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Eibauer liefert ein Jahr lang Strom - und hat bisher keinen Cent Vergütung bekommen

Die Zahl der privaten PV-Anlagen, die ins Netz einspeisen, hat sich verdreifacht. Der Stromversorger SachsenEnergie hängt bei der Bearbeitung hinterher.

Von Romy Altmann-Kuehr
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Georg Röttig aus Eibau vor dem Schuppen mit der PV-Anlage.
Georg Röttig aus Eibau vor dem Schuppen mit der PV-Anlage. © Matthias Weber/photoweber.de

Georg Röttig hatte das alles gut durchgeplant: In Eibau saniert der 43-Jährige nach und nach ein großes Umgebindehaus. Das kostet nicht nur viel Zeit und Arbeit, sondern auch Geld. Deshalb hat sich der Bauherr entschlossen, eine Fotovoltaikanlage zu installieren. So hofft er, bei den Stromkosten etwas sparen zu können. Das Prinzip privater Fotovoltaikanlagen funktioniert vereinfacht so: Der Bauherr speist Strom, den er nicht selbst braucht oder nutzen will, ins öffentliche Netz ein. Dafür bekommt er von seinem Stromversorger eine Vergütung. Bei Georg Röttig ist das SachsenEnergie. "Zwar bekomme ich pro Kilowattstunde, die ich abgebe, viel weniger, als ich der SachsenEnergie zahlen muss, wenn ich Strom zukaufe", sagt Georg Röttig. Sparen könne er trotzdem etwas.

Bis jetzt aber hatte der Eibauer nur Ärger mit der Anlage. Denn: SachsenEnergie hat offenbar bis jetzt den Anschluss seiner PV-Anlage nicht offiziell registriert und auch noch keine Einspeisevergütung an Georg Röttig ausgezahlt, obwohl die Anlage schon seit etwa einem Jahr Strom produziert und ins öffentliche Netz einspeist.

Was ist da schiefgelaufen? Um das nachzuvollziehen, schildert Röttig den Hergang. Im Winter 2022/23 installierte er die Fotovoltaikplatten auf dem Schuppen seines Grundstücks an der Lammstraße. Dort sei die Ausrichtung ideal, um von der Sonneneinstrahlung zu profitieren, sagt er. Einen Speicher hat die Anlage nicht. Dafür seien ihm die Kosten zu hoch, sagt der Bauherr. Röttig nutzt den Strom, wenn er entsteht. Der Rest, den er nicht selbst verbrauchen kann, geht ins öffentliche Netz. Der Eibauer versucht aber, möglichst viel vom selbst produzierten Strom zu nutzen und lässt vor allem Stromfresser wie Waschmaschine oder Geschirrspüler tagsüber laufen, wenn die Sonne scheint und Strom produziert wird.

Anlage speist schon ein Jahr lang ein

Ein Elektriker prüfte die Anlage und nahm sie ab. Der Fachmann füllte auch alle nötigen Protokolle aus. Um von der Einspeisung ins Netz zu profitieren, brauchte Bauherr Georg Röttig aber noch einen neuen Stromzähler. Den Tausch meldete er beim Energieversorger SachsenEnergie an. "Mein Elektriker hatte mich schon vorgewarnt, dass das eine Weile dauern kann", erzählt er. Und tatsächlich - lange passierte nichts. In der Zwischenzeit meldete Röttig seine Anlage schon einmal bei der Bundesnetzagentur. "Ich dachte mir, sie ist ja fertig." Seine Eigeninitiative hat offenbar für etwas Beschleunigung gesorgt, denn schon bald darauf ließ SachsenEnergie den Stromzähler tauschen, berichtet der Eibauer. Und in der Zwischenzeit hatte er auch per Post eine "Bestätigung des Netzeinspeisungsverhältnisses" bekommen. Die Unterlagen liegen SZ vor. Weitere Daten wurden nicht gefordert.

