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Wer verdient eigentlich am Breitbandausbau im Landkreis Meißen?

Bis Ende 2025 werden circa 44 Millionen Euro in den geförderten Breitbandausbau gegen die weißen Flecken investiert. Aber wer baut eigentlich das Netz im Landkreis Meißen?

Von Ines Mallek-Klein
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Der ausländische Bautrupp hat sich mit dem Breitbandkabel erfolgreich von Niederau nach Meißen vorgearbeitet.
Der ausländische Bautrupp hat sich mit dem Breitbandkabel erfolgreich von Niederau nach Meißen vorgearbeitet. © Claudia Hübschmann

Landkreis. Das Thermometer zeigt knapp über null Grad. Der Schneeregen peitscht gegen die Autoscheibe. Draußen dröhnt der Bagger. Er ist auch der Grund, warum die Autofahrer in der Niederauer Straße in Meißen zu einem kurzen Halt gezwungen werden. Das orangefarbene Kabel am Straßenrand verrät, dass hier der Breitbandausbau vorangetrieben wird. Ein Bautrupp aus gut einem Dutzend Arbeiter hat sich in den letzten Wochen von Niederau nach Meißen vorgearbeitet. Meter für Meter, oft in Handarbeit. Denn so modern die Technologie auch ist, bleibt das Verlegen der Kabel und vor allem ihr Spleißen aufwendigste Handarbeit "mit Lötkolben und ohne Handschuhe".

Das sagt einer, der es wissen muss. Mario Hempel koordiniert gemeinsam mit seinem Kollegen Tadej Kilank den Breitbandausbau im Landkreis Meißen. Ihr Fokus liegt auf den weißen Flecken, also jenen Regionen, die entweder gar keine oder eine sehr schlechte Breitbandanbindung haben mit Download-Geschwindigkeiten von weniger als 30 Megabit pro Sekunde. "Das betrifft rund 3.000 Haushalte im Landkreis, verteilt auf 20 Kommunen, mit denen wir eine Kooperationsvereinbarung geschlossen haben", so Mario Hempel. Die Straßenzüge oder auch einzeln stehende Häuser waren für die Telekommunikationsanbieter nicht attraktiv genug, wurden deshalb beim bisherigen Netzausbau außen vor gelassen und sind auch in keinem der künftigen Ausbaupläne zu finden.

Aktive Baustelle zwischen Thiendorf und Sacka

Zehn verschiedene Unternehmen bemühen sich derzeit um den Ausbau des Breitbandnetzes, darunter sind die Platzhirsche Deutsche Telekom, Vodafone und Sachsen-GigaBit als Tochter der Sachsen-Energie. Letztere hat nach Aussage einer Sprecherin den Anspruch, regionaler Champion zu werden. 2015 habe die Sachsen-GigaBit mit dem Netzausbau begonnen und will bis 2027 rund 600 Millionen Euro investieren, ein Teil davon auch im Landkreis Meißen.

Hier gehört sie, genauso wie die Telekom, zu den Partnern beim Weiße-Flecken-Projekt des Landkreises. Das wurde in zwölf verschiedenen Losen vergeben. Telekom und Sachsen-GigaBit haben jeweils sechs der Ausbaulose gewonnen.

Während die Telekom auf die Anfrage, welche aktuellen Projekte sie im Landkreis baut und für 2024 jegliche Antwort schuldig bleibt, erklärt die Sprecherin von Sachsen-Energie, dass man die Breitbandausbau-Maßnahmen in Diera-Zehren, Lommatzsch, Lampertswalde, Radeburg, Großenhain, Ebersbach, Radebeul, Coswig, Dippelsdorf entweder gerade plane, umsetze oder schon 2022 fertiggestellt habe.

Eine aktive Baustelle befinde sich derzeit zwischen Thiendorf und Sacka, wo das Breitbandkabel mittels Spülbohrung unterirdisch verlegt werde. 2024 werden angeschobene Maßnahmen vollendet und für den Breitbandausbau in Riesa soll der Spatenstich erfolgen.

Subunternehmen aus Osteuropa?

Um die weißen Flecken an das Breitbandnetz anzubinden, bleibt bis Ende 2025 Zeit. Bis dahin müssen die Gelder ausgegeben sein. Doch wohin fließen die eigentlich? Schaut man auf Autos an den Baustellen, findet man häufig polnische, slowakische oder lettische Kennzeichen.

Sachsen-Energie erklärt, dass man mit regionalen Partnern arbeite. Diese müssten das Prä-Qualifizierungsverfahren durchlaufen. Es gäbe dabei sowohl Generallauftragnehmer, die das gesamte Projekt für die Sachsen-Energie umsetzen, als auch Firmen, die Teile übernehmen, das Einjetten der Leitung über länger Strecken aber beispielsweise der Sachsen-GigaBit überlassen. Die "Nachauftragsunternehmen" müssten alle gesetzlichen Anforderungen einhalten, heißt es weiter aus der Pressestelle des Energieversorgers.

Ganz offensichtlich sind es am Ende aber nicht die regionalen Tiefbaufirmen, die ihre Leute auf die Baustelle schicken, sondern die Aufträge an ein weiteres Subunternehmen vergeben, die ihren Firmensitz vorzugsweise in Osteuropa haben. Ob dabei ebenfalls alle Regeln, wie beispielsweise das Zahlen des Mindestlohns, eingehalten werden, bleibt offen.

Zeit und Kosten nicht abzusehen

Während die weißen Flecken im Landkreis langsam verschwinden, suchen Mario Hempel und Tadej Kilank schon nach den grauen Flächen, also jenen Haushalten, die weniger als 100 Mbit/s im Download anliegen haben und bei denen jetzt bereits absehbar ist, dass die Datenmengen die Kapazitäten bald übersteigen werden. Dazu gehören unter anderem auch Unternehmen, Verwaltungen, Krankenhäuser, Stadien, Bahnhöfe oder Schulen. Ursprünglich hatte man im gesamten Landkreis 22.500 Adressen entdeckt, also fast jeden dritten Haushalt.

"Unsere Aufgabe ist es dann, die Telekommunikationsanbieter nach ihren Ausbauplänen zu fragen und abzustimmen", so Hempel. Auf diesem Weg konnte die Zahl der grauen Flecken auf weniger als 8.000 reduziert werden. Wann sie allerdings final alle einen Breitbandanschluss am Bordstein liegen haben werden, sei noch völlig offen. Auch die Kosten seien noch nicht abzusehen.