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Corona: Mobile Impfteams werden förmlich überrannt

Die Teams des DRK Löbau und des ASB Görlitz können die Nachfrage kaum decken - und sind dennoch glücklich mit der Überlastung.

Von Markus van Appeldorn
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Wie bei diesem Termin im Eibauer Volkshaus müssen Interessenten oft lange Schlange stehen. Foto: Matthias Weber/photoweber.de
Wie bei diesem Termin im Eibauer Volkshaus müssen Interessenten oft lange Schlange stehen. Foto: Matthias Weber/photoweber.de © Matthias Weber/photoweber.de

Die sächsischen Corona-Impfzentren wurden Ende September geschlossen - und das rächt sich jetzt. Seitdem sind in den Kreisen und Städten des Freistaats nur noch 30 mobile Impfteams unterwegs. Im Landkreis Görlitz ist eines vom Roten Kreuz Löbau, ein zweites vom ASB in Görlitz tätig. Und die Mitarbeiter wissen mittlerweile nicht mehr wo ihnen der Kopf steht. Denn möglicherweise aus Angst vor rigorosen Lockdown-Maßnahmen insbesondere für Ungeimpfte explodiert die Impfnachfrage. Die Staatsregierung verspricht eine Verbesserung der Situation - ob die dadurch allerdings auch gut wird, bleibt ungewiss.

"Es ist ein Wahnsinn", sagt Löbaus DRK-Chefin Silke Seeliger, "erst kommen die Menschen nicht zum Impfen - und jetzt überrennen sie uns förmlich". Sie erinnert an die letzten Wochen im Löbauer Impfzentrum. "Da war ja tote Hose", sagt sie - und das, obwohl die Menschen längst ohne Terminvereinbarung kommen konnten. Dabei hatte das Impfzentrum eine Kapazität von über 1.600 Impfungen pro Tag. Die Kapazität der mobilen Impfteams reicht nicht annähernd zur Hälfte an diesen Wert heran - und dabei gehen diese Teams ans Limit.

Impfteams an der Belastungsgrenze

"Wir arbeiten bereits über unsere eigentliche Kapazität hinaus", sagt Seeliger. Als man im Oktober mit den mobilen Impfteams gestartet sei, habe man mit einer Nachfrage von maximal 100 Impfungen am Tag gerechnet. Täglich sind die Impfteams in Kommunen im gesamten Landkreis vor Ort. Und die Zahlen der Impfwilligen sind mittlerweile kaum noch zu bewältigen. So berichtet Seeliger etwa von einem Termin vor wenigen Tagen im Volkshaus in Eibau. "Da standen die Leute Schlange im Treppenhaus und gegen Mittag ist dem Team der Impfstoff ausgegangen und musste nachgeliefert werden", sagt sie. Vorhanden sei genügend Impfstoff. "Mittlerweile statten wir die Teams täglich mit 240 Impfdosen aus", so Seeliger.

Am Ende seien an jenem Tag 301 Impfdosen in Eibau verabreicht worden. "Die Bürger haben sehr viel Geduld bewiesen und uns auch nicht angemeckert. Darüber sind wir schon froh", sagt Seeliger. Das sei auch in anderen Orten so. Dennoch: Die Teams arbeiten an der Belastungsgrenze. "Das hält das Personal nicht ewig durch, wir können nicht bis Mitternacht impfen", sagt sie. In Eibau habe man etwa gegen 16 Uhr ein Schild anbringen müssen, dass die Kapazität erreicht sei.

Löbaus DRK-Chefin Silke Seeliger.
Löbaus DRK-Chefin Silke Seeliger. © Matthias Weber/photoweber.de Mat

Auch viele Erstimpfungen

Bei aller Anstrengung ist Silke Seeliger zufrieden und glücklich über den großen Zuspruch der mobilen Impfteams. "Als wir im Oktober etwa im Stadthaus in Löbau mit den Ortsterminen begonnen haben, da kamen 18 Leute. Das war schon deprimierend", sagt sie. Sie wünscht sich auch gar nicht zwingend das Impfzentrum zurück, denn die mobilen Impfteams schaffen offenbar eine neue Impf-Stimmung. "Die Menschen schätzen es, dass wir jetzt zu ihnen in die Fläche kommen. Das animiert auch mehr Menschen zur Erstimpfung", sagt sie.

Denn es handelt sich bei weitem nicht ausschließlich um Booster-Impfungen, die da verabreicht werden. "Die Dritt-Impfungen machen etwa 60 Prozent aus", sagt Seeliger. Und es gebe eben auch einen erheblichen Teil an Erstimpfungen. Für Silke Seeliger ein Lichtblick. "Ich habe Corona so satt. Ich würde am liebsten gar nicht mehr darüber sprechen", sagt sie und ärgert sich auch über so viel inkompetente Besserwisserei zu dem Thema. "Jeder, der schon mal eine Impfspritze in den Arm bekommen hat, hält sich derzeit für einen Experten", sagt sie, und: "Leider gilt es inzwischen bei manchen Menschen als ein Statussymbol, nicht geimpft zu sein."

Impfhelfer dringend gesucht

Besserung ist in Sicht, denn der Freistaat hat beschlossen die Kapazität und Personal-Ausstattung der mobilen Impfteams aufzustocken. Allerdings ist das noch nicht umgesetzt. "Wir werden erweitern, sobald wir das Go bekommen", sagt Seeliger - das "Go" ist die Freigabe der entsprechenden Mittel. Vorgesehen ist entweder eine personelle Verstärkung der einzelnen Teams und damit eine Kapazitätssteigerung oder das Aufstellen eines weiteren mobilen Impfteams, um an einem Tag an mehr Orten zu sein.

Seeliger hofft, dass es ab 1. Dezember damit klappt. Sie selbst kann auf genügend Personal zurückgreifen. "Wir haben etwa noch Mitarbeiter aus dem Impfzentrum, die noch keine neue Stelle haben", sagt sie. Andernorts aber sei die Personalsituation angespannter. "Die Kassenärztliche Vereinigung sucht händeringend nach medizinischem Personal für die mobilen Impfteams, etwa Impfschwestern", sagt Seeliger. Interessenten könnten sich im Internet unter der Adresse "[email protected]" bewerben.