SZ + Löbau
Merken

Prozess um Rasierklingen-Köder in Ebersbach-Neugersdorf

Im Oberland lagen gefährliche Köder für Hunde aus. Dafür war ein Mann am Amtsgericht Zittau angeklagt - aber wie beweiskräftig waren dafür seine DNA-Spuren?

Von Markus van Appeldorn
 3 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Immer wieder werden vergiftete oder mit Nägeln oder Rasierklingen gespickte Köder zur Gefahr für Hunde - wie hier exemplarisch 2022 in Löbau.
Immer wieder werden vergiftete oder mit Nägeln oder Rasierklingen gespickte Köder zur Gefahr für Hunde - wie hier exemplarisch 2022 in Löbau. © R. Altmann-Kühr

Wenn die Anklage stimmte, die die Staatsanwaltschaft jetzt einem Mann am Amtsgericht Zittau vorwarf, so hatte dieser Mann gleich mehrere schädigen wollen - Hunde an Leib und Leben und deren Besitzer an der Seele. Dem 58-Jährigen aus Ebersbach-Neugersdorf wurde vorgeworfen, im Februar 2023 die Hunde seines Nachbarn mit Ködern verletzen zu wollen, die mit Rasierklingen gespickt waren - doch die Beweisführung erwies sich als äußerst löchrig.

Demnach soll der Mann nachts im Hof des gemeinsam bewohnten Grundstücks zwei Häufchen mit Lasagne ausgelegt haben - darin verborgen Rasierklingen. Und tatsächlich waren es stets die beiden Hunde, die jeden Morgen als erste in den Hof kamen, wie jener Nachbar als Zeuge vor Gericht aussagte. Das nachbarschaftliche Verhältnis sei schon seit langem schlecht - unter anderem deswegen, weil der Angeklagte immer seine Hunde provoziert habe. Die halte er zwar als Wachhunde, sie seien aber nicht aggressiv.

Er habe an jenem Morgen um 7.30 Uhr das Tor für seine Hunde geöffnet. Dabei seien ihm die beiden Häufchen aufgefallen. "Als ich das erste wegräumen wollte, habe ich mir in den Finger geschnitten", erzählte er, die Rasierklingen entdeckt und umgehend die Polizei alarmiert.

Ein DNA-Beweis, der keiner war

Und die fand nur wenige Meter entfernt in einem zur Leerung herausgestellten Mülleimer des Mietshauses Indizien, die auf den Angeklagten als Täter hinwiesen: Blaue Einmal-Handschuhe, abgelegt auf einer Schale mit Lasagne-Resten. Und eine Laboruntersuchung ergab: An den Handschuhen hafteten DNA-Spuren des Mannes. Damit war für die Staatsanwaltschaft der Tatbeweis geführt und es kam zur Anklage.

Der Angeklagte bestritt die Tat und sein Verteidiger trug vor, es hätte nie zu dieser Anklage kommen dürfen. Die DNA-Spuren würden nämlich in Wahrheit gar nichts beweisen. Denn: Ja, die Handschuhe gehörten seinem Mandanten. Weil er damals noch im Freundeskreis tätowiert habe, seien das einfach Arbeitsutensilien gewesen. Und die habe er genauso weggeworfen wie eine verdorbene Packung Fertiglasagne. Die habe sich aus der an der Straße stehenden Mülltonne jeder heraus klauben und mit Rasierklingen spicken können.

Der Richter wollte vom Angeklagten noch wissen wie dieser sich rasiere. "Mit der Maschine", antwortete der. Und außerdem habe er auch selbst mal einen Hund gehabt. Der Richter fand es zwar noch etwas seltsam, dass der Mann bei seinen damaligen Kunden daheim tätowiert habe und dann die Handschuhe daheim entsorgt hat, statt beim Kunden, aber eben: "Es waren halt einfach Handschuhe des Angeklagten, die in seinem Mülleimer lagen", sagte der Richter. Daher lasse sich aus dem Vorhandensein dessen DNA-Spuren keine zweifelsfreier Schluss auf die Tat ziehen.

Auch der Staatsanwalt stellte daraufhin fest, ein Tatnachweis sei in diesem Fall nicht zu führen gewesen - und plädierte auf Freispruch. Und auf diesen erkannte der Richter dann auch "im Zweifel für den Angeklagten". Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Zwar kann der ehemals Angeklagte keine Rechtsmittel einlegen, weil er freigesprochen wurde - wohl aber die Staatsanwaltschaft.