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Sprache entwickelt sich von unten

Kommentar über ein Kulturgut im Wandel

Von Ines Mallek-Klein
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© SZ-Fotomontage

Darf man noch Indianer sagen? Was für eine Frage. Abgesehen davon, dass dieser Begriff höchst unterschiedlichen Völkerstämmen als vereinheitlichendes Ordnungsmerkmal von Europäern übergestülpt wurde und dann auch noch geografisch falsch verortet ist, scheinen sich die so bezeichneten Bevölkerungsgruppen weit weniger daran zu stoßen als die vermeintlichen Meinungsführer hierzulande. Sie möchten nicht nur das Wort aus dem Sprachschatz verbannen. Sie möchten auch gerne gleich mit verbieten, dass Kinder in den Faschingstagen als Häuptling oder Squaw durch die Säle toben.

Ohne Frage ist Sprache ein Spiegelbild ihrer Zeit. Sie entwickelt sich weiter, so wie es die Menschen in den einzelnen Epochen tun. Das war immer schon so und wird auch immer so bleiben. Aber sie wird eben von unten heraus geformt und geschliffen. Das ist ein langwieriger Prozess, der manchem vielleicht nicht dynamisch genug voranschreitet in unserer heutigen schnelllebigen Zeit. Sicher, es kann nicht schaden, für einen bewussten und sehr sensiblen Umgang mit der Sprache zu werben. Sie droht vielfach zu verrohen, schaut man sich nur die zahlreichen Chatforen im Internet an. Hier läge sicher ein viel dankbareres Einsatzgebiet für die selbsternannte Sprachpolizei. Doch stattdessen werden Wortverbote gefordert und Gendersternchen durchgedrückt. Die Rechtschreibung gerät allerdings unter die Räder und die Grammatik aus dem Blick. Sprache ist ein Kulturgut, das es zu bewahren gilt, nicht mit Verboten und aufgeheizten Scheindebatten, sondern mit tagtäglicher Achtsamkeit. Nur so gelingt der dauerhafte Wandel.