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Kreis Meißen: Kein Spaß am Weihnachtsshopping

Weniger Kunden, verhaltene Kauflust und Beschimpfungen. Den Händlern macht das Vorweihnachtsgeschäft auch in diesem Jahr kaum Freude.

Von Beate Erler
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Weihnachtseinkäufe mit Handbremse: Barbara Bastian am Schaufenster des Großenhainer Weihnachtskaufhauses auf dem Frauenmarkt. Sie verkauft dort auch Heil- und Wassersteine. Händler schätzen Umsatzeinbußen durch 2G von 30 bis 40 Prozent.
Weihnachtseinkäufe mit Handbremse: Barbara Bastian am Schaufenster des Großenhainer Weihnachtskaufhauses auf dem Frauenmarkt. Sie verkauft dort auch Heil- und Wassersteine. Händler schätzen Umsatzeinbußen durch 2G von 30 bis 40 Prozent. © Norbert Millauer

Meißen. Das kleine Geschäft „Mode und Accessoires“ in Altkötzschenbroda ist leer. Nur die Inhaberin steht hinter dem Tresen und wartet auf Kundschaft: „Am Montag war keine einzige Kundin da und gestern nur eine“, sagt die Inhaberin des Bekleidungsgeschäftes, Sylvia Wachtel. Sicherlich spiele auch das graue und windige Wetter eine Rolle, aber: „Das Weihnachtsgeschäft läuft vor allem aufgrund der Corona-Maßnahmen sehr schlecht“, sagt sie. Die Öffnungszeiten in ihrem Geschäft, das vor allem Bekleidung für Frauen anbietet, hat sie angepasst und öffnet erst ab zwölf Uhr.

Momentan hofft sie auf den langen Einkaufssamstag am dritten Adventswochenende: „Da gibt es noch einmal 20 Prozent Rabatt“, sagt Sylvia Wachtel. Am schlimmsten für ihr Geschäft sei die Absage des Weihnachtsmarktes am Dorfanger in Altkötzschenbroda. „Zu dieser Zeit war hier sonst immer alles voll, die Touristen sind gekommen und haben mein Geschäft besucht“, sagt sie. Aber auch sonst sei die Stimmung einfach schlecht: Die Leute hätten keine Kauflust, denn alle Aktivitäten und Feiern sind verboten. Wichtig wäre aus ihrer Sicht, den Kunden ausreichend kostenlose Testmöglichkeiten zur Verfügung zu stellen, um ein unbeschwertes Einkaufen zu ermöglichen.

Seit dem 22. November gilt in Sachsen die 2G-Regel im Einzelhandel. Kunden müssen ihren Impf- oder Genesenenausweis vorlegen. Die Betreiber der Geschäfte sind zur Kontrolle der Dokumente verpflichtet. Außerdem dürfen die Läden nur noch bis 20 Uhr öffnen und nur ein Kunde pro zehn Quadratmeter Verkaufsfläche darf sich im Geschäft aufhalten. Der Handelsverband Deutschland bezeichnet die 2G- und 3G-Regeln als unnötiges Hemmnis für die Händler. Der Einzelhandel ist demnach auch schwach ins Weihnachtsgeschäft gestartet: In einer Umfrage von 350 Unternehmen gaben nur 20 Prozent an, mit ihrem Start zufrieden zu sein.

Dabei ist gerade der Dezember für viele Händler wichtiger als je zuvor. Doch der Trend zum Onlinekauf setzt sich fort. 62 Prozent der Verbraucher kaufen ihre Geschenke hauptsächlich online, hat das größte deutsche Marktforschungsinstitut GfK in einer Analyse zum Einkaufsverhalten zu Weihnachten herausgefunden. Der Hauptgeschäftsführer vom Handelsverband Sachsen, René Glaser, spricht von 30 bis 50 Prozent Umsatzverlust für die Händler aufgrund der 2G-Regel. Außerdem sei es für die Inhaber der Geschäfte schwierig die Regelungen und deren Kontrolle umzusetzen: „Das Weihnachtsgeschäft muss funktionieren“, sagt er, „ein erneuter kompletter Lockdown wäre für den Einzelhandel ein Fiasko.“

Auch auf der Hauptstraße in Radebeul kämpfen die Händler vor allem mit der 2G-Regel: Ein Geschäft musste mit Beginn der neuen Woche einen Security-Mitarbeiter für die Kontrolle einstellen: „Wir sind hier zum Teil beschimpft worden, das war nicht schön“, sagt die Filialleiterin, die anonym bleiben möchte. Die Stimmung sei gerade sehr aggressiv. Von der Politik habe sie anderes erwartet, denn auch sie merkt die Unterschiede im Kaufverhalten deutlich. Nur wenige Meter weiter hat das Volkskunststübchen von Elke Tzschöckell geöffnet: Immer nur zwei Kunden dürfen gleichzeitig in ihren winzigen Laden mit erzgebirgischer Volkskunst. „Durch die Absage der Weihnachtsmärkte läuft es bei uns ganz gut“, sagt die Inhaberin. Besonders gut gehen in diesem Jahr die Herrnhuter Sterne, von denen sie schon 95 Stück verkauft hat. Dennoch sei die 2G-Regel hinderlich für ein gutes Weihnachtsgeschäft.

Das Weihnachtsgeschäft läuft schlecht, sagt Sylvia Wachtel in ihrem Bekleidungsgeschäft in Altkötzschenbroda.
Das Weihnachtsgeschäft läuft schlecht, sagt Sylvia Wachtel in ihrem Bekleidungsgeschäft in Altkötzschenbroda. © René Plaul

Bis zu 40 Prozent Umsatzeinbußen

In der Großenhainer Innenstadt verursacht die 2G-Regelung etwa 30 bis 40 Prozent Umsatzeinbußen. „Die Absage der Weihnachtsmärkte sorgt bereits jetzt für deutlich weniger Frequenz in unserer Innenstadt als in den Vorjahren“, sagt Alexander Ehrke, Zentrumsmanager im Auftrag der Stadt Großenhain. Außerdem haben die Händler Sorge vor einem erneuten Lockdown. „Auch ein gut sortierter Onlineshop ersetzt nicht den persönlichen Kontakt zu den Kunden vor Ort“, sagt er. Aber es gibt auch eine gute Nachricht: Seit dem ersten Dezember hat das „Großenhainer Weihnachtskaufhaus“ wieder geöffnet. Mithilfe der Stadtverwaltung und der Eigentümerin eines leerstehenden Geschäftes konnte es in der Innenstadt einziehen. „Hier verkaufen nun einige Weihnachtsmarkthändler ihre Waren“, sagt Alexander Ehrke.

In den Meißner Neumarkt-Arkaden will sich niemand so richtig zum Anlaufen des Weihnachtsgeschäftes äußern. Auch hier weisen überall Aushänge auf die Kontrolle der 2G-Regel hin. Im Kaufhaus „Woolworth“ muss die Kassiererin am Eingang gleichzeitig die Kunden im Blick haben, die den Laden betreten: „Zeigen Sie mir bitte Ihren Ausweis“, sagt sie zu den Neuankömmlingen. Auch gegenüber im Bekleidungsgeschäft sollen die Kunden ihren Nachweis selbstständig vorzeigen. Die meisten Kunden machen das hier über ihr Smartphone. Am Mittwochnachmittag sind nur zwei Kundinnen im Geschäft: „Momentan geht besonders die Winterkleidung für Kinder gut“, sagt die Verkäuferin. Sie hat schon vor der Corona-Pandemie hier gearbeitet: „Es ist natürlich weniger los als die Jahre zuvor“, sagt sie. Zum Glück seien die Kunden aber verständnisvoll. „Nur wenige machen Ärger und diskutieren zum Beispiel über den Datenschutz“, sagt sie.

Claudia Mückel-Branig in ihrem Damenmode-Geschäft auf der Riesaer Hauptstraße.
Claudia Mückel-Branig in ihrem Damenmode-Geschäft auf der Riesaer Hauptstraße. © Lutz Weidler

Auf der Hauptstraße in Riesa betreibt Claudia Mückel-Branig ihr Damenmode-Geschäft „Toujours“. Sie ist gleichzeitig Vorsitzende des Wir e. V., der Werbegemeinschaft der Händler und Dienstleister in Riesa. Auch für sie läuft das Weihnachtsgeschäft verhaltener als in den Jahren vor Corona. „Es sind weitaus weniger Leute unterwegs und die gesamte Situation lädt nicht unbedingt zum Weihnachtsshopping ein“, sagt sie. Das Vorweihnachtsgeschäft ist im Einzelhandel eigentlich die umsatzstärkste Zeit. Deshalb hatten viele Einzelhändler die Hoffnung, in diesem Jahr vor Weihnachten vielleicht noch das eine oder andere aufzuholen, um die Umsatzeinbußen aus dem Frühjahr auszugleichen. Das Schlimmste wäre für sie jetzt noch die 2G+-Regelung. „Das käme aus unserer Sicht fast einem Lockdown gleich“, sagt sie.