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Löbauer unterstützen Deserteure aus Russland und der Ukraine

Eine europaweite Initiative fordert, Kriegsverweigerern aus der Ukraine und Russland Asyl zu gewähren. Das unterstützen auch Löbauer - mit einer Veranstaltung am Sonntag.

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In Löbau gibt es ein Denkmal für Soldaten, die im Zweiten Weltkrieg den Kriegsdienst verweigerten. Mit dem Ukraine-Krieg ist das Thema wieder aktuell geworden.
In Löbau gibt es ein Denkmal für Soldaten, die im Zweiten Weltkrieg den Kriegsdienst verweigerten. Mit dem Ukraine-Krieg ist das Thema wieder aktuell geworden. © SZ/R. Altmann-Kühr

Beinahe unscheinbar steht ein Gedenkstein an der Löbauer Brunnenstraße, etwas abgerückt von der Straße, in einer Nische am Stadtwall. "An dieser Stelle starben als Opfer des Faschismus einige kriegsmüde Soldaten", steht auf dem Stein. Jetzt rückt das versteckte Denkmal in Löbau in den Mittelpunkt - am Sonntag, dem 10. Dezember, findet hier eine Gedenkveranstaltung statt. Anlass ist der Tag der Menschenrechte.

Der Gedenkstein wurde kurz nach dem Zweiten Weltkrieg für zwei Soldaten - Kurt Rudolf Wagner aus Zwickau und Walter Erich Wukasch aus Malschwitz - aufgestellt, die nicht mehr kämpfen, sich nicht mehr an diesem aussichtslosen Krieg beteiligen wollten. Deshalb wurden sie verurteilt und am 13. März 1945 an dieser Stelle erschossen. Die Männer waren gerade einmal Anfang 20. Ein weiterer, namenloser Soldat wurde wenige Tage später ebenfalls an der Brunnenstraße in aller Öffentlichkeit erschossen.

Einige solcher Denkmäler für Kriegsverweigerer und kriegsmüde Soldaten, die als Deserteure verurteilt wurden, sind nach Kriegsende in der DDR zum Gedenken an die Ermordeten errichtet worden. Ein weiteres gibt es im Löbauer Ortsteil Ebersdorf.

Das Thema von damals ist gerade wieder hochaktuell. Hunderttausende, meist junge Männer, sind seit dem Ausbruch des Ukraine-Krieges im Februar 2022 aus Russland, Belarus und der Ukraine geflohen, weil sie nicht in den Krieg ziehen, nicht andere ermorden oder selbst getötet werden wollten.

Um auf ihre Schicksale aufmerksam zu machen, ist die Object War Campaign ins Leben gerufen worden. Dahinter steht ein Bündnis zivilgesellschaftlicher Organisationen. Deren Forderung: Schutz und Asyl für Kriegsdienstverweigerer und Deserteure aus Russland, Belarus und der Ukraine.

Bundesweit gab es bereits Unterschriftensammlungen mit 50.000 Unterstützern. Tatsächlich ist es so, dass nur ein kleiner Teil von denen, die nicht in den Krieg ziehen wollen, Asyl bekommt. Allein in Deutschland hätten von Februar 2022 bis September 2023 etwa 3.500 Männer im "wehrfähigen" Alter zwischen 18 und 45 Jahren einen Asylantrag gestellt. Nur 400 wurden bisher überhaupt bearbeitet, 90 davon positiv beschieden, listet die Kampagne die aktuellen Zahlen auf.

Die Macher der Object War Campaign rufen jetzt eine Aktionswoche aus, die noch bis zum internationalen Tag der Menschenrechte am 10. Dezember geht. In mehreren deutschen Städten und auch europaweit gibt es dazu Aktionen. Auch Löbau macht mit. Hier haben sich dafür die evangelische Kirche, der Verein "Löbau lebt" und das Stadtmuseum sowie die Evangelische Stadtjugendarbeit Görlitz zusammengetan. Geplant ist eine Veranstaltung am Denkmal mit Kunst, Musik und Informationen zum Thema Kriegsverweigerer und Asyl.

So soll über das Denkmal selbst und die Situation von Kriegsdienstverweigerern und Deserteuren aus Russland, Belarus und der Ukraine berichtet werden. Es gibt eine Kunst-Installation "Stühle für Deserteure" und Musik vom Collegium Canorum Lobaviense mit Kirchenmusikdirektor Christian Kühne. Bei der Kunst-Installation werden Stühle aufgestellt mit Namen von Betroffenen. "Wir wollen zeigen, dass das Thema nicht abstrakt ist, dass es konkret Betroffene gibt", sagt Christian Kühne. Ob in Löbau selbst Asylbewerber leben, die als Kriegsdienstverweigerer geflüchtet sind, darüber gibt es keine genauen Angaben. Dennoch wollen die Kirche und die anderen Partner das Thema aufgreifen. "Es gibt das Recht, sich dem Kriegsdienst zu verweigern", so Kühne. "Und das sollte jeder ohne Konsequenzen ausüben können." (SZ)

  • Die Veranstaltung beginnt am Sonntag, dem 10. Dezember, 12 Uhr am Deserteurs-Denkmal an der Löbauer Brunnenstraße.