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Autofahrer bedroht: "Ich steche dich ab"

Die Firma eines Radebeulers läuft schlecht. Seinen Frust betäubt er mit Alkohol. Eine verhängnisvolle Mischung.

Von Jürgen Müller
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Mit einem Cuttermesser ähnlich diesem, soll der Angeklagte einem Autofahrer gedroht haben, ihn abzustechen.
Mit einem Cuttermesser ähnlich diesem, soll der Angeklagte einem Autofahrer gedroht haben, ihn abzustechen. © Claudia Hübschmann

Meißen. Das Polizeiauto fährt an jenem Julinachmittag vorigen Jahres hinter dem Transporter des Radebeulers mit Blaulicht hinterher. Die Beamten sind auf den Fahrer aufmerksam geworden, weil er keinen Sicherheitsgurt angelegt hat. Sie ahnen nicht, dass sie bei der Kontrolle einen anderen Treffer landen. Denn der 55-jährige Fahrer hat eine mächtige Alkoholfahne. Der Verdacht bestätigt sich. Die Blutalkoholkontrolle ergibt einen Alkoholwert von 2,68 Promille.

"Ich hatte massive Geldprobleme mit meiner Firma, habe deshalb wieder mit Alkohol angefangen. Aber das rechtfertigt die Tat natürlich nicht", gibt sich der Selbstständige vor Gericht reuig. Er sei froh, dass ihn die Polizei rausgezogen habe. "Ich muss mich bei der Polizei bedanken. Sonst hätte ich vielleicht noch einen totgefahren", sagt er.

An jenem Tag habe er Ware verladen, die in die Verzinkerei gebracht werden sollte. Sein Mitarbeiter, der fahren sollte, sei aber nicht auf Arbeit gekommen. Deshalb habe er sich selbst ans Steuer gesetzt. Und das, obwohl er am Vormittag schon reichlich getrunken hatte.

Ausraster an der roten Ampel

Seinen Frust und seine Probleme ertränkt er mit Alkohol. "Wenn ich getrunken habe, verliere ich immer die Kontrolle", gibt er zu. So war das wohl auch gut drei Monate vor der Tat. Da wird er von einem anderen Auto überholt. An der Ampel, die auf Rot steht, steigt er aus, geht zu dem anderen Fahrer, zückt ein Cuttermesser, sagt: "Ich steche dich ab, du überholst mich nicht!"

Ein paar Wochen später rastet er in einer Radebeuler Tanzschule aus, schreit einen Mann an, der fahre "wie ein Schwein". Dann geht er auf den Parkplatz, beschädigt ein Auto. Es ist aber gar nicht das Fahrzeug dieses Mannes. Bei den Besitzern hat er sich inzwischen entschuldigt und den Schaden von 323 Euro beglichen.

Sein Alkoholismus bringt den Deutschen nicht nur vor Gericht, auch seine erst Ende 2019 geschlossene Ehe leidet darunter. "Wenn du so weitermachst, geht unsere Ehe vor die Hunde", habe seine Frau gedroht. Das hat wohl Wirkung gezeigt. Er macht jetzt eine ambulante Therapie. "Ich hoffe, dass ich bis zum Lebensende nicht mehr saufe und niemanden mehr beleidige", sagt er.

Der Radebeuler sitzt nicht das erste Mal vor Gericht. Er wurde schon wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr - auch da war er betrunken -, vorsätzlicher gefährlicher Körperverletzung und Widerstandes gegen Polizisten zu einer Haftstrafe von einem Jahr verurteilt. Die Strafe wurde zur Bewährung ausgesetzt. Verurteilt wurde er am Amtsgericht Meißen im Frühjahr 2004. Die Tat selbst geschah fünf Jahre zuvor. Dann war lange Zeit Ruhe. 2013 wird er erneut verurteilt. Wegen Trunkenheit im Verkehr. Diesmal kommt er mit einer Geldstrafe davon. Und die Fahrerlaubnis ist weg.

Geständnis und Reue zahlen sich aus

Der Antrag des Staatsanwaltes ist relativ gemäßigt. Er fordert wegen Trunkenheit im Verkehr, Beleidigung, Bedrohung in zwei Fällen und Sachbeschädigung eine Geldstrafe von 3.400 Euro. Die Fahrerlaubnis soll entzogen werden, der Führerschein, der sich seit dem Vorfall in amtlicher Verwahrung befindet eingezogen werden. Nicht vor Ablauf von noch 14 Monaten soll ihm die Behörde eine neue Fahrerlaubnis erteilen dürfen.

Damit kann sich auch der Verteidiger anfreunden. "Mein Mandant hat sich mit seltener Klarheit geäußert. Unter dem Druck, seine Existenz und seine Ehe zu verlieren, bekämpft er jetzt die Ursachen", sagt er.

Die Richterin verurteilt den Radebeuler zu der beantragten Strafe. Damit wird er wie ein Ersttäter behandelt. Die Geldstrafe von 85 Tagessätzen zu je 40 Euro wird nicht ins Führungszeugnis eingetragen, dies ist erst bei mehr als 90 Tagesätzen der Fall. Ob er nach den 14 Monaten wieder eine Fahrerlaubnis erhält, hängt von einer erfolgreich bestandenen medizinisch-psychologischen Untersuchung, dem sogenannten "Idiotentest", ab.

Eines zeigte die Verhandlung deutlich: Ein Geständnis und ehrliche Reue zahlen sich vor Gericht aus.