SZ + Meißen
Merken

Escobars Nilpferd aus echtem Meissener Porzellan

Drei junge Künstler zeigen in der neuen Jahresausstellung der Meissener-Porzellan-Stiftung ihre Arbeiten. Es geht auch um einen Drogenbaron aus Kolumbien.

Von Andre Schramm
 3 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Eine Plastik von David Torres, die sich mit kolumbianischen Stereotypen auseinandersetzt. Um den Hals des Gangsters hängt ein Nilpferd aus weißem Porzellan.
Eine Plastik von David Torres, die sich mit kolumbianischen Stereotypen auseinandersetzt. Um den Hals des Gangsters hängt ein Nilpferd aus weißem Porzellan. © Claudia Hübschmann

Meißen. Das Nilpferd an der Halskette geht fast unter bei dem ganzen Bling-Bling, das der Plastik um den Hals baumelt. Der Kopf obendrüber hat goldene Zähne im Mund. Die Daunenjacke schmücken vorn die gekreuzten Schwerter, und hinten zwei gekreuzte Knarren. Klingt verdammt kriminell, und überhaupt nicht nach Meissen.

Das Porzellankunstwerk stammt von David Torres, einem gebürtigen Kolumbianer. Der 34-Jährige hat sich mit der Geschichte, genauer noch mit den Vorurteilen über sein Land auseinandergesetzt. Nicht nur das. Seine Großplastik ist auch ein Stück Familiengeschichte. Sein Vater betrieb in Kolumbien über 40 Jahre eine Porzellanmanufaktur, und bekam ab Anfang der 90er Jahre zweifelhafte Kundschaft. "Neben Fahrzeugen, Immobilien und anderen Statussymbolen wurden damals Porzellanskulpturen beim Drogenkartell immer beliebter", erzählt er.

Philsoo Heo, Helena Sekot und David Torres (v.l.n.r.) stellen in Meißen aus.
Philsoo Heo, Helena Sekot und David Torres (v.l.n.r.) stellen in Meißen aus. © Claudia Hübschmann

Das Nilpferd hat mit Pablo Escobar zu tun. Der Drogenboss ließ für seine Tochter einen Zoo bauen. Nachdem er bei einer Razzia gestorben war, hatte man die Tore der Anlage geöffnet, und die Tiere ihrem Schicksal überlassen. "Aufgrund fehlender natürlicher Feinde sind die Nilpferde heute in bestimmten Gegenden Kolumbiens eine regelrechte Plage geworden", erzählt Torres. Spricht man in seiner Heimat von "weißem Gold" ist etwas Anderes gemeint als Porzellan (Kokain).

Das Nilpferd in Torres' Plastik im Detail.
Das Nilpferd in Torres' Plastik im Detail. © Claudia Hübschmann

Ganz anders das Konzept von Helena Sekot. Die 27-Jährige hat typische Porzellangefäße regelrecht in ihre Bestandteile zerlegt. Fein säuberlich sind die Bruchstücke auf einer Schauwand sortiert. An anderer Stelle öffnete sie den Boden einer Porzellankanne, und beraubte sie damit einer ihrer wesentlichen Funktionen. "Meine Arbeiten lassen viele Assoziationen zu", sagt Sekot.

Helena Sekot dekonstruiert das klassische Porzellangefäß.
Helena Sekot dekonstruiert das klassische Porzellangefäß. © Claudia Hübschmann

Wer immer wissen wollte, wo die Grenzen des Porzellans liegen, was ihre Strapazierfähigkeit anbelangt, ist bei Philsoo Heo gut aufgehoben. Der Koreaner hat verschiedene Objekte so geformt, dass sie nun sehr instabil wirken. "Die Risse im Porzellan stehen für die Spannungen auf der Welt und in der Gesellschaft. Jeder muss damit seinen eigenen Umgang finden", erklärt der 31-Jährige.

Fragile Objekte von Philsoo Heo
Fragile Objekte von Philsoo Heo © Claudia Hübschmann

Alle drei Künstler erhielten 2022 den Richard Bampi, der Preis Gesellschaft der Keramikfreunde e. V. und konnten bei einem Atelieraufenthalt in der Manufaktur ihre Arbeiten fertigen. Für David Torres hat sich das Ganze in doppelter Hinsicht gelohnt. Er hat eine Festanstellung im Produktdesign und Marketing im Traditionsbetrieb auf der Talstraße bekommen.

  • Die Ausstellung "Knochen, Holz & Weißes Gold" zeigt insgesamt 40 Objekte, ist täglich von 10 bis 17 Uhr geöffnet und im Eintritt in die Erlebniswelt Haus Meissen und die Schauwerkstätten enthalten.
  • Erwachsene zahlen 14 Euro, Familien 30 Euro.
  • Jeden ersten Samstag im Monat finden um 11.30 Uhr Führungen statt.
  • Zeitraum der Schau: 15. März bis 5. Oktober 2024.