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Hier werden Bio-Trends gesetzt

Angefangen mit wenigen Mitarbeitern in Frankreich, heute hat die Ölmühle Moog bei Meißen eine Forschungsabteilung. Verkauft wird ein Versprechen.

Von Marvin Graewert
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Mit der Produktreihe möchte Unternehmerin Judith Moog mit hochwertigen und in sich stimmigen Bio-Produkten den Einzelhandel erobern.
Mit der Produktreihe möchte Unternehmerin Judith Moog mit hochwertigen und in sich stimmigen Bio-Produkten den Einzelhandel erobern. © Jürgen Lösel

Hinter der Fassade des kleinen Hofladens verbirgt sich ein multinationales Unternehmen: In der Ölmühle Moog in Klappendorf bei Lommatzsch, direkt an der B6 arbeiten 80 Mitarbeiter. In der Fließbandabfüllung im Nachbardorf klappern braune Ölflaschen in meterlangen Bahnen ungeduldig aneinander, bis sie endlich ihr Etikett aufgestrichen bekommen. Letztes Jahr gingen 5,6 Millionen Flaschen und Gläser vom Band. Vom Anbau bis zur Abfüllung, die Ölmühle macht alles selbst.

Im Hofladen gibt es neben einer riesigen Auswahl an Speiseölen und der passenden Beratung auch Kartoffeln, Zwiebeln, Mehl und Knoblauch vom Biohofgut Klappendorf.
Im Hofladen gibt es neben einer riesigen Auswahl an Speiseölen und der passenden Beratung auch Kartoffeln, Zwiebeln, Mehl und Knoblauch vom Biohofgut Klappendorf. © www.loesel-photographie.de

Doch gemessen an der ehrgeizigen Unternehmensvision – Bio für alle – ist der Betrieb gerade einmal groß genug. Bisher gab es das vielfältige Ölsortiment nämlich nur im Bio-Fachhandel. Seit kurzem haben sich die Speiseöle aus Lommatzsch im Supermarkt neben Bio-Eigenmarken eingereiht, die vor allem mit günstigen Preisen bestechen.
Um die neue Kundschaft zu überzeugen wurde eine neue Marke geschaffen mit rustikaler Optik und einen neuen Namen: Franz & Co statt Bio Planète. Der Inhalt und auch der Preis ist der gleiche wie im Reformhaus. Dass es nicht leicht wird, sich im Einzelhandel durchzusetzen, spricht Inhaberin Judith Moog offen an: „Aber ich glaube fest daran, dass die Kunden am Ende zu der Marke greifen, die wirklich etwas bewegen möchten, statt zu einer, die sich CO²-neutral zertifizieren lässt.“

Dass es Judith Moog ernst meint, darauf deutet schon die Wahl ihres Wohnsitzes, ganz in der Nähe des Hofgeländes, hin: „Was nicht heißt, dass ich keine Privatsphäre habe“, stellt sie klar: „Natürlich beschäftige ich mich in meiner Freizeit mit Geschäftlichem. Aber das möchte ich schon selbst bestimmen.“ Klar, manchmal würde ein längerer Arbeitsweg guttun, aber höchstens in fünf Prozent der Fälle. Schließlich sei der Hofladen noch nicht so bekannt, dass die Besucher bis an ihr Fenster kommen würden.

Im letzten Jahr liefen in Mehltheuer mehr als 5.600.000 Ölflaschen und -gläser vom Band.
Im letzten Jahr liefen in Mehltheuer mehr als 5.600.000 Ölflaschen und -gläser vom Band. © Jürgen Lösel

