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Wie Frau Olga Männer ums Geld brachte

Eine raffinierte Trickdiebin aus Löbau hat sich vor allem Angetrunkene als Opfer gesucht. Doch vor 65 Jahren wurde ihr der Prozess gemacht.

Von Bernd Dreßler
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Auch in der Gaststätte „Alter Krug“ am Löbauer Neumarkt (Aufnahme von 2018) schlug die raffinierte Trickdiebin zu.
Auch in der Gaststätte „Alter Krug“ am Löbauer Neumarkt (Aufnahme von 2018) schlug die raffinierte Trickdiebin zu. © SZ-Archiv

Frau Olga schloss ihre Männerbekanntschaften im Löbau der Nachkriegszeit meist in Gaststätten. Sie hießen zum Beispiel „Gambrinus“ oder „Alter Krug“, vorher als „Krug zum grünen Kranze“ bekannt. Meist suchte sie sich Männer aus, die genug Geld dabei hatten. Dafür hatte sie einen Riecher. Und dann stahl sie den nicht mehr ganz nüchternen Herren die Barschaften, ohne dass die es merkten. Frau Olga war eine Trickdiebin, sogar eine, die ihr Metier meisterlich beherrschte.

Schon 1952 muss sie ihre Langfinger ausgestreckt haben, als sie im „Gambrinus“ an der Ecke Poststraße/Promenadenring saß, sich ein Opfer am Nebentisch ausguckte und es bat, ihr ein Glas Bier zu spendieren. Auf dem Nachhauseweg griff Frau Olga am „Oberlausitzer Hof“ dem ahnungslosen Mann blitzschnell in die Innentasche seiner Jacke, zog die Brieftasche heraus und flüchtete. Weiterer Ort ihrer Raubzüge war der „Alte Krug“ am Neumarkt. Hier prahlte im September 1952 ein Gast damit, dass er über 200 Mark bei sich habe. Das ließ sich die diebische Elster nicht zweimal sagen. Sofort setzte sie sich in die Nähe des Prahlhanses, verwickelte ihn in ein Gespräch und bemächtigte sich unbemerkt eines Geldscheinbündels von 140 Mark. 

Auch drei Jahre später war das Feld für ihre Trickdiebereien noch gut bestellt. Wieder war der „Alte Krug“ Tatort. Dort muss es am 16. März 1955 hoch her gegangen sein. Es wurden Würfelrunden ausgespielt, der Alkoholkonsum florierte so stark, dass die Wirtin um Mitternacht sturzbetrunken war. Da sah Frau Olga ihre große Stunde gekommen. Sie kassierte die Gäste ab und wusste somit, wer viel Geld bei sich hatte. Einen Zecher guckte sie sich aus, und der merkte nicht, dass sie ihm die Brieftasche mit 130 Mark sowie den Personal- und Dienstausweis aus der Gesäßtasche zog. Doch im Mai 1955 hatte es Frau Olga wohl übertrieben. Erneut wurde im „Alten Krug“ die Tat angebahnt, sprich eine Männerbekanntschaft gesucht. Diesmal begleitete die Diebin ihr Opfer auf dem Nachhauseweg. Am „Ratskeller“ bat sie ihn, eine Bockwurst zu kaufen. „Der hat genug Knete dabei“, muss sie gedacht haben, als der Spender seine Geldbörse öffnete. Sie nahm ihn in ihre Wohnung mit. Doch diesmal ging es schief.

Als es wenige Wochen später vor dem Kreisgericht Löbau zum Prozess kam, erhielt Frau Olga kein goldenes Diplom für meisterhafte Trickdiebstähle, wenngleich man ihr „unglaubliche Raffinesse“ bescheinigte. Auf der Quittung, die ihr der Richter vor 65 Jahren ausstellte, stand vielmehr: ein Jahr Gefängnis und Schadenersatz. „Besonders verwerflich ist, dass sie sich immer Männer suchte, die angetrunken waren und deshalb nicht mehr alles zu überblicken in der Lage waren“, hieß es in der Urteilsbegründung. Die Angeklagte habe kein Interesse an einer geregelten Arbeit, so das Gericht weiter. Ihr sei es lediglich darauf angekommen, sich auf solche Art Geld zu verdienen. Aber auch die Geschädigten bekamen ihr Fett weg: „Menschen, die dermaßen leichtfertig sind, müssen damit rechnen, dass sie diesem Leichtsinn zum Opfer fallen“, ermahnte der Richter.

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