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Sächsische Weinkönigin a.D.: Aus dem Amt, aus dem Sinn?

Am Sonnabend fand in Neustadt an der Weinstraße der Vorentscheid für die Wahl zur deutschen Weinkönigin statt. Sabrina Schreiber ging für Sachsen ins Rennen.

Von Andre Schramm
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Sabrina Schreiber zusammen mit Moderator Holger Wienpahl auf der Bühne.
Sabrina Schreiber zusammen mit Moderator Holger Wienpahl auf der Bühne. © Screenshot SWR / ARD

Meißen/Coswig/Neustadt. Während in Radebeul und Meißen ausgelassen gefeiert wird, herrscht Anspannung in einem ganz anderen Teil der Republik. Im knapp 600 Kilometer entfernten Neustadt an der Weinstraße (Rheinland-Pfalz) steht Sabrina Schreiber (vormals Papperitz) hinter der Bühne in der Stadthalle "Saalbau" und ist aufgeregt. Es geht um die Wahl der 75. Deutschen Weinkönigin, genauer noch um den Vorentscheid. 12 Gebietsweinköniginnen gehen ins Rennen. Nur fünf davon kommen ins Finale. Der SWR überträgt die Veranstaltung.

Momente später betreten die Damen die Bühne. Sabrina Schreiber wird als Kandidatin mit der weitesten Anreise anmoderiert. Sie trägt eine dunkelgrüne Hose mit passender Bluse. Die Kamera schwenkt in den mitgereisten Fanclub der 31-Jährigen. Dort sorgt u.a. Katja Riedel, Sächsische Weinkönigin 2012/2013, für Stimmung. Die Sachsen-Fahne ist auch zu sehen.

Es dauert gut eine Stunde, bis Sabrina Schreiber wieder die Bühne betritt - zur Fachbefragung. Zuvor wird sie, wie die anderen Bewerberinnen auch, in einem kurzen Video vorgestellt. Man erfährt, dass sie "Weinquereinsteigerin" ist, einen eigenen Weinberg hat und als studierte Biotechnologin einem Dresdner Pharmaunternehmen für Impfstoffe arbeitet. Ihr Mann Sebastian kommt auch zu Wort. Dann wird's ernst.

Zunächst ist ihre Meinung gefragt. Das Thema: Frauen in der Weinwirtschaft. Sie findet es gut, dass immer mehr Frauen in einem vormals männerdominierten Beruf arbeiten. Frauen können im Weinberg und eben auch im Keller anpacken. Zudem hätten sie auch eine andere Sensorik für Wein als Männer. Sie füllt die 45 Sekunden ohne Pause. Der Begriff "Vinissima" fällt mehrmals. Dabei handelt es sich um ein Netzwerk für Frauen in der Weinbranche.

Teil 2 dreht sich um Weinwissen. Die Frage: Was versteht man unter Terroir und wie beeinflusst es den Charakter des Weines? Sabrina Schreiber erzählt von der Bedeutung des Bodens, der Herkunft des Weins und der Lage. 45 Sekunden sind schnell um.

Müller-Thurgau statt Grauburgunder

Letzte und wahrscheinlich schwierigste Aufgabe: Sabrina Schreiber muss eine Weinfrage in Englisch beantworten. Schon weit vor dem Vorentscheid hatte sie erzählt, dass sie dafür extra noch Sprachunterricht nimmt. Die Frage geht so: Ein Reisender von Sri Lanka hat noch nie Wein getrunken. Welchen Wein würde sie empfehlen? "Gold Riesling from Saxony", sagt sie. Es sei ein seltener Wein mit wenig Alkohol und Zucker. Fertig ist Sabrina Schreiber damit aber noch nicht. Sie muss wenig später noch zusammen mit zwei weiteren Kandidatinnen zur Teamaufgabe ran: Blindweinverkostung. Den Wein charakterisieren und letztlich auch bestimmen, lautet die Mission. Sieben von zehn Merkmalen arbeiten die Damen gemeinsam heraus. Ihr Fazit: Weißburgunder oder Silvaner. Tatsächlich handelt es sich um Müller-Thurgau.

"Für mich war es ein absolutes Erlebnis", sagt sie. Der ganze Vorentscheid sei sehr professionell organisiert gewesen. "Ich hatte gewusst, dass schwer werden würde. Als ich von der Bühne gegangen bin, hatte ich ein gutes Gefühl", so Schreiber weiter. Gereicht hat es nicht. Jessica Himmelsbach aus Baden, Eva Brockmann aus Franken, Sarah Röhl von der Mosel, Lea Baßler aus der Pfalz und Katja Föhr aus dem Rheingau kamen am Ende weiter. Das Finale steht am Freitag an. Sabrina Schreiber will dem Weinbau weiter treu bleiben, vielleicht auch einen Weinlehrpfad in Radebeul wiederbeleben. Sie vertrat immerhin zwei Jahre das Weinanbaugebiet Sachsen, erst als Weinprinzessin, danach als Weinkönigin. Ihre Krone gab sie im August an Alona Chesnok ab.

Bilderstau in sozialen Medien

Etwas enttäuscht zeigte sie sich darüber, dass sie keine Unterstützung durch den hiesigen Weinbauverband hatte. "Wir drücken dir die Daumen oder wünschen dir Glück. Es kam nix", sagt sie. Auch hinterher sei keine Nachricht gekommen. Im Gegensatz zu anderen Weinhoheiten reiste sie ohne Vertreter ihres Verbandes nach Neustadt. "Dort wird eben auch Lobbyarbeit betrieben", erzählt die 31-Jährige. Sie sagt es zwar nicht so deutlich, doch man gewinnt schnell den Eindruck, dass sie sich von Verbandsseite alleingelassen fühlt. Immerhin hielten die Weinbaugemeinschaft Niederlößnitz (Radebeul), Familie, Freunde und ehemalige Weinhoheiten zur Stange. Insgesamt 23 Leute waren dabei, um Sachsens Weinkönigin 2022/2023 zu unterstützen – weit weg von der Heimat.

Auch in sozialen Netzwerken gab es – außer bei Maria Lehmann (Weinkönigin 2017/2018) – keinen Support für die Frau, die immerhin Sachsen vertrat. Dabei hatte der Account vom Weinbauverband Sachsen mit Sabrina in der Vergangenheit immer eine gute Content-Lieferantin. Auf dem offiziellen Profil "Sächsische Weinhoheiten" ist es seit ihrem Amtszeitende ebenfalls still geworden. Wie SZ an anderer Stelle erfuhr, rückt wohl jemand die Zugangsdaten nicht raus. Es dürfte wohl inzwischen einen erheblichen Bilderstau geben. Nach dem letzten Wochenende erst recht.