Angefangen hat alles weit weg von Lommatzsch: In Südfrankreich übernimmt die damals 21-jährige Ökotrophologie-Studentin den Biohof ihres Vaters. Erst 2004 zieht Judith Moog aufs Hofgut Faller in Klappendorf, damals ein konventioneller Landwirtschaftsbetrieb mit Schweinezucht – der sich Stück für Stück zu einem Biohof wandelte. Seinerzeit mit einer handvoll Mitarbeiter und einem kleinen Vertriebsbüro. Heute gibt es eine eigene Forschungsabteilung, die aktuellen Trends nachspürt und neue Produkte entwickelt.
Vielfach kommt die Inspiration vom französischen Markt: „Dort ist geröstetes Walnussöl zum Beispiel ein Klassiker, der hier erst entdeckt wird“, erklärt die 53-jährige Judith Moog. Kokosöl hingegen sei früher in die deutsche Küche eingezogen. Vor allem Leinöl ist in der Region schon sehr lange präsent. „In Frankreich war Leinöl als Lebensmittel lange verboten, weil es so schnell ranzig wird. Wir haben uns dann dafür stark gemacht, das – mit einem Pump-Ausgießer – in homöopathischen Mengen abzufüllen, damit die Menschen auch wirklich nur ein, zwei Teelöffel zu sich nehmen.“

Inzwischen sei Leinöl in Frankreich freigegeben, die Bitterstoffe für viele Kunden aber immer noch ein Hemmnis. Durch ein eigens entwickeltes Filtrationsverfahren entwickeln die Öle aus Lommatzsch keinen bittern Geschmack, kurz nach den Öffnen.

Bio hört nicht beim ökologischen Anbau auf: Um die Öle auch zum Braten verwenden zu können, werden physikalisch statt chemisch raffiniert: Mit Zitronensäure und Bleicherde wird das Öl entschleimt und gebleicht, anschließend mit Aktivkohle gefiltert. Durch
Bio hört nicht beim ökologischen Anbau auf: Um die Öle auch zum Braten verwenden zu können, werden physikalisch statt chemisch raffiniert: Mit Zitronensäure und Bleicherde wird das Öl entschleimt und gebleicht, anschließend mit Aktivkohle gefiltert. Durch © Jürgen Lösel

Gerade gebe es in Deutschland einen verstärkten Trend hin zur schnellen Küche, aber auch die gesundheitsbewusste Küche entwickele sich immer weiter: Ob Öle zum Gurgeln vor dem Zähneputzen, oder ein Olivenöl mit einem besonders hohem Anteil an Polyphenol, das verspricht Stress zu mindern: Bei einer Produktpalette von über 70 Produkten ist nichts unvorstellbar. Bevor so ein neues Öl auf den Markt kommt, vergehen in der Regel zwei Jahre. Aber auch nur dann, wenn es die professionellen Verkoster, aber auch die Laiengaumen aller Mitarbeiter überzeugt.

Abseits des Geschmacks hört das ökologische Versprechen in der Ölmühle Moog nicht bei den Zutaten auf: Damit das Olivenöl hitzeempfindlich wird und trotzdem ökologisch bleibt, werden die Öle gedämpft statt chemisch raffiniert – auch wenn es eine geringere Ausbeute bedeutet.

Eine Nachhaltigkeitsbaustelle hat das Unternehmen dann doch: Um Transportwege zu sparen, plant man schon lange eine eigene Ölmühle in Meißen. So müsste das Öl nicht mehr in Magdeburg gepresst werden. Judith Moog ist zuversichtlich : „Die Pläne reifen: Vor Ende des Jahres können wir einen genaueren Zeitplan vorlegen.“

Alles ökologisch

  • Der Hofladen direkt an der B6 in Klappendorf hat montags bis freitags 8 bis 16 Uhr geöffnet sowie donnerstags bis 18 Uhr.
    www.franzundco.de
  • Im Laden gibt es eine riesige Auswahl an Speiseölen sowie die Erzeugnisse des Biohofgutes Klappendorf: Kartoffeln, Mehle, Zwiebeln und Knoblauch.Honig sowie handgefertigte Lavendelsäckchen und Körnerkissen aus Leinen oder Baumwolle.
  • Die Bio-Öle direkt vom Ölmüller finden Sie auch in den DDV-Lokalen und unter www.ddv-lokal.de/manufakturen/kulinarisches-aus-sachsen

Alle bisher erschienenen Teile der Serie "So schmeckt Sachsen" finden Sie hier