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Der Mann, der Weinböhlas Handballgeschichte rettet

Hans-Udo Schäfer spielte schon 1955 im Verein. Heute sorgt der Chronist dafür, dass die Helden von damals nicht vergessen sind. In der Nassauhalle gibt es jetzt eine große Ausstellung.

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Hans-Udo Schäfer, 78, Chronist des HSV Weinböhla.
Hans-Udo Schäfer, 78, Chronist des HSV Weinböhla. © Jürgen Schwarz

Weinböhla. Wer 95 Jahre alt wird, über den gibt es viel zu erzählen. Meint auch Chronist Hans-Udo Schäfer (78), der ab 1955 als Handballer in Weinböhla aktiv war. Der ehemalige Berufsschullehrer ist ein wandelndes Lexikon, was den Handballsport in seiner Geburtsstadt betrifft. Im Mai 1928 fand das erste Handballspiel in Weinböhla statt.

Grund genug, das Jubiläum mit einer Ausstellung in der Nassauhalle würdig zu begehen. Am Samstag wird diese um 15 Uhr eröffnet. Eine Stunde später spielt die „Dritte“ des HSV Weinböhla gegen die SG Klotzsche II um den Kreismeistertitel.

Herr Schäfer, Sie haben viel über den Handballsport in Weinböhla gesammelt. Wo lagern all die Schätze?

Fotos, Urkunden und andere Dokumente habe ich zu Hause in meinem Arbeitszimmer archiviert, ab 1955 zu jeder Saison auch einen großen Hefter über unsere Teams angelegt. Trikots, Bälle und andere Utensilien der Vergangenheit werden in unserer Schule aufbewahrt und dort vom Hausmeister „betreut“. Und die meisten unserer vielen Pokale stehen selbstverständlich in der HSV-Geschäftsstelle.

Wie sind Sie in den Besitz all dieser Zeitdokumente gekommen?

Es hat sich in den vielen Jahren herumgesprochen, dass ich alles sammle, was es im und über den Handballsport in Weinböhla gegeben hat. Viele Sportfreunde sind auf mich zugekommen. Ohne die Hilfe von Werner Pelz, Kollege aus der Berufsschule und Sportkamerad, hätte ich dieses Archiv nicht aufbauen können. Ein großer Dank geht an dieser Stelle an ihn. Auch Rose-Marie Kunze, die im April ihren 95. Geburtstag gefeiert hat und der ich nachträglich auf diesem Weg herzlich gratulieren möchte, überließ mir viele wertvolle Dokumente. Sie spielte von 1949 bis 1957 bei der SG Weinböhla und wurde dreimal Kreismeister. Ihre Mutter war Turnerin und gehörte zur erfolgreichen Weinböhlaer Riege bei den Sportspielen 1933 in Stuttgart.

Wird das die erste Ausstellung zum Handballsport?

Nein, nein. Es gab auch schon eine zum 50., 75. 80., 85. und 90. Geburtstag. Zehn Jahre Pause in meinem Alter wäre etwas viel, oder? Aber, Spaß beiseite. Diesmal habe ich 14 Schautafeln bestückt und mit einigen fleißigen Helfern in der Sporthalle aufgestellt. Es gab aber auch schon längere Ausstellungen, zum Beispiel im Heimatmuseum. Da konnten die Leute auch Bälle, alte Trikots, Medaillen oder Pokale bestaunen.

Wie lange waren Sie selbst aktiv?

Angefangen habe ich mit zehn Jahren. Mit 59 stand ich noch als Torwart unserer „Dritten“ zwischen den Pfosten. Übrigens treffen sich die alten Jungs von damals, also die, die noch leben und vor mehr als 60 Jahren mit dem Handballsport begonnen haben, immer noch regelmäßig.

Waren Sie nach Ihrer aktiven Zeit auch als Trainer tätig?

Schon viel früher. Mit 14 habe ich erstmals ein Nachwuchsteam betreut. Ab 1978 habe ich eine Frauen-Mannschaft in Weinböhla aufzubauen, die durchaus erfolgreich war. Zusammengerechnet sind Teams, die ich nach der Wende trainiert habe, in Meisterschaften, Pokal-Wettbewerben sowie vielen Freundschaftsturnieren 77-mal unter die drei Erstplatzierten gekommen. Zeitweise habe ich mehrere Mannschaften zeitgleich betreut.

Eigentlich müssten Sie doch ein Buch schreiben mit all diesem Wissen …

Da haben Sie recht, Material hätte ich genug. Früher habe ich für die Sächsische Zeitung Handball-Berichte geschrieben, heute bestücke ich regelmäßig unseren HSV-Schaukasten vor dem Rathaus und schreibe über unseren Handballsport in der monatlich erscheinenden „Weinböhla-Information“, die die Leute hier gern auch als „Kirchenblättl mit Sport- und Kultur-Anhang“ bezeichnen.

Was sagt eigentlich Ihre Frau Renate dazu, dass Sie nicht nur mit ihr, sondern auch mit dem Handballsport in Weinböhla verheiratet sind?

Gute Frage. Sie kennt es nicht anders - könnte ich kurz und knapp antworten. Wir sind seit 53 Jahren verheiratet, hatten uns allerdings schon fünf Jahre früher kennengelernt, und da war ich ja bereits Handballer. Renate hat mir immer den Rücken freigehalten, dafür bin ich ihr sehr, sehr dankbar. Zusammen gehen wir aber auch gern als Zuschauer in die Nassauhalle, zumal unser Enkel aktiver Handballer ist.

Spielt er auch für den HSV Weinböhla?

Selbstverständlich. Tom ist 15 und spielt mit den A- und B-Junioren in der Landesliga. Auch Mama und Papa sind immer dabei. Meine Tochter ist die Mannschaftsbetreuerin des Nachwuchsteams und mein Schwiegersohn der Torwarttrainer. Ich bin froh, dass ich Toms Weg noch begleiten darf. Vor neun Jahren dachte ich, dass wird nichts mehr.

Wieso?

Wir waren damals mit Tom im Urlaub an der Ostsee. Ich fühlte mich fit, habe noch jeden Blödsinn mitgemacht. Auf einmal lag ich flach und es ging nichts mehr - das Herz. Es hat eine Weile gedauert, bis ich wieder auf den Beinen war.

Und wie geht es Ihnen heute?

Im Kopf bin ich absolut fit, die Beine und das Herz machen da schon eher ein paar Probleme. Aber ich genieße weiterhin das Leben, liebe meine Frau, meine Familie und den Handballsport.

Das Gespräch führte Jürgen Schwarz.