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Hohe Energiepreise und Top-Gewinne - Sind die Energieversorger Kriegsgewinner?

Bei den Stadtwerken in Zittau und Löbau und bei der SachsenEnergie steigen die Gewinne für das Ukraine-Krisenjahr 2022 erheblich. Woran liegt das?

Von Markus van Appeldorn
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Sind die Stadtwerke Zittau und andere Energieversorger Kriegsgewinnler?
Sind die Stadtwerke Zittau und andere Energieversorger Kriegsgewinnler? © Rafael Sampedro/foto-sampedro.de

Im Februar 2022 brach mit dem Überfall durch russische Truppen der Krieg über die Ukraine herein. Für deutsche Verbraucher verlief von da an die vorderste Kampflinie entlang ihrer Heizkörper. Russland drosselte seine Gaslieferung an Deutschland erheblich und stellte sie dann komplett ein. Der Gaspreis explodierte förmlich, die Inflation schnellte in die Höhe. Die hiesigen großen Energieversorger - die Stadtwerke in Zittau und Löbau und SachsenEnergie - erhöhten die Gaspreise für Verbraucher - teilweise mit der Begründung, das Gas auf dem Markt nun teurer einkaufen zu müssen. Doch in den Bilanzen zeigt sich jetzt: Alle drei Unternehmen haben ihre Gewinne 2022 signifikant gesteigert. Machen sich die Energieversorger in der Krise auf Kosten der Verbraucher die Taschen voll?

So schreiben die Stadtwerke Zittau in ihrem Lagebericht für das Geschäftsjahr 2022: "Im Verlauf des Jahres 2022 sind die Beschaffungskosten zeitweise stark gestiegen und haben den Einkauf von Gas und Strom sowohl auf dem Spotmarkt als auch dem Terminmarkt verteuert." Das habe zu mehrstufigen Aufschlägen für alle Kundengruppen geführt. In dieser Zeit waren bundesweit einige private Energieversorger insolvent gegangen, weil sie das Gas nicht mehr zu dem Preis einkaufen konnten, den sie ihren Kunden vertraglich zugesichert hatten. Weil diese Kunden dann in die gegenüber normalen Tarifen wesentliche teurere Grundversorgung der öffentlichen Versorger rutschten, wurde es für diese Kunden besonders teuer.

Über 500.000 Euro mehr Gewinn bei den Stadtwerken

Nun ist bei gestiegenen Abgabepreisen erwartbar, dass die Umsätze der Unternehmen steigen - sofern die Kunden nicht im gleichen Maß Energie einsparen. Aber auch die Gewinne? Und tatsächlich sank der Gasabsatz der Stadtwerke Zittau ausweislich des Geschäftsberichts im Jahr 2022 um 7,9 Prozent. "Aufgrund der milderen Witterung, insbesondere in den ersten beiden Monaten, als auch den kundenseitig umgesetzten Sparmaßnahmen im Zusammenhang mit der möglichen Gasmangellage", schreiben die Stadtwerke dazu und freuen sich über einen beträchtlichen Gewinnzuwachs: 2,35 Millionen Euro Jahresüberschuss gegenüber rund 1,8 Millionen Euro im Jahr 2021. Gerechnet hatten die Stadtwerke Zittau für 2022 auch nur mit einem Gewinn von 1,8 Millionen Euro. Allerdings: In den Vorjahren hatten die Stadtwerke immer rund 2,2 Millionen Euro erwirtschaftet.

Wie also geht das zusammen, die Gaspreise zu erhöhen und davon zu profitieren? Auf SZ-Anfrage teilen die Stadtwerke dazu mit: "Grundsätzlich ist darauf hinzuweisen, dass der Vergleich der Jahresüberschüsse 2021 und 2022 nicht belastbar ist." Die erwirtschafteten Ergebnisse müssten zwingend für die Innenfinanzierung der erforderlichen Investitionsmaßnahmen verwendet werden. In den kommenden Jahren seien erhebliche Investitionen in die Modernisierung der Infrastruktur sowie den Einsatz umweltfreundlicherer Technologien notwendig. "Dafür ist auch ein erheblicher Eigenkapitalanteil erforderlich", so die Stadtwerke. Das ist eine Erklärung zur nötigen Verwendung der Mittel - nicht aber zum Grund der Steigerung des Jahresüberschusses.

