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Neugersdorf: Fabrikantenvilla soll Firmensitz werden

Radikalkur an der Hort-Villa: Zum Erstaunen vieler Einwohner wurde das Gelände an der Hauptstraße 35 jetzt gründlich beräumt. Was der neue Eigentümer plant.

Von Romy Altmann-Kuehr
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Die Villa in Neugersdorf an der Hauptstraße 35. Das Grundstück und die benachbarte Fläche wurden jetzt beräumt.
Die Villa in Neugersdorf an der Hauptstraße 35. Das Grundstück und die benachbarte Fläche wurden jetzt beräumt. © Rafael Sampedro/foto-sampedro.de

Das Areal ist kaum wiederzuerkennen: Zahlreiche Bäume sind gefällt, jede Menge Gestrüpp und Wildwuchs entfernt, eine alte baufällige Baracke abgerissen. Und es wird sich noch deutlich mehr verändern auf dem Grundstück der markanten Villa an der Hauptstraße 35 in Neugersdorf.

Nachdem zwei Jahre Baustopp herrschte, weil erst Angelegenheiten mit der Denkmalschutzbehörde geklärt werden mussten, hat der neue Eigentümer der Villa die Arbeiten wieder aufgenommen. Das dahinter liegende Grundstück, bebaut mit einer alten Baracke, hat er dazu gekauft. Ende des vergangenen Jahres machte er den Kauf mit der Stadt perfekt.

Bauanträge sind eingereicht

2018 hatte der Unternehmer aus der Münchner Gegend die Villa samt Grundstück gekauft. Zu DDR-Zeiten war hier eine Kindereinrichtung, auch eine Art Jugendklub soll sich im Keller befunden haben, wie ältere Neugersdorfer erzählen. Längere Zeit hatte sie dann aber leer gestanden, bis sich mit dem Mann aus dem Nachbarbundesland wieder ein Interessent fand.

Zunächst ist das Gelände jetzt beräumt und vom Wildwuchs befreit worden, berichtet der Eigentümer. Seinen Namen will er aus geschäftlichen Gründen noch nicht preisgeben. "Das war höchste Zeit, dass hier was getan wurde. Mehrere Bäume sind beim Fällen regelrecht zerbrochen", erzählt er. Mit einem Baumgutachter hat er zuvor das gesamte Grundstück besichtigt und sich Rat geholt, welche Bäume wegmüssen. Mehrere der alten, mächtigen Bäume blieben aber auch stehen, der Park-Charakter, der für die ehemaligen Fabrikantenvillen in der Gegend so typisch ist, bleibt erhalten. "Zudem planen wir später Ersatzpflanzungen."

Gebaut werden soll auch - und zwar umfangreich. "Wir haben die Bauanträge beim Landratsamt eingereicht", erzählt der Villenbesitzer, der sich für sein Vorhaben Unterstützung vom Zittauer Ingenieur Swen Rost geholt hat. "Er ist auf Denkmalschutz spezialisiert." Der Eigentümer rechnet damit, dass es im Mai mit der Sanierung der Villa losgehen kann. Äußerlich soll sie bleiben, wie sie ist. Innen wird der Bauherr eine Wohnung für sich und seine Familie einrichten, sowie Büros und Besprechungsräume für seine Firma. Denn der Bayer will seinen Unternehmenssitz nach Neugersdorf verlegen.

Modernste Technik im historischen Gewand

Dafür soll zudem auf dem jetzt vom Wildwuchs befreiten Gelände hinter dem Villengrundstück ein Neubau errichtet werden. Ein 400 Quadratmeter großes Firmengebäude plant der Investor. Das soll - wie die Villa - in Klinkerbauweise errichtet werden, sodass es zusammen mit dem historischen Haus ein stimmiges Gesamtbild ergibt.

Von außen soll das neue Gebäude zwar historisch aussehen, innen wird sich aber modernste Technik verbergen. Der Bayer will ein Unternehmen etablieren, das Spezialteile im 3D-Druck-Verfahren herstellt. Die Energie, die dafür benötigt wird, will er künftig komplett selbst erzeugen - mit Fotovoltaik. Außerdem werden weitere Systeme installiert, um das ganze Areal ökologisch zu betreiben: Das Abwasser aus der Osmose der Druckanlagen wird in Zisternen eingespeist und zur Bewässerung der riesigen Außenanlagen genutzt. Um sensible Teile zu drucken, wird in den Produktionsräumen außerdem eine konstante Temperatur und Luftfeuchtigkeit benötigt. Auch dabei entsteht Abwasser. Das Regenwasser von den Dächern wird ebenfalls aufgefangen. Genutzt werden soll es nicht nur zum Gießen, sondern auch zum Beispiel für die Toilettenspülung oder die Waschmaschine. Abwärme von den großen Druckern wird künftig in Heizleistung umgewandelt.

Zukunft in der Oberlausitz

Seit 24 Jahren betreibt der Bayer in seiner Heimat ein Maschinenbauunternehmen. Inzwischen beschäftigt er sich aber auch mit 3D-Druck und hat damit ein weiteres Unternehmen gegründet. Das ist bereits erfolgreich und stellt beispielsweise Prothesen her. Er schwärmt geradezu von der 3D-Druck-Technik. Es gehe schnell, mache keinen Lärm und man könne die unglaublichsten Dinge in dem Verfahren herstellen. "Man muss nicht erst, wie im Metallbau, eine Form bauen, man braucht keine Werkzeuge", nennt er weitere Vorteile. Am Computer wird stattdessen das Modell erstellt und dann aus Spezialkunststoff gedruckt. In kürzester Zeit könne man so eine große Menge an Teilen produzieren.

Nach Fertigstellung des Neubaus in Neugersdorf soll das 3D-Unternehmen hierher umziehen. Am neuen Standort will der Inhaber dann in neue Technik investieren. Mehrere Arbeitsplätze werden dadurch hier entstehen, stellt er in Aussicht.

Im Sommer 2023, so plant der Unternehmer, will er nach Neugersdorf umziehen - sowohl privat mit seiner Familie als auch mit dem Firmensitz. Er sieht seine Zukunft in der Oberlausitz. Seine Frau stammt aus der Bautzner Gegend, daher suchte das Ehepaar nach einem neuen Wohnsitz in der Region. In Neugersdorf ergab sich nun sogar die Gelegenheit, auch den Geschäftssitz mit anzusiedeln. Bisher sei er hier gut aufgenommen worden, erzählt der Bayer. "Die Leute sind wesentlich entspannter, als in München."