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Streit ums Schaufenster

Beschichten oder Zukleistern? Neue Satzungen schaffen neue Werbemöglichkeiten. Das gefällt nicht allen.

Von Harald Daßler
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Wie Schaufenster in der Altstadt und Triebischvorstadt erscheinen, ist in Gestaltungs- und Werbesatzungen für diese Stadtteile geregelt.
Wie Schaufenster in der Altstadt und Triebischvorstadt erscheinen, ist in Gestaltungs- und Werbesatzungen für diese Stadtteile geregelt. © Claudia Hübschmann

Meißen. Zur Hälfte können Schaufenster mit Folie beklebt werden. Das schafft neue Möglichkeiten zur Dekoration – und lässt Leerstand dahinter zumindest optisch verschwinden. Machbar ist das mit den neuen Werbe- und Gestaltungssatzungen für die historische Altstadt und die Triebischvorstadt, die von den Stadträten mehrheitlich beschlossen wurden.

Damit reagiert die Stadt auch auf technische Möglichkeiten zur anspruchsvollen Gestaltung von Glasflächen. Außerdem lässt sich mit dieser Art der Deko schneller auch dann reagieren, wenn das Geschäft hinter dem Schaufenster aufgegeben oder in ein Büro oder Bistro umgewidmet werden muss. Mit diesen Worten reagierte Stadtrat Oliver Morof von der aus CDU, Freien Bürgern, FDP und U.L.M. gebildeten Großfraktion auf Helge Landmann von der Fraktion Bürger für Meißen/SPD, der vor dem „Zukleistern“ von Schaufenstern gewarnt hatte.

Zugleich begründete Oliver Morof, warum seine Fraktion nichts davon hält, solcherlei Abklebungen auf weniger als 50 Prozent der Schaufensterfläche zu beschränken, wie es die Fraktion der Bürger für Meißen und SPD in einem weiteren Antrag gefordert hatte. Mit dem Hinweis darauf, dass der Einzelhandel vor einer seit Kriegsende nicht mehr dagewesenen Herausforderung und Verwerfungen stehe, erklärte er, dass nicht noch weiter reglementiert werden kann.

Regeln für Bauherren

„Eine Beschichtung ist bis zu 50 Prozent ihrer jeweiligen Glasfläche mit einer transparenten Folie (Lochfolie) statthaft. Grelle, Neon- und reine Farben sind ausgeschlossen“, heißt es jetzt im Paragraf 12 der geänderten Satzung für die historische Altstadt. Der Satz ergänzt die Festlegung, dass Schaufenster, Fenster und Glastüren weder zugeklebt noch zugestrichen oder zugedeckt werden dürfen. In der Satzung für die Triebischvorstadt ist der Paragraf 8 um einen gleichlautenden Satz ergänzt worden.

Die Gestaltungs- und Werbesatzungen legen detailliert fest, wie in einigen abgegrenzten Gebieten der Stadt gebaut werden darf. Sie regeln wie Häuser, Fassaden, Dächer aussehen müssen, um den historisch gewachsenen Charakter solcher Gebiete zu erhalten. In den Paragrafen sind gestalterische Forderungen an Bauherren vorgegeben, die bei Bauweise, Fassaden sowie Beschaffenheit und Farbgebung von Dächern, Fensterrahmen und Türen einzuhalten sind. Auch das Aussehen von Werbe-, Wetterschutz- und technischen Anlagen sind festgeschrieben. Solche Satzungen gelten in der Historischen Altstadt, für die Triebischvorstadt sowie für das Elbtal und angrenzende Hanglagen.

Noch im vorhergehenden Stadtrat hatte die Fraktion von Linken, SPD und Grünen in einem Beschluss erwirkt, dass die Stadtverwaltung die aus dem Jahr 1995 stammenden Gestaltungs- und Werbesatzungen überprüft und Änderungen vorschlägt. Für die kritische Sichtung wurden 17 Satzungen anderer Städte – darunter Weimar, Pirna, Bad Naumheim, Wismar und Offenburg – herangezogen.

Für die Altstadt und die Triebischvorstadt hatte das Bauverwaltungsamt jetzt neu gefasste Satzungsentwürfe vorgelegt. Neben den eingangs erwähnten Folien für die Schaufenster, sehen sie verwaltungsrechtliche Präzisierungen und die Festlegung des Höchstbetrages der Geldbuße bei Verstößen gegen die Festlegungen bis zu 500.000 Euro vor.

Den Realitäten angepasst

Die Gestaltungssatzung für die Triebischvorstadt wurde den Realitäten angepasst: Weil die vorhandene Dachdeckung im Bereich Martinstraße, Poststraße und Neumarkt auch durch graues Material geprägt ist, schreibt Paragraf 5 die Verwendung naturroter Dachdeckung nur noch für die Hauptgebäude nördlich der Triebisch vor.

„Es geht um anspruchsvolles Bauen“, begründete Helge Landmann für die Fraktion der Bürger für Meißen und SPD, warum die vorliegenden Neufassungen aus ihrer Sicht noch einiger Ergänzungen bedürften. Bei einem seit Jahren umstrittenen Bauvorhaben am Kapellenweg, wo drei Stadtvillen gebaut werden sollen, habe sich gezeigt, dass es im Einzelfall eben keine konkreten Aussagen gebe, so Helge Landmann. Deshalb hatte die Fraktion vorgeschlagen, den Titel der Satzung für die Altstadt um „angrenzende Hanglagen“ zu ergänzen. Klarheit müsse geschaffen und Wildwuchs verhindert werden, merkte Ingolf Brumm von der Linken-Fraktion an.

Martin Bahrmann von der Großfraktion sah in diesem Vorstoß einen neuerlichen Versuch, ein Bauvorhaben im Prozess der Planung zu torpedieren. Ebenso wies er einen Antrag der BI/SPD-Fraktion zurück, weitere Genehmigungspflichten bei Bannern und Kleinwerbemitteln einzuführen. Es gehe darum, die Satzungen auf den aktuellen Stand zu bringen, nicht um die „Gängelung der Gewerbetreibenden“, erklärte er.

„Ich freue mich über jeden Selbstständigen, der den Mut hat, einen Laden zu eröffnen“, sagte Oliver Eggert (AfD). Einzelhändler hätten ein Interesse daran, auf ihre Geschäfte in ansprechender Art und Weise aufmerksam zu machen, brachte er seine Ablehnung weiterer Reglementierungen in Gestaltungsfragen zum Ausdruck.

Dem schloss sich eine Mehrheit der Stadträte an. Im Gegenzug verweigerten die anwesenden Stadträte der BI/SPD- und Linken-Fraktion ihre Zustimmung zu den neuen Satzungen, die dennoch mehrheitlich beschlossen wurden.

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