Damit war die Sache für Georg Röttig erledigt und er nahm seine Fotovoltaikanlage in Betrieb. Das war vor rund einem Jahr. Seitdem nutzt er ihren Strom und speist fleißig ins Netz ein. Doch jetzt hat SachsenEnergie offenbar bemerkt, dass da was nicht stimmen kann. Röttig hatte seinen Stromverbrauch gemeldet, wie es Kunden regelmäßig tun müssen, damit der Versorger die zu zahlenden Abschläge ermitteln kann. Und Röttigs Wert erschien SachsenEnergie offenbar zu niedrig. Weil der Eibauer ja einen neuen Zähler hatte, begann der bei null zu zählen. So fiel das Ganze erst auf.

Mittlerweile wurde Georg Röttig aufgefordert, Unterlagen nachzureichen für seine Anlage. Die Schreiben waren nicht gerade freundlich und man drohte ihm sogar mit Sanktionen. "Die Sachen liegen SachsenEnergie eigentlich schon lange vor", sagt er. Trotzdem hat er jetzt noch einmal alles hingeschickt. Und wartet nun darauf, dass sich endlich alles klärt und er auch mal eine Abrechnung bekommt. Denn genauso wie er keine Vergütung erhielt, hat er seit einem Jahr auch keine Rechnung über Abschlagszahlungen bekommen. Georg Röttig geht davon aus, dass er noch nachzahlen muss.

SachsenEnergie begründet die Probleme damit, dass die Mitarbeiter mit der Bearbeitung schlicht nicht hinterherkommen. Die Energiewende bedeute eine noch nie dagewesene Herausforderung, schildert die Sprecherin des Unternehmens, Viola Martin-Mönnich, auf Nachfrage. Das bedeute einen Riesenaufwand auf technischer sowie personeller Ebene. Die Netze müssten erneuert werden. 2024 investierte das Tochterunternehmen SachsenNetze allein 210 Millionen Euro in Erneuerung und Ausbau der Stromnetze. Auch die Kollegen, die mit den Neuanschlüssen beschäftigt sind, hätten derzeit immens viel zu tun. Zahlreiche private Bauherren melden jetzt PV-Anlagen an. Vor allem seit dem vergangenen Jahr sei die Zahl der Anlagen im Netzgebiet von SachsenEnergie sprunghaft angestiegen, erklärt die Sprecherin. "Im Vergleich zu 2022 hat sich die Zahl der angeschlossenen PV-Anlagen verdreifacht."

Die Bundesregierung habe zudem kurzfristig neue und komplexe Regelungen aufgestellt. "Deswegen kommt es aktuell zu längeren Bearbeitungszeiten", so die Sprecherin. Sie spricht von bis zu neun Monaten. Und sie versichert: "Alle Anlagen werden rückwirkend bearbeitet, sodass jeder seine korrekte Vergütung ab dem Zählereinbau erhält. Niemandem geht Geld verloren, sofern alle rechtlichen Anforderungen erfüllt sind." Das Unternehmen setzt auf die Geduld und das Verständnis der Kunden für die Wartezeiten.

SachsenEnergie kauft grünen Strom von Privaten

Bauherr Georg Röttig hat nach so langer Zeit kein Verständnis mehr dafür. Er weiß: Er ist kein Einzelfall. Ihm sind weitere Bauherren und SachsenEnergie-Kunden bekannt, die große Probleme mit ihren Fotovoltaikanlagen, der Einspeisung und der Abrechnung haben. Sein Vater betreibt schon seit Jahren eine Fotovoltaikanlage. "Dieses Jahr hat er noch nicht einen Cent an Vergütung ausgezahlt bekommen", erzählt der Sohn. Für seinen Vater wird das auch zu einem finanziellen Problem. Der Rentner kalkuliert mit dem Geld, das er über die Einspeisung regelmäßig vom Energieversorger bekommt.

Und abgesehen davon, dass Georg Röttig noch überhaupt nicht weiß, welche Stromkosten er schlussendlich jetzt hat, regt ihn die Sache noch aus einem anderen Grund auf: "Wir privaten Stromerzeuger peppen der SachsenEnergie die Ökobilanz auf", sagt er. Schließlich bekommt das Unternehmen auf diese Weise grünen Strom. "Und dann geht man so mit den Leuten um und lässt sie hängen." Außerdem rede doch die Politik ständig von Energiewende. Da könne es doch nicht sein, dass ausgerechnet diejenigen, die etwas dafür tun, so behandelt werden.