SZ + Meißen
Merken

Vor Gericht in Meißen: Schlafendes Kind missbraucht

Dass der Meißner Verbrechen begangen ist, ist ihm wohl immer noch nicht klar. Vor der Verhandlung versucht er sich zu drücken. Vergeblich.

Von Jürgen Müller
 3 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Der Angeklagte missbrauchte nicht nur das Kind seiner Freundin, sondern fertigte auch Kinderpornos an. Die wurden auf seinem Handy gefunden.
Der Angeklagte missbrauchte nicht nur das Kind seiner Freundin, sondern fertigte auch Kinderpornos an. Die wurden auf seinem Handy gefunden. © Symbolfoto: dpa

Meißen. Der 35-jährige Meißner kommt gerade von der Nachtschicht, will sein müdes Haupt betten, als es an der Tür klingelt. Er öffnet, sieht sich zwei Polizisten gegenüber. Die präsentieren ihm einen Haftbefehl. Er muss sofort mitkommen, nur ein paar Hundert Meter weiter ins Meißner Amtsgericht.

Dort warten Richter, Staatsanwältin und sein Verteidiger, dessen Schreiben er "nicht einordnen konnte", schon auf ihn. Ihm werden sexueller Missbrauch von Kindern, sexuelle Nötigung und Herstellen kinderpornografischer Schriften vorgeworfen. Weil er zum ersten Verhandlungstermin nicht erschien, wird er nun von der Polizei vorgeführt.

Jetzt ist der Mann putzmunter. Er soll zwischen Mai 2015 und Juli 2018 das im Juni 2011 geborene Kind seiner damaligen Lebensgefährtin sexuell missbraucht haben. Das Mädchen schlief gemeinsam mit seiner Mutter und dem Angeklagten in einem Bett. Als sich der Meißner überzeugt hatte, dass beide fest schlafen, kam es zu den sexuellen Handlungen an dem Kind. Und nicht nur das. Er macht davon auch noch Aufnahmen.

Sowohl das Kind als auch die Lebensgefährtin des Mannes haben von alldem nichts mitbekommen. Aufgeflogen ist die ganze Sache durch einen Zufall. Der Angeklagte hatte nämlich auf einem Festival sein Handy verloren. Gefunden hat es jemand, der das Kind und deren Mutter gut kannte. Er zeigte den Mann an.

Langeweile und Neugierde

Dieser macht überhaupt keinen Versuch, die Taten abzustreiten. "Ich schäme mich dafür, weiß nicht, was mich dazu getrieben hatte. Damals hatte ich eine Phase aus Langeweile und Neugierde", sagt er. Zudem habe es Probleme in der Beziehung gegeben. "Ich hatte Crystal genommen, konnte nicht schlafen, hatte Blödsinn im Kopf", so der Angeklagte.

Was er mit Blödsinn beschreibt, ist aber ein Verbrechen. Begriffen hat er das wohl immer noch nicht, hält es für eine Bagatelle. "Ich muss damit leben, will meine Strafe bekommen, damit ich endlich mit der Sch... abschließen kann", sagt er. Die Gerichtsverhandlung scheint ihm lästig.

Heute nehme er keine Crystal mehr, rauche höchstens ab zu und mal Gras, so der Angeklagte. "Ich lasse mir vom Staat nicht vorschreiben, was ich esse, trinke und nehme", sagt er trotzig. Dreimal wurde er wegen Drogenbesitzes zu Geldstrafen verurteilt, das ist aber schon ein paar Jahre her.

"Ungünstige Entscheidung endlich abhaken"

"Sie sind sich der Schwere der Taten immer noch nicht bewusst, können von Glück sprechen, dass das Kind keine schwerwiegenden Folgen erlitten hat", so Staatsanwältin Sabine Greiffenberg. Er denke nur an sich, habe mit seiner Freiheit gespielt.

Glück hat er auch deswegen, weil die Taten so spät verhandelt wurden. Drei Jahre lag die Anklage bei der Staatsanwaltschaft, ein Jahr im Amtsgericht Meißen. Die Justiz habe sich in diesem Fall nicht mit Ruhm bekleckert, stellt Richter Andreas Ball fest.

Er verurteilt den Mann zu einer Gesamtstrafe von einem Jahr und zwei Monaten, die für zwei Jahre zur Bewährung ausgesetzt wird. Als Bewährungsauflage muss er 600 Euro an den SOS-Kinder-Dorf-Verein zahlen. Der Angeklagte stimmt zu, dass sein Computer und sein Handy als Tatmittel eingezogen werden. Ansonsten hatte das Gericht dies per Beschluss festgelegt.

Die Staatsanwältin hatte ein Jahr und sechs Monate gefordert, verzichtet aber ebenso wie der Verteidiger und der Angeklagte auf Rechtsmittel. Das Urteil ist damit rechtskräftig. Der Angeklagte hat offenbar immer noch nicht die Tragweite seiner Taten begriffen. "Jetzt kann ich diese ungünstige Entscheidung in meinem Leben endlich abhaken", sagte er.

Vielleicht begreift er das, wenn er mal eigene Kinder hat. Ob er welche habe, kann er dem Richter nicht sagen, er sei sich da nicht sicher.