So liefen die Corona-Proteste in Meißen und Radebeul

Meißen. Montagabends lässt man in Meißen das Auto besser stehen. Woche für Woche versammeln sich um die Tausend Teilnehmer zum Protestspaziergang auf dem Heinrichsplatz, welches Wetter auch komme. An diesem Montag zählt die Polizei beim Aufzug über die Altstadtbrücke, zum Robert-Koch-Platz und übers Landratsamt wieder zurück, 900 Teilnehmer. Zwischenzeitlich dürften es mehr gewesen sein.
Damit es nicht zu Verwechslungen kommt, haben sich mehrere Demonstranten Zettel um den Hals gehängt, auf dem steht, dass sie Sachsen und keine Nazis sind: Mit wem man spricht, die Demonstranten fühlen sich von der Presse falsch wiedergegeben, die ihren friedlichen Protest in die rechte Ecke schreiben würde.
Eine Protestbewegung, deren Treffpunkte über die Sozialen Netzwerke der Freien Sachsen kommuniziert werden. Die rechtsextreme Kleinstpartei wird vom Verfassungsschutz als Verdachtsfall eingestuft. Auch wenn der Protestzug am Montag heller leuchtete, mehr Kerzen und Pappschilder mit Forderungen herumgetragen wurden als sonst - auf denen zum Beispiel der Personalmangel in den Krankenhäusern kritisiert wird, kommt auch das größte Transparent von den Freien Sachsen. Zweimal macht der Aufzug Halt, um gemeinsam "Die Gedanken sind frei" zu singen.
Zeitgleich hat das Bündnis "Buntes Meißen" eine Gegenkundgebung auf dem Meißner Marktplatz organisiert – vor einem "Nazis sind Mörder"-Transparent werden Redebeiträge gehalten. Mehr als 100 Menschen sind diesem Aufruf gefolgt. Auch die Linksjugend Radebeul hat ihren Protest in dieser Woche nach Meißen verlegt. Besonders betroffen sind die Teilnehmer, da der Vorwurf im Raum steht, dass die Gegendemonstranten am vergangenen Montag als „Judenschweine“ beleidigt worden seien.
Der SPD-Landtagsabgeordnete Frank Richter hatte darauf eine Anzeige wegen Volksverhetzung gestellt. Um den Vorwurf zu untermauern, sammelt er Unterschriften von Augenzeugen, die den Vorwurf bestätigen können. Bislang haben mindestens drei Personen unterschrieben. "Ich finde es ziemlich infantil, dass sich die Demonstranten unter der Überschrift Spaziergänger verstecken. In Wirklichkeit wollen die Teilnehmer etwas Politisches", sagt Richter und fordert, dass auf den Aufzügen ein Verantwortlicher benannt wird.
Durch die Gassen auf den Marktplatz
Die Polizei versucht das schon seit Wochen. Jedes Mal würden Demonstranten angesprochen, um einen Anmelder benennen zu können. An diesem Montag sei dies erstmalig gelungen, teilte Polizeisprecher Marko Laske mit: Vor Ort habe ein Mann die Versammlung als Spontanversammlung und die Route angezeigt. Die Versammlung verlief friedlich.
Erst als die Proteste der Corona-Kritiker offiziell zu Ende sind, kommt es zu Bewegung auf dem Marktplatz. Um viertel neun setzen sich die acht Polizei-Kastenwagen auf dem Marktplatz in Bewegung, um sich quer vor den Zugängen zur Altstadt zu positionieren und diese zu blockieren. Damit es kein Aufeinandertreffen und schlimmstenfalls keinen Konflikt gibt, erklärt Polizeisprecher Marko Laske das Vorgehen.
Weil die Elbstraße dicht ist, steigern die "Spaziergänger" ihr Tempo. Es entwickelt sich ein Katz- und Mausspiel: "Links ausweichen" und schnell durch die engen Gassen auf den Marktplatz. Doch die Polizei ist jedes Mal schneller. Nach kurzen Diskussionen lassen sich die Demonstranten überzeugen, den Nachhauseweg anzutreten.
Über 1.000 Spaziergänger in Radebeul
In Radebeul versammelten sich am Montagabend wieder Gegner der Corona-Politik rund um den Kultur-Bahnhof. Es war geschätzt in etwa die gleiche Anzahl an Menschen wie in den Vorwochen. Da kamen zu den sogenannten Spaziergängen über 1.000 Personen. Da die Versammlung nicht angemeldet war, die Teilnehmer keine Masken trugen und auch keine Mindestabstände einhielten, forderte die Polizei kurz vor 19 Uhr über einen Lautsprecher die Ansammlung auf, sich aufzulösen. Doch statt sich in alle Winde zu verstreuen, setzte sich der Tross in Bewegung.
Die Spaziergänger nahmen ihre bekannte Route über Hauptstraße, Meißner Straße, Schumannstraße und Pestalozzistraße und liefen zum Rathaus. Vor der Pforte der Stadtverwaltung stellten sie unter anderem Kerzen ab. Der Demonstrationszug verlief ruhig. Es gab dieses Mal keinen Gegenprotest. Gegen 20 Uhr war der Spaziergang vorbei. Die Polizei machte unter anderem mit Videokameras Aufnahmen des Protestzuges.