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Pro-palästinensische Uni-Besetzung in Leipzig: Mehr als 30 Strafverfahren eingeleitet

Rund ein Dutzend pro-palästinensische Protestler haben am Dienstag das Audimax der Leipziger Uni besetzt. Gegen 23 Uhr räumte die Gruppe das Gebäude. Die Polizei ermittelt nun und hat weitere Details.

Von Erik-Holm Langhof & Annemarie Banek
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Polizisten räumen den besetzten Audimax der Universität Leipzig.
Polizisten räumen den besetzten Audimax der Universität Leipzig. © Hendrik Schmidt/dpa

Leipzig. Eine pro-palästinensische Gruppe hat am Dienstagnachmittag den größten Hörsaal der Universität Leipzig - das Audimax am Augustusplatz - besetzt. Wie ein Sprecher der Polizei auf Anfrage von Sächsische.de mitteilt, handelte sich um 13 Personen im Alter von 19 bis 34 Jahre. Türen seien mit Kabelbindern zugesperrt worden und mehr als 30 Menschen hätten die Türen blockiert. Erst gegen 23 Uhr war der Einsatz beendet.

Die Polizei leitete nun mehrere Strafverfahren ein. Gegen mehr als 12 Personen, die bei der Räumung Widerstand leisteten, wodurch auch ein Polizist durch Tritte verletzt wurde, ermittelt die Polizei jetzt. Wegen des Verdachts auf Hausfriedensbruch müssen sich die 13 Personen, die das Unigebäude besetzt haben, verantworten. Die Polizei hat die Personalien aller Beteiligten im Audimax in der Polizeidirektion aufgenommen. Danach wurden diese wieder entlassen. Mehr als 30 Strafanzeigen, auch wegen Sachbeschädigung durch Graffiti auf dem Gelände und Vermummung, wurden eigeleitet.

Neben den Besetzern im Audimax versammelten sich rund 50 bis 60 Menschen als Unterstützer auf dem Leibnizforum vor dem Unigebäude. Am Abend kamen auch rund 40 Teilnehmer einer Pro-Israel-Kundgebung zusammen.

Die Universität Leipzig habe sich für eine Räumung entschieden und die Polizei verständigt, teilte die Hochschule am Dienstagabend mit. "Eine gewaltsame Störung des Lehrbetriebs und Inbesitznahme universitärer Räumlichkeiten dulden wir nicht", hieß es in der Mitteilung. Die Entscheidung zur Räumung sei unumgänglich gewesen, da Gefahr in Verzug für die Sicherheit aller Studierenden und Lehrenden bestehe.

50 bis 60 Protestler stehen auf dem Leibnizforum vor dem Uni-Gebäude.
50 bis 60 Protestler stehen auf dem Leibnizforum vor dem Uni-Gebäude. © NEWS5

Die Polizei sei mit mehreren Dutzend Einsatzkräften vor Ort im Einsatz gewesen. Zudem seien Vertreter der Versammlungsbehörde sowie der Universität im Hochschulgebäude vor Ort gewesen. Auch die Versammlung auf dem Leibnizforum wurde aufgelöst. Ein Teil der Unterstützer im Innenhof habe nach Aufforderung die Eingänge zum Hörsaalgebäude freiwillig verlassen, andere hätten weggetragen werden müssen, so ein Polizeisprecher.

Besetzer stellen Forderungen an Universität Leipzig

An der Besetzung beteiligten sich laut Konferenz Sächsischer Studierendenschaften (KSS) unter anderem die Gruppen "Young Struggle Leipzig", "Zora Leipzig", "Föderation Klassenkämpferischer Organisationen", "Studierendenkollektiv Leipzig", "Students for Palestine Leipzig" und "Handala Leipzig". Letztere hatten in der Vergangenheit bereits auch mehrfach diverse Demonstrationen organisiert.

Auf dem Instagram-Profil der Gruppe "Palestine Campus" sind indes Beiträgen zu sehen, wie mehrere Menschen mit Palästina-Fahnen im Hörsaal sitzen. Auf dem Innenhof der Hochschule waren zudem Zelte aufgebaut.

Mehrere Transparente kleben an der Wand der Uni Leipzig.
Mehrere Transparente kleben an der Wand der Uni Leipzig. © NEWS5

Die Aktivisten fordern unter anderem Solidarität mit der palästinensischen Bevölkerung und den Stopp der Rafah-Offensive der israelischen Armee. Außerdem stellte sie an die Universität diverse Forderungen. So soll die Hochschule ihre Beziehungen zu Israel offenlegen und die Zusammenarbeit mit israelischen Institutionen beenden. Auch solle die Universität Stellung im Gaza-Konflikt beziehen und die eigene Definition von Antisemitismus widerrufen.

Rektorin: Universität hat Strafanzeige erstattet

Zur Wort meldete sich am Nachmittag bereits der Sprecher der Konferenz Sächsischer Studierendenschaften Paul Steinbrecher. Er forderte das Rektorat zur "sofortigen Räumung des Audimax und des Protestcamps" auf. Weiter teilt Steinbrecher mit: "Aktuell ist die Sicherheit von jüdischen und israelischen Studierenden und Mitarbeitenden akut gefährdet. Die Sicherheit jüdischer Menschen ist unverhandelbar."

Weiter führt der Sprecher aus: "Die den Campus besetzenden Gruppen sind in der Vergangenheit mit zutiefst antisemitischen Aussagen aufgefallen. Diese haben in den sächsischen Hochschulen kein Platz. Hochschulen dürfen kein rechtsfreier Raum sein. Zustände wie an Berliner Hochschulen müssen verhindert werden."

Uni-Rektorin Eva Inés Obergfell sagte am Abend: "Proteste und Demonstrationen sind grundsätzlich legitim, solange sie das Ziel der Information und Verständigung verfolgen. Eine Gefährdung Unbeteiligter und eine Eskalation sind hingegen keine akzeptable Form freiheitlicher Auseinandersetzung." Die Universität habe Strafanzeige erstattet. Der Lehrbetrieb im Audimax bleibe für den Rest der Woche ausgesetzt.

Zuvor hatten am Dienstag auch an der Freien Universität Berlin Aktivistinnen und Aktivisten ein pro-palästinensisches Camp errichtet. Dieses wurde kurz darauf von der Polizei geräumt.

Wissenschaftsminister: "Hochschulen kein Ort für gewaltsame Proteste"

Noch am Dienstagabend äußerte sich auch Sachsens Wissenschaftsminister Sebastian Gemkow (CDU) zur Besetzung in der Leipziger Uni. Schriftlich teilte er mit: "Sachsens Hochschulen sind nicht der Ort für antisemitische und antiisraelische Proteste. Eine gewaltsame Besetzung von Hochschulräumen gefährdet die Sicherheit aller Hochschulangehörigen. Hier werden die Grenzen einer kritischen Auseinandersetzung im Rahmen des demokratischen Diskurses weit überschritten und lassen nur eine entschlossene Reaktion des Rechtsstaates zu."

Und weiter: "Drohgebärden oder gar Repressalien und Gewalt gegenüber Hochschulmitgliedern werden nicht akzeptiert. Die Entscheidung des Rektorates, die besetzten Räume an der Universität räumen zu lassen, findet meine volle Unterstützung." (mit dpa)