwalts Georg Rebentrost aber nicht zu halten. Er sei bereits in einer glücklichen Beziehung mit einer anderen Frau gewesen. 

Vielmehr sei zu klären, wie das Näherungsverbot auf ihn gewirkt habe. Ein ordentliches Geständnis oder Zeichen der Reue gibt es bisher von ihm nicht. Er verhält sich wenig kooperativ und hat sich bisher nicht von einem Psychologen begutachten lassen.

Gewalttätige Vorgeschichte

Verteidiger Rebentrost betonte dennoch, man wolle an der umfassenden Aufklärung der Tat und der Wahrheitsfindung mitwirken. Es gehe nicht darum, die Tat zu entschuldigen oder zu rechtfertigen, aber die Beweggründe und Motive zu verstehen.“ Der zweite Verhandlungstag hatte mit anderthalbstündiger Verspätung begonnen, weil die Verteidiger und ihr Mandant noch langen Beratungsbedarf hatten.

Im gleichen Prozess wird noch eine weitere Tat verhandelt. Schon im August 2018 soll Eris Z. Myriam Z. beleidigt und bespuckt und ihren Begleiter angegriffen, geschlagen, massiv ins Ohr gebissen und schwer an den Augen verletzt haben. Die Anklage für den Angriff lautet auf Misshandlung und schwere Körperverletzung. Geplant sind zwölf Verhandlungstage bis kurz vor Weihnachten. (svh)