Die Marktpreise für Gas sind mittlerweile wieder auf Vorkriegsniveau. Werden die Stadtwerke die Verbraucherpreise nun auch wieder senken? Den Strompreis betreffend erklären die Stadtwerke, man habe eine zu Jahresbeginn wirksam gewordene Steigerung der "Netzentgelte Strom" nicht an die Kunden weitergegeben – "effektiv kommt dies einer Preissenkung für Strom gleich", so die Stadtwerke. "Hinsichtlich Gas prüfen wir aktuell, in welchem Umfang Preisanpassungen vorgenommen werden können. Herausfordernd ist auch hier, dass durch die bevorstehende Wiederanhebung der Mehrwertsteuersenkung (von 7 % auf 19 %) dies nur bedingt für den Kunden ersichtlich wird", heißt es.

Lukrative Gasspekulation bei SachsenEnergie

Auch die Stadtwerke Löbau sprechen in ihrem Geschäftsbericht für das Jahr 2022 von einer "turbulenten Preisentwicklung an den Energiemärkten". Im Bereich Gashandel seien die Umsatzerlöse trotz gesunkener Absatzmengen gestiegen. Und auch die Stadtwerke Löbau können sich über einen erklecklichen Gewinnzuwachs freuen: Der Erlös stieg auf 853.000 Euro gegenüber 525.000 Euro im Jahr 2021. Allerdings reicht das Ergebnis nicht an die Erlöse der Jahre 2019 und 2020 heran - 923.000 Euro beziehungsweise 1,5 Millionen Euro. Die Stadtwerke Löbau teilen dazu auf SZ-Anfrage mit: "Der reine Vergleich von Jahresergebnissen einzelner Jahre ist in der Regel wenig erhellend. Im Mehrjahresvergleich wird sehr deutlich, dass das Ergebnis des Jahres 2021 stark unter dem Durchschnitt lag, beeinflusst insbesondere durch Preisentwicklungen am Energiemarkt."

Oftmals würden Jahresergebnisse zusätzlich gegebenenfalls "durch periodenfremde oder einmalige Sachverhalte beeinflusst", was der Kaufmann als neutrales Ergebnis bezeichnet. Diese Effekte würden in unterschiedliche Richtungen wirken. "Zum anderen setzt sich das Jahresergebnis der Stadtwerke aus zehn - teils sehr unterschiedlich gearteten – Unternehmenssparten zusammen, deren Ergebnisbeiträge oftmals auch gegenläufig sind", so die Stadtwerke.

Außer in Löbau und Zittau werden die Menschen im Kreissüden von der SachsenEnergie versorgt. Bei dem Unternehmen vervierfachte sich der Jahresüberschuss 2022 gar beinahe von 21,47 Millionen Euro im Jahr 2021 auf 78,84 Millionen. In einem Interview mit der SZ erklärte das SachsenEnergie-Finanzvorstand Axel Cunow so: "Wir beschaffen sehr langfristig Energie und konnten so günstige Preise für die Energie aushandeln, die uns 2022 geliefert wurde." Zudem habe man 2022 prognostiziert, dass der Gasverbrauch der eigenen Kunden zurückgehen würde und etwa auch Gas an andere Energielieferanten oder den Großhandel verkauft - zu einem wesentlich höheren Preis als dem eigenen Einkaufspreis. Eine Spekulation, die hätte schiefgehen können, wenn der Kundenverbrauch nicht gesunken wäre. Dann nämlich hätte SachsenEnergie teuer Gas nachkaufen müssen. Das Unternehmen hat zu Jahresbeginn die Preise in allen Gastarifen gesenkt.