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Neues Leben auf einem alten Lagerplatz

Ein verwildertes Areal in Bohnitzsch soll nicht nur beräumt werden. Dafür gab es grünes Licht im Stadtrat.

Von Harald Daßler
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Eine neue Wohnsiedlung soll in Bohnitzsch entstehen. Erste Entwürfe fanden jetzt die Zustimmung der Meißner Stadträte.
Eine neue Wohnsiedlung soll in Bohnitzsch entstehen. Erste Entwürfe fanden jetzt die Zustimmung der Meißner Stadträte. © Dr. Claus-Dirk Langer

Meißen. Das Gelände ist verwildert. Jede Menge Bauschutt und heimlich abgeladener Müll lassen den Lagerplatz der in den 90er-Jahren in Konkurs gegangenen Landbau GmbH so erscheinen, wie man sich eine Brache im schlechtesten Sinn vorstellt. Seine Lage in der Nähe zum Krankenhaus, Freizeitbad Wellenspiel und Elbecenter verbieten es, das etwa 3,8 Hektar umfassende Areal weiter verwildern zu lassen.

Christa Maier war auf das Gelände durch ihre Makler-Tätigkeit aufmerksam geworden. Zwei Jahre brauchte es, bis alles geregelt war, und sie gemeinsam mit einem Geschäftspartner alle Flurstücke des verwilderten Geländes erwerben konnte. Ursprüngliche Pläne, hier ein Tenniszentrum zu entwickeln, waren in der Stadt längst verworfen worden, berichtet Christa Maier – nicht zuletzt auch deshalb, weil sich der Heilige Grund als Sport- und Freizeitzentrum in Meißen etabliert hatte.

Somit lag es auf der Hand, die Brache in Bohnitzsch mit dem Ziel einer Wohnbebauung zu entwickeln. Im Flächennutzungsplan ist das Gebiet im nördlichen Bereich als künftige Wohnbaufläche und im südlichen Bereich als künftiges Sondergebiet Sport/Freizeit dargestellt. Ein geplanter Grünstreifen trennt die beiden Areale. „Der Flächennutzungsplan ist für die Bereiche, welche nicht als geplante Wohnbaufläche ausgewiesen sind, im Parallelverfahren … zu ändern“, zu ändern, heißt es im Beschluss, dem am späten Mittwochabend alle 23 anwesenden Stadträte zustimmten.

Für das Projekt konnte Christa Maier den Meißner Architekten, Stadtentwickler und Ortschronisten Claus-Dirk Langer begeistern und gewinnen. Sein Konzept mit dem Namen „Bohnitzscher Höfe“ orientiert sich an der Umgebung. Dort gibt es noch Dreiseithöfe, die aus der Zeit stammen, als Bohnitzsch noch ein eigenständiges Dorf war, ehe es 1914 eingemeindet wurde.

Die Entwürfe, die der Architekt im Stadtrat präsentierte, nehmen das auf. So sieht ein erster Bauabschnitt acht mehrgeschossige Bauten vor, die ähnlich der Hofstruktur des früheren Dorfes angeordnet sind. Hier kann auch eine Einrichtung zum betreuten Wohnen oder eine Tagespflege einziehen.

Der Neuntöter (Lanius collurio) erhielt seinen brutal klingenden Namen aufgrund seines Beuteverhaltens. Als Nahrungsreserve beziehungsweise zur Bearbeitung spießt er Insekten, kleine Vögel oder Mäuse auf Dornen oder spitze Zweige auf.
Der Neuntöter (Lanius collurio) erhielt seinen brutal klingenden Namen aufgrund seines Beuteverhaltens. Als Nahrungsreserve beziehungsweise zur Bearbeitung spießt er Insekten, kleine Vögel oder Mäuse auf Dornen oder spitze Zweige auf. © Nabu Deutschland

Mehrere Generationen unter einem Dach

Diese Häuser sollen sich für Wohnformern mehrerer Genrationen unter einem Dach eignen: „Alt und Jung könnten sich gegenseitig helfen – bei den Hausaufgaben der Kinder ebenso wie beim Einkaufen für die Älteren“, nennt Christa Maier ein Beispiel. Ob es so kommt, wenn die Entwürfe in Baupläne umgesetzt und schließlich als Häuser gebaut sind, wird die Nachfrage zeigen. Aber aus Sicht der Bauherrin wäre es im Sinne des Projektes, hier „keine reine Neubausiedlung hinzustellen“, wie sie sagt.

In zwei weiteren Bauabschnitten sehen die Entwürfe 25 bis 30 Eigenheime vor, die auf jeweils etwa 700 Quadratmeter großen Parzellen gebaut werden können. Die Erschließung es Wohngebietes soll vom Nassauweg aus erfolgen. Die genaue Zahl der Häuser, ihre Anordnung, ebenso Geschosshöhe, Dachformen und -farben wird eine Satzung regeln, die im weiteren Verlauf des Verfahrens erarbeitet wird.

Vor den Stadträten hatte Claus-Dirk Langer von Untersuchungen berichtet, die bereits auf dem Gelände stattfanden. Dabei wurden Glattnattern gefunden, die bereits umgesiedelt sind. Auch die selten gewordene und geschützte Singvogelart namens Neuntöter fiel den Gutachtern auf. Den Neuntöter beim Brüten möglichst wenig zu stören, wird im weiteren Planungsverlauf zu berücksichtigen sein – etwa bei der Auswahl von Bäumen und Sträuchern, die innerhalb de Wohngebiete reichlich angepflanzt werden sollen.

Die Pläne sehen auch vor, Regenwasserrückhaltebecken anzulegen, um die Kanalisation in dem künftigen Wohngebiet zu entlasten. Außerdem soll ein Feuchtbiotop, das sich auf dem verwilderten Gelände gebildet hat, neu angelegt werden.

Die Nähe zum Gelände des Freizeitbades Wellenspiel ist nicht ganz unproblematisch. Sollte es gelingen, das Freibad in den nächsten Jahren wiederzubeleben, „könnte Konfliktpotenzial entstehen“, wie es im Konzept des Architekten heißt. Sein Entwurf sieht einen 25 Meter breiten Grünstreifen vor, um Lärm vom Freibadgelände her abzuschirmen.

Ein Weg zum Freibad-Gelände

Gern greift Claus-Dirk Langer die Idee auf, einen Weg für Fußgänger und Radfahrer zu planen, der vom neuen Wohngeiet aus zum Freibadgelände führt. In den weiteren Planungsschritten müsste dann noch eine Lösung gefunden werden, wie dabei der Altersgraben überwunden werden soll. Das wäre über eine Brücke oder den Bau eines Damms möglich. Die genaue Klärung dieses Problems müsste ein Ingenieurbüro übernehmen.

„Das Konzept entspricht in vorbildlicher Weise unseren Vorstellungen zur Innenstadt-Verdichtung“, lobte Stadträtin Ute Czeschka von der Bürger für Meißen/SPD-Fraktion die vorgestellten Pläne. Oberbürgermeister Olaf Raschke (parteilos) verwies auf die große Nachfrage nach Wohnraum in der Stadt – der planerische Vorlauf für dieses Bauvorhaben sei wichtig.

Nachdem die Stadträte ihr Okay zum Aufstellungsbeschluss gaben, geht es nun darum, die Interessen aller zu berücksichtigen, die in irgendeiner Weise von diesem Bauvorhaben betroffen sind. In der Amtssprache nennt sich das „Beteiligung der Träger öffentlicher Belange (TöB)“. Dabei müssen alle Hinweise und Einwendungen erfasst werden. Außerdem gilt es, über eine Lösung für jedes einzelne der aufgeworfenen Probleme zu entscheiden.

Nun muss das Gelände gründlich beräumt werden. Danach können die Vermesser kommen, kündigt Claus-Dirk Langer die nächsten Schritte an. Außerdem muss der Boden weiter untersucht werden, um genaue Daten zur Versiegelung der Flächen zu erhalten. Erst auf dieser Grundlage können weitere Berechnungen für die nächsten Planungsschritte erfolgen